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Die Anfänge des christlichen Pilgerns zum Grab Jesu<br />

Auf der Suche<br />

nach dem Heiligen<br />

Während der ersten Jahrhunderte interessierte sich kein Reisender<br />

für das Grab Jesu oder die Ruhestätten der Apostel in Rom.<br />

Erst nachdem das Christentum im 4. Jh. staatlich geduldete Religion<br />

wurde, kam die Welle der Pilger so richtig ins Rollen.<br />

Von Andreas Müller<br />

© picture alliance<br />

im Römischen Reich entwickelten in der<br />

Zeit der frühen Reichskirche entsprechende<br />

Pilgerzentren, die natürlich die<br />

Macht und die Attraktivität der Diözesen<br />

und der Regionen überhaupt stärkten.<br />

Bistümer, in denen eine entsprechende<br />

Tradition fehlte, fanden nun z. T. auf<br />

wundersamen Wegen zu entsprechenden<br />

Gegenständen der Verehrung für<br />

Ab dem 4. Jh. wurden<br />

Pilgerreisen zu einem<br />

Massenphänomen<br />

Pilger. Der bedeutende alexandrinische<br />

Patriarch Kyrill entdeckte z. B. durch eine<br />

Traumvision die Gebeine von Johannes<br />

und Kyros. Er brachte sie in das alte Isis-<br />

Heiligtum nach Menuthis, und gestaltete<br />

es so mit Hilfe der Märtyrer-Reliquien zu<br />

einem bedeutenden christlichen Zentrum<br />

um. Zahlreiche Reliquien aus dem<br />

Nahen Osten wurden nach Konstantinopel<br />

gebracht. Sie sollten dem Newcomer<br />

unter den Großstädten des Oströmischen<br />

Reiches zu Ansehen verhelfen. Dabei kamen<br />

auch Reliquien aus Jerusalem nach<br />

Konstantinopel. Der Mantel der Gottesmutter,<br />

aber auch Nägel des Kreuzes<br />

oder die Geißelsäule Christi wurden und<br />

werden z. T. noch heute dort verehrt. Ein<br />

Kreuzesnagel soll sogar in die Konstantinssäule<br />

im Zentrum der neuen Hauptstadt<br />

eingemauert gewesen sein – so die<br />

Tradition.<br />

In der Diözese Antiochien pilgerte man<br />

im 5. Jh. im großen Stil sogar zu lebenden<br />

Heiligen wie Symeon dem Styliten<br />

(Säulensteher). Wallfahrt wurde in dieser<br />

Zeit also zu einem sowohl regionalen wie<br />

auch internationalen bzw. überregionalen<br />

Massenphänomen.<br />

Frauen auf Pilgerreisen<br />

Mit der Ausweitung des Pilgerwesens<br />

auf weite Kreise im 4. Jh. nC brachen<br />

neben Klerikern und abenteuerlustigen<br />

Reisenden nun auch ganz andere soziale<br />

Gruppen und Einzelreisende zur Wallfahrt<br />

auf. Insbesondere von pilgernden<br />

Frauen nach Palästina liegen ab dieser<br />

Zeit zunehmend Zeugnisse vor. Unter<br />

ihnen waren Melania die Ältere und<br />

die Jüngere sowie Paula und ihre Tochter<br />

Eustachium zu finden, die Ende des<br />

4. Jh. nC ins Heilige Land und zum Teil<br />

auch nach Ägypten zogen. Sie stammten<br />

aus dem römischen Adel und zeigten aufgrund<br />

ihrer ausgeprägten Frömmigkeit<br />

großes Interesse für die heiligen Stätten.<br />

Außerdem brachten sie ihren Besitz zur<br />

Errichtung von Klöstern und Herbergen<br />

in Jerusalem und Betlehem ein, in denen<br />

sie selber lebten. Einer der frühesten<br />

und bedeutendsten Pilgerberichte<br />

stammt ebenfalls von einer Frau: Egeria,<br />

eine in einer asketischen Gemeinschaft<br />

in Spanien lebende fromme Frau, bereiste<br />

den Nahen Osten Ende des 4. Jh.<br />

ausgiebig und berichtete nicht nur über<br />

die Heiligen Stätten fast des gesamten<br />

Ostens des Byzantinischen Reiches und<br />

die dort durchgeführten Gottesdienste,<br />

sondern auch über das eigene geistliche<br />

welt und umwelt der bibel 1/20<strong>19</strong> 17

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