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panorama<br />
Kreuzfahrer I: Ein Friedhof am Mittelmeer<br />
Kämpfen und sterben<br />
im Heiligen Land<br />
Neue Ausgrabungen auf dem größten Kreuzfahrerfriedhof<br />
bringen Aufschlüsse über Leben<br />
und Sterben von Rittern und Pilgern im 13. Jh.<br />
Männliches Skelett aus dem 13. Jh. Das Grab wurde mit Holzbrettern<br />
abgedeckt, mit Erde aufgefüllt und mit einem länglichen<br />
Stein oder mehreren Steinen markiert. Manche der Steine sind mit<br />
Kreuzen versehen – vermutlich bei Personen mit wichtigem sozialem<br />
Stand –, manche sind gar nicht markiert. Im Hintergrund die<br />
mächtigen Ruinen der Kreuzfahrerburg Château Pèlerin.<br />
Oben: Blick über die Grabsteine, rechts das<br />
Mittelmeer.<br />
Unten: So sah der Friedhof <strong>19</strong>34 aus, nach<br />
ersten britischen Ausgrabungen. Damals waren rund<br />
2000 Gräber gezählt worden, heute sind noch rund 1300<br />
erkennbar.<br />
Die Kreuzfahrerepoche steht bis heute<br />
für Kampf und Feindschaft aber<br />
ebenso für einen starken Kulturkontakt<br />
zwischen Orient und Okzident. Von der<br />
Eroberung Jerusalems durch die fränkische<br />
Armee 1099 bis zum Fall von Akko<br />
1291 kamen Hunderttausende Christen<br />
aus jedem Winkel des Westens in Kontakt<br />
mit dem Orient – mit der muslimischen<br />
Bevölkerung aber auch mit dem<br />
orientalischen Christentum. Aufschluss<br />
über diese Begegnung erhoffen sich<br />
französische Archäoanthropologen des<br />
Centre de Recherche Français à Jerusalem<br />
(CRFJ). Sie haben im Sommer 2018<br />
ihre Forschungen am größten Kreuzfahrerfriedhof<br />
der Welt fortgesetzt, die<br />
sie im Jahr 2015 begonnen hatten. Das<br />
7500 qm große Gelände befindet sich an<br />
der israelischen Mittelmeerküste nahe<br />
dem heutigen Atlit. Im Schatten der großen<br />
Kreuzfahrerburg „Château Pèlerin“<br />
haben die Forschenden in drei Sektoren<br />
von je ca. 50 qm erste Gräber geöffnet,<br />
um Erkenntnisse zu sammeln: Woher<br />
stammten die Bestatteten? Welche Bestattungspraktiken<br />
gab es?<br />
Über die Bestattungssitten der mittelalterlichen<br />
orientalischen Christen weiß<br />
man bislang nur sehr wenig. Projektleiter<br />
Yves Gleize nimmt an, dass neben<br />
den Kreuzrittern vom Château (die 1218<br />
erbaute Burg ging 1220 in den Besitz<br />
des Templerordens über) einheimische<br />
Christen und christliche Konvertiten aus<br />
den 27 umliegenden Dörfern hier be-<br />
alle: © Pierre DE PARSCAU / PACEA / CNRS Photothèque<br />
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welt und umwelt der bibel 1/20<strong>19</strong>