Nachbauten des Heiligen Grabes und der Grabeskirche im Abendland „… ähnlich dem in Jerusalem“ © Andreas Praefcke, Gemeinfrei, wikimedia Die Reidersche Tafel ist die älteste bekannte Abbildung der Grabes Jesu. Sie entstand nur etwa 60 Jahre nach der Einweihung der Grabeskirche im jahr 335. Die Elfenbeintafel (18,7 x 11,5 cm) zeigt unten die drei Frauen und den Engel. Oben sind die Jünger Jesu und der Auferstandene dargestellt.
Pilgerfahrten nach Jerusalem waren zeitweise zu teuer oder zu gefährlich. Trotzdem wollten und wollen Christen des Abendlands den wichtigsten Ort ihres Glaubens besuchen. So entstanden Nachbildungen des Grabes und der Grabeskirche in erreichbarer Nähe – mitten in Europa. Die Verbindung mit dem auferstandenen Herrn konnte auf diese Weise beibehalten werden. Von Georg Röwekamp Dann bringt man Weihrauchgefäße in die Grotte hinein, sodass die ganze Anastasis-Basilika von den Düften erfüllt wird. Dann nimmt der Bischof innerhalb der Schranken, wo er steht, das Evangelium, trägt es bis zur Tür und liest dort selbst die Auferstehung des Herrn. Wenn er begonnen hat zu lesen, brechen alle in ein solches Jammern und Klagen und in solche Tränen aus, dass selbst der Härteste zu Tränen darüber gerührt werden kann, dass der Herr so Großes für uns auf sich genommen hat.“ So beschreibt die Pilgerin Egeria Ende des 4. Jh. die Vigil, die jede Woche in der Nacht von Samstag auf Sonntag am Heiligen Grab in Jerusalem gefeiert wird. Diakone mit Weihrauch „spielen“ die Frauen am Grabe, der Bischof repräsentiert den Auferstehungsengel, der die Osterbotschaft verkündet. Und entsprechend intensiv erleben die Gläubigen die Ereignisse nach, die mit diesem Ort verbunden sind. Und Egerias Zeitgenosse Hieronymus berichtet, auch unabhängig von der liturgischen Feier sehe er jedes Mal, wenn er das Grab betrete, den Erlöser in seinen Binden, und wenn er verweile, erblicke er auch den Auferstehungsengel. Kein Wunder, dass man diese Erfahrung aus Jerusalem „mitnehmen“ wollte nach Hause, dass man sie auch an anderen Orten machen wollte! Das geschah zunächst dadurch, dass man die Form der Jerusalemer Liturgie „exportierte“: Schon kurz nach Egeria feierte man auch außerhalb von Jerusalem den Palmsonntag mit einer Palmprozession, Karfreitag mit einem Gang zum Kreuz und Ostern mit einem feierlichen Nachtgottesdienst. © Von Jochen Jahnke, selbst gezeichnet), Gemeinfrei, wikimedia Grundriss der Stiftskirche St. Sepulchre in Neuvy. Vgl. die Pläne der Grabeskirche in Jerusalem, S. 34, 43). Erste Versuche, die Grabeskirche nachzuahmen Später „exportierte“ man auch den Ort des Geschehens, baute ihn nach – besonders im lateinischen Westen. In einigen Fällen wurde zu diesem Zweck der eigentliche Grabbau, das Zentrum der Anastasis, nachgebaut, andernorts war es v. a. der große Rundbau, die Rotunde, die nachgeahmt wurde. Allerdings ist nicht bei allen frühchristlichen und mittelalterlichen Rundbauten genau festzustellen, ob ein bewusster Bezug zur Grabeskirche vorliegt. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass der Jerusalewelt und umwelt der bibel 1/20<strong>19</strong> 55