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Berliner Kurier 11.05.2019

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*<br />

LEUTE<br />

BERLINER KURIER, Sonnabend, 11. Mai 2019<br />

Silbermond<br />

Stefanie Kloß<br />

(34)ist die<br />

Frontfrau der Band<br />

Silbermond.<br />

Ist der Osten<br />

noch zu retten?<br />

Mit ihrem neuen Song „Mein Osten“ warnt die<br />

<strong>Berliner</strong> Band vor einem weiteren Rechtsruck<br />

Ein paar Jahre herrschte Ruhe<br />

um<br />

die <strong>Berliner</strong> Band Silbermond,<br />

nun meldet sich die Grup-<br />

pe<br />

um Frontfrau Stefanie Kloß<br />

zurück –mit einem Song, der ei-<br />

ne<br />

Liebeserklärung an den Osten<br />

ist.Aber der auch nicht ohne kri-<br />

Töne auskommt: Die Band<br />

will damit auch vor einem weite-<br />

tische<br />

renRechtsruck warnen.<br />

„Risse gehen durch Familien und<br />

ein<br />

Riss geht auch durch mich.<br />

Denn ich weiß: Mit Mittelfingern<br />

lösen wir dieses Problem nicht“,<br />

heißt es etwa in der Akustik-Balla-<br />

die die Band gestern veröffent-<br />

de,<br />

lichte. „Aber was nicht hilft, sind<br />

wir uns da einig, Ideen von 1933.“<br />

„Mein Osten“ heißt der Song, mit<br />

dem Stefanie Kloß (34), Johannes<br />

Stolle (36), Thomas Stolle (35) und<br />

Andreas Nowak (36) ihre Heimat<br />

besingen –und gleichzeitig auf die<br />

im Osten hinweisen.<br />

Probleme, die sie selbst in ihrem<br />

unmittelbaren Umfeld bemerkten.<br />

„Wir haben schon wahrgenommen,<br />

dass Schieflagen dazu geführt<br />

haben, dass Menschen auseinan-<br />

heißt es in einem Inter-<br />

derdriften“,<br />

view mit den Bandmitgliedern.<br />

„Dass sich da eine Menge Frust und<br />

Angst angestaut hat. Dass Hem-<br />

am rechten Rand gleich-<br />

mungen<br />

zeitig gesunken sind und Wut in<br />

Hass umschlägt. Absolut schlimm.<br />

Gleichzeitig hat sich das Gefühl bei<br />

vielen ausgebreitet, mit den eige-<br />

und Nöten nicht gehört<br />

nenSorgen<br />

zu<br />

werden. Oder sofort in eine<br />

Schublade gesteckt zu werden.“ Es<br />

gebe Familien, in denen das Thema<br />

Politik am Mittagstisch ausgeklam-<br />

wird. „Es haben sich Lager ge-<br />

mert<br />

bildet und Fronten verhärtet. Wir<br />

alle sollten zusehen, dass wir das<br />

wieder aufknacken.“ In Bautzen,<br />

Fotos: imago, imago/PetraSchönberger<br />

Die Band<br />

Silbermond<br />

stammt selbst aus<br />

Bautzen –auch hier<br />

gabesvor Jahren<br />

NPD-Aufmärsche.<br />

Schon damals sang<br />

die Gruppe um<br />

Stefanie Kloß bei<br />

Veranstaltungen<br />

gegen den<br />

Rechtsruck an.<br />

der Heimat der Band, habe es früher<br />

auch NPD-Aufmärsche gegeben.<br />

Schon 2002 spielte „Silbermond“<br />

bei der Gegenveranstaltung<br />

„Bautzen ist bunt“. „Es war gut zu<br />

sehen, dass da 100 Hardcore-<br />

NPDlern mehr als 1000 Bürger gegenüberstanden,<br />

die bunt und<br />

friedlich Flagge gezeigt haben“,<br />

sagt Sängerin Stefanie Kloß. „Ich<br />

kann einfach nicht kapieren, wie<br />

man diese Ideologie derart verharmlosen<br />

oder glorifizieren kann,<br />

die so unmoralisch, so unendlich<br />

falsch war. Es ist doch so viel dokumentiert.<br />

Jeder, der ein Herz hat,<br />

muss das doch verurteilen.“<br />

Im Interview verteidigen die<br />

Bandmitglieder den Osten auch –<br />

man habe sich nach der Wende zu<br />

wenig mit der ostdeutschen Identität<br />

auseinandergesetzt, sagt Schlagzeuger<br />

Thomas Stolle. „In der Generation<br />

über uns spürt man schon hin<br />

und wieder ein gewisses Gefühl einer<br />

,Invasion‘ in den 90er Jahren“,<br />

sagt er. „So nach dem Motto: Ihr<br />

habt da im Sozialismus gelebt, das<br />

war ja nix, jetzt werdet mal so wie<br />

wir. Eine Biografie so abzubügeln ist<br />

falsch. Menschen haben auch in der<br />

DDR ihre Lebensrealität gehabt und<br />

die war nicht per se schlecht.“<br />

Vieles sei bei und nach der Wiedervereinigung<br />

nicht perfekt gelaufen.<br />

„Da ist doch die Frage: Hat sich<br />

der eine Teil Deutschlands wirklich<br />

empathisch in den jeweils anderen<br />

eingefühlt? Ist das wirklich so gelaufen?<br />

Vieles deutet doch darauf,<br />

dass das eben nicht geschehen ist“,<br />

so die Band dazu. „Und da sind an<br />

Stelle der Mauer plötzlich Risse<br />

entstanden. Vielleicht erst ganz<br />

winzige, fast unsichtbare, die keiner<br />

bemerkt hat, aber es reißt immer<br />

weiter auf und plötzlich gehen<br />

Risse durch Familien.“

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