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Platzhirsch_1_2019

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W<br />

46<br />

Worauf ich aber mit der Überschrift<br />

eigentlich hinleiten<br />

wollte ist, dass man aus dem<br />

Wein und dem Umgang mit ihm möglicherweise<br />

noch andere Weisheiten ableiten<br />

kann, die auf den ersten Blick nicht so erkennbar<br />

sind.<br />

Im Jahre 2012 bin ich über folgenden Artikel<br />

von Jens Priewe (www.weinkenner.de)<br />

gestolpert, den wir mit seiner freundlichen<br />

Genehmigung 1:1 hier veröffentlichen:<br />

Anschlag auf Case Basse:<br />

gesamter Brunello weg<br />

Auf das Weingut Case Basse in Montalcino<br />

wurde ein Anschlag verübt. Unbekannte<br />

öffneten nachts die Fässer, so dass der gesamte<br />

Brunello von sechs Jahrgängen auslief.<br />

Bloßer Vandalismus oder ein mafiöser<br />

Akt? In jedem Fall eine Katastrophe für<br />

Gianfranco Soldera und seine Familie – aber<br />

auch für die Liebhaber großer Brunellos.<br />

In der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember<br />

2012 wurde bei dem Weingut Case Basse in<br />

Montalcino eingebrochen. Unbekannte hebelten<br />

die Tür des (erst 2001 neu errichteten)<br />

Kellers auf und öffneten die Hähne von zehn<br />

Holzfässern. 62.000 Liter Brunello di Montalcino<br />

ergossen sich auf den Kellerboden.<br />

Als der Besitzer Gianfranco Soldera am<br />

nächsten Morgen den Keller betrat, stand er<br />

vor einem riesigen Rotweinsee. Der gesamte<br />

Brunello der Jahrgänge 2007 bis 2012 war<br />

ausgelaufen. Der Schaden liegt zwischen<br />

fünf und sieben Millionen Euro.<br />

„Ein Akt des Vandalismus“ überschreibt<br />

die lokale Presse das spektakuläre Verbrechen.<br />

Der Präsident des Schutzkonsortiums,<br />

Fabrizio Bindocci, verurteilte die Tat aufs<br />

Schärfste. Die Vizepräsidentin Donatella Cinelli<br />

Colombini sprach von einen „beunruhigenden,<br />

ja schockierenden Ereignis“.<br />

Die Tat ist umso mysteriöser, als keine<br />

einzige Flasche gefüllten Brunellos gestohlen<br />

wurde. Dabei lagerte eine größere<br />

Menge versandfertiger Kartons ebenfalls in<br />

dem Keller. Auch Computer und Maschinen<br />

wurden bei dem Einbruch nicht angetastet.<br />

Teuerster auf dem Markt<br />

befindlicher Brunello<br />

Case Basse ist mit 6,5 Hektar Weinbergen<br />

zwar ein relativ kleines Weingut. Mit<br />

Preisen zwischen 165 und 240 Euro pro<br />

Flasche ist sein Wein allerdings der teuerste<br />

Brunello di Montalcino auf dem Markt –<br />

teurer noch als die Riserva von Biondi Santi.<br />

Manch internationaler Weintrinker hält den<br />

Case Basse-Wein sogar für den größten existierenden<br />

Brunello.<br />

Tatsächlich genießt der Wein dieses Gutes<br />

nicht nur preislich eine Sonderstellung.<br />

So produziert Case Basse nur ein Viertel der<br />

gesetzlich erlaubten Höchstmenge an Trauben<br />

in seinen Weinbergen – weniger als jeder<br />

andere. Der Wein wird grundsätzlich spontan<br />

und ohne Temperaturkontrolle vergoren.<br />

Für den Ausbau werden ausschließlich große<br />

Holzfässer aus slawonischer Eiche verwendet.<br />

In ihnen reift der Wein fünf Jahre lang,<br />

bevor er gefüllt wird. Die meisten anderen<br />

Brunello-Produzenten belassen ihn nur zwei<br />

Jahre im Holz, wodurch den gesetzlichen<br />

Vorschriften Genüge getan wird.<br />

Wahrer des<br />

traditionellen Brunello<br />

Soldera, ein ehemaliger Mailänder Versicherungsbroker,<br />

der das Weingut 1972<br />

gegründet hatte, lebt mit seiner Frau Graziella,<br />

einer passionierten Rosensammlerin<br />

und Gartenarchitektin, nur 200 Meter vom<br />

Keller entfernt. Vom Einbruch hat er nichts<br />

bemerkt. Der „Wahrer des traditionellen<br />

Brunello“ ist ein Einzelkämpfer. Unter Kollegen<br />

in Montalcino besitzt er wenig Freunde.<br />

Weintester und Weinkritiker sind ihm ziemlich<br />

egal.<br />

Auch der Arbeit des Schutzkonsortiums<br />

Brunello steht er äußerst skeptisch gegenüber.<br />

An der internen Debatte über den<br />

Zusatz anderer Trauben als Sangiovese<br />

zum Brunello hat er nicht teilgenommen.<br />

In persönlichen Statements hatte er jedoch<br />

deutlich gemacht, dass er jede Lockerung<br />

der gesetzlichen Bestimmungen vehement<br />

ablehne. In der Diskussion um die Frage,<br />

ob wenigstens der Rosso di Montalcino ein<br />

paar Prozent Merlot oder andere Trauben<br />

enthalten dürfe, erwies er sich ebenfalls als<br />

unbeugsamer Sangiovese-Purist.<br />

In einer ersten Stellungnahme nach dem<br />

Einbruch sprach Soldera denn auch nicht<br />

von Vandalismus, sondern von einem „mafiösen<br />

Akt“. Allerdings habe es Hinweise,<br />

Warnungen oder gar Erpressungsversuche<br />

im Vorfeld der Attacke nicht gegeben. Sein<br />

Sohn Maurizio fügte hinzu, dass sich die<br />

Familie sowieso nicht einschüchtern lasse:<br />

„Der materielle Schaden ist zwar enorm.<br />

Aber wir werden weitermachen.“<br />

(Ende des Artikels von Jens Priewe.)

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