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Platzhirsch_1_2019

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47<br />

Wer macht so etwas?<br />

Was ist das Motiv des /<br />

der Täter?<br />

Was ist euch bislang in den Sinn gekommen, bis zu dieser<br />

Stelle des Artikels?<br />

Mit Andrea Di Gisi wurde am<br />

17.12.2012 ein Ex-Angestellter des<br />

Weingutes verhaftet. Er war den Carabinieri<br />

aufgrund von Zeugenaussagen und<br />

Abhöraktionen ins Netz gegangen. Die Ermittler<br />

hatten seine Wohnung in Rom durchsucht<br />

und in der Waschmaschine die Hose gefunden,<br />

die Di Gisi bei der Tat getragen hatte.<br />

Zu seinen Motiven<br />

teilte die Staatsanwaltschaft<br />

mit:<br />

BENACHTEILIGUNG Di Gisi hatte sich<br />

im Gegensatz zu den anderen Angestellten benachteiligt<br />

gefühlt.<br />

NEID gegenüber der Besitzerfamilie.<br />

RACHE Di Gisi war gekündigt worden,<br />

nachdem es zu Differenzen mit Besitzer Gianfranco<br />

Soldera gekommen war.<br />

Für eine Flasche aus dem schicksalsträchtigem<br />

2012er Jahrgang zahlt man mittlerweile<br />

zwischen 500-800 Euro. Bei den Zeilen<br />

um den Tesch-unplugged-Riesling war es ein<br />

Leichtes für mich, nebenbei den Bestellvorgang<br />

auszulösen. Und jetzt sitze ich hier und<br />

hadere. Mein Blick fixiert einen 2012er SOL-<br />

DERA CASE BASSE auf meinem linken Monitor,<br />

der für 485 Euro angeboten wird. Okay<br />

… ich bin bekennender Winefreak. Aber<br />

es käme mir nicht in den Sinn, eine solche<br />

Flasche zu kaufen und zu entkorken, wenn<br />

es nicht einen tieferen Sinn dahinter geben<br />

würde, als der schlichte Genuss.<br />

Das ist mir kein Tropfen der Welt in diesem<br />

Segment wert. Also … was lässt mich<br />

hadern? Es ist das Gefühl, eine Flasche zu<br />

besitzen, die zur Tatzeit am Tatort dieser bizarren<br />

Geschichte war und fortan als Symbol<br />

für den achtsamen Umgang mit Mitarbeitern<br />

dienen könnte.<br />

2011 war es mein Speaker-Kollege Jörg<br />

Löhr, der im Rahmen einer Masterclass die<br />

72-Stunden-Regel in mein Gehirn eingrub.<br />

Eine gefährliche Mixtur aus negativen Emotionen,<br />

die Andrea Di Gisi antrieb, die Ablasshähne<br />

der Fässer zu öffnen und die Welt um<br />

62.600 Liter Brunello ärmer zu machen. Das<br />

sind rund 83.467 Flaschen.<br />

Soldera gab nach der Tat bekannt, dass ein<br />

kleiner Teil der Jahrgänge 2007 bis 2012 den<br />

Anschlag überstanden hätte.<br />

Di Gisi, der in den Medien »Brunello-Killer«<br />

genannt wurde, wurde seinerzeit in Siena zu<br />

vier Jahren Haft verurteilt.<br />

Gianfranco Soldera ist übrigens am<br />

16.02.<strong>2019</strong> im Alter von 82 Jahren verstorben.<br />

Die 72 Stunden Regel<br />

von Jörg Löhr /youtube.de<br />

„Hopp denn“ – wie Kirsten zu sagen<br />

pflegt: Zack, Bestell-Button gedrückt! Wir<br />

werden einen würdigen Platz für dieses<br />

Mahnmal des achtsamen Umgangs mit<br />

Mitarbeitern bei uns finden. Und wenn<br />

diese Flasche eines Morgens entleert in unseren<br />

Räumen steht, wissen wir, dass wir<br />

jemanden in tiefster Seele verletzt haben<br />

könnten. (rb)

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