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Berliner Zeitung 27.05.2019

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16 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 121 · M ontag, 27. Mai 2019<br />

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Lokalsport<br />

Das Wunder von Berlin<br />

Die Wasserballer von Spandau 04 holen sich in der kürzest möglichen Finalserie gegen Hannover den deutschen Meistertitel unerwartet schnell zurück<br />

VonBenedikt Paetzholdt<br />

Mit einem Kalauer ging<br />

der Wasserballtag so<br />

richtig los: „Spandau<br />

04 mit Matchball<br />

hier“, rief der Sprecher durch die<br />

Hallenboxen. Um allen, die es am<br />

Sonntagmittag in die Schwimmhalle<br />

des Schöneberger Sportzentrums<br />

geschafft hatten, noch mal zu verdeutlich,<br />

dass diese Wasserball-Finalserie<br />

zwischen den <strong>Berliner</strong>nund<br />

Waspo Hannover tatsächlich nach<br />

diesem dritten Spiel bereits entschieden<br />

sein kann.<br />

Genau das war gut eine Stunde<br />

später dann auch der Fall, als das<br />

12:8 im zweiten Heimspiel an diesem<br />

Wochenende gewiss war –und<br />

somit auch die 37. Meisterschaft seit<br />

1979. Schon eine Minute vorher hatten<br />

sich die rund 300 Zuschauer erhoben.<br />

Und als dann die Schlusssirene<br />

plärrte, packten die Spieler am<br />

Beckenrand ihren Trainer Petar Kovacevic<br />

und nahmen gemeinsam ein<br />

Spaßbad. „Ich bin platt, wir haben in<br />

den letzten zwei Monaten brutal hart<br />

trainiert, aber ich bin sehr glücklich“,<br />

sagte Center Mateo Cuk, nachdem<br />

er das Wasser wieder verlassen<br />

und sich das rote Meistershirt übergestreift<br />

hatte. In den letzten zwei<br />

Monaten habe man kaum ein freies<br />

Wochenende gehabt, sondern hart<br />

am „Wunder von Berlin“ gearbeitet,<br />

wie der Hallensprecher pathetisch<br />

nach dem 3:0-Serienausgang<br />

schwärmte.<br />

Schimpfworte aus dem Becken<br />

Nachdem die ersten beiden Partien<br />

mit je einem TorUnterschied erwartungsgemäß<br />

spannend waren und<br />

vorallem das 18:17 nach Fünfmeterwerfen<br />

am Sonnabend die Nerven<br />

strapazierte,gestaltete Spandau dieses<br />

dritte Spiel doch ziemlich souverän.<br />

Schon nach dem ersten Viertel<br />

stand es für die Gastgeber 4:0, weil<br />

Spandaus Torwart Laszlo Baksa sehenswertund<br />

für Hannoverfrustrierend<br />

parierte.„Er war heute spielentscheidend“,<br />

sagte Präsident Hagen<br />

Stamm.<br />

Zudem sprach die Strafenstatistik<br />

klar gegen die Gäste. Zur Halbzeit<br />

hatten sie mit zehn Hinausstellungen<br />

doppelt so viele gesammelt wie<br />

Ab ins Wasser:Spandaus Männercoach Petar Kovacevic wird von seinen Spielernnass gemacht.<br />

Spandau. Hannovers Trainer und<br />

Geldgeber Karsten Seehafer sprach<br />

hinterher voneiner „Nicht-Fähigkeit<br />

des deutschen Schiedsrichterwesens“.<br />

Seine Spieler hatten den Unparteiischen<br />

aus dem Becken heraus<br />

allerhand Schimpfworte entgegengeschleudert.<br />

Jugendfrei waren diese<br />

wahrlich nicht.<br />

Das Gefühl, in Berlin benachteiligt<br />

worden zu sein, sollte nicht mehr<br />

„Mit diesem Titel<br />

ist die Saison eine erfolgreiche.<br />

Sonst wäre sie katastrophal<br />

gewesen.“<br />

Hagen Stamm formuliert als Klub-Präsident der Wasserfreunde,<br />

wie schmal der Grat im Leistungssport oft ist.<br />

IMAGO IMAGES<br />

weichen. Genauso wie der Eindruck,<br />

dass eine Hannoveraner Aufholjagd<br />

nicht gelingen kann. Als Baksa beim<br />

Stand von12:6 zu Beginn des letzten<br />

Viertels einen Fünfmeter parierte,<br />

sprangen seine Kollegen neben dem<br />

Becken, die gerade auf den Campingstühlen<br />

eine Verschnaufpause<br />

erhielten, deshalb so auf, als wäre<br />

das Spiel schon vorbei. Dass es so<br />

entspannt zu diesem Titel geht, hätte<br />

niemand gedacht. „Das war schon<br />

ein angenehmes letztes Viertel“, gab<br />

Cukspäter zu.<br />

Dass sich die erneute Meisterschafts-Wachablösung<br />

bereits früh<br />

an diesem Nachmittag abgezeichnet<br />

hatte, sorgte natürlich für zusätzliche<br />

Unmut bei den Niedersachsen.<br />

Zwar gewann Hannover den Supercup<br />

und den Pokal in dieser Saison,<br />

aber die wichtigste Trophäe im deutschen<br />

Wasserball steht nach einem<br />

Jahr Abstinenz nun eben wieder in<br />

der Spandauer Vitrine. „Mit diesem<br />

Titel ist die Saison eine erfolgreiche“,<br />

sagte Stamm, „sonst wäre sie katastrophal<br />

gewesen.“ Noch nie ist es einem<br />

Gegner somit seit 40 Jahren<br />

Spandauer Dominanz geglückt, den<br />

Platzhirsch in zwei Finalserien hintereinander<br />

zu bezwingen. Dass<br />

Hannover als Gastgeber des Final<br />

Eight der Champions League noch<br />

international spielen darf, während<br />

Spandau auf dieser Bühne enttäuschte,störte<br />

niemanden.<br />

Spandaus Frauen verlieren<br />

Kapitän Marko Stamm und Teamkollege<br />

Maurice Jüngling griffen<br />

nach der Pokalübergabe nicht ganz<br />

so üppig bei den Bierbechernzu, die<br />

Stamm senior zur Feier des Tages gereicht<br />

hatte. Das lag weniger am Respekt<br />

vor dem Gegner oder der Erschöpfung.<br />

Nur eine weitere Stunde<br />

nach dem Titelgewinn waren vielmehr<br />

auch die Spandauer Frauen gefordert,<br />

die in ihrer Bundesliga-Premierensaison<br />

ebenfalls im Play-off-<br />

Finale stehen. Und weil nicht nur<br />

Stamms Freundin Belén Vosseberg<br />

mitspielte, sondern die beiden als<br />

Trainer das Team zum Titel führen<br />

möchten, musste die Eskalation<br />

warten. Wobei der Einsatz von<br />

Marko Stamm dann so vehement<br />

war,dass er die Rote Kartesah.<br />

Torwart Baksa ließ aber keine<br />

Zweifel aufkommen, dass dieser<br />

Abend noch einen gebührenden<br />

Ausklang finden würde. „Im Keller<br />

steht genug Bier. Wenn die Frauen<br />

fertig sind, feiern wir zusammen“,<br />

prophezeite er.Dass die Kolleginnen<br />

nach der 8:9-Niederlage gegen Uerdingen<br />

noch einen weiten Wegzum<br />

Titel haben und immer noch zwei<br />

Siege brauchen, war nur ein kleiner<br />

Schönheitsfehler.<br />

Zweimal hinfallen, dreimal aufstehen<br />

Im <strong>Berliner</strong> Pokalfinale zweier gebeutelter Vereine entscheidet Viktoria 1889 die Partie gegen Tennis Borussia mit 1:0 für sich –und steht in Runde eins des DFB-Pokals<br />

VonChristian Schlodder<br />

Dass es immer nur ein ein Quäntchen<br />

ist, das bei TeBe seit einer<br />

Weile fehlt, war schon vor dem Anpfiff<br />

des <strong>Berliner</strong> Landespokalfinales<br />

auf der Anzeigetafel zu sehen. Als<br />

Spieler und Trainer vorgestellt wurden,<br />

prangte bei TeBe-Coach Dennis<br />

Kutrieb plötzlich der Buchstabe H<br />

zwischen U und T. Nah dran und<br />

doch weit daneben.<br />

Vielmehr als sein falsch geschriebener<br />

Nachname ärgerte den Coach<br />

sowieso,dass es mal wieder nicht gereicht<br />

hat. „Vor zwei Wochen war die<br />

Enttäuschung groß, letzte Woche<br />

war sie groß. Jetzt ist sie wieder<br />

groß“, sagte Kutrieb nach der 0:1-<br />

Niederlage gegen Viktoria Berlin.<br />

Das entscheidende Torerzielte Rafael<br />

Brand in der 81. Minute.<br />

Viktoria 1889 feierte fünf Jahre<br />

nach dem letzten Pokalsieg einen<br />

versöhnlichen Abschluss einer verrückten<br />

Saison. Dank des Einstiegs<br />

eines chinesischen Investors kam<br />

es vor Beginn der Spielzeit zum<br />

ambitionierten Kaderumbruch.<br />

Spieler mit Erst- und Zweitligaerfahrung<br />

wurden in den <strong>Berliner</strong><br />

Südwesten gelotst. Nachdem allerdings<br />

die Zahlungen ausblieben<br />

und Viktoria Insolvenz anmelden<br />

musste, brach der Kader im Winter<br />

auseinander. 23Spieler kamen im<br />

Laufe der Saison, genauso viele gingen<br />

wieder. Nun steht immerhin<br />

wohl ein neuer Geldgeber in den<br />

Startlöchern. Frisches Geld werde<br />

bald kommen, bestätigte Viktoria-<br />

Kapitän Stephan Flauder. InLichterfelde<br />

kann man also langsam an<br />

die Kaderplanung für die nächste<br />

Saison gehen. Der Pokalsieg ist zwischen<br />

all den Querelen der letzten<br />

Monate ein Trost, vielleicht sogar<br />

ein Neuanfang. Allein das Erreichen<br />

der ersten DFB-Pokalrunde spült<br />

mehr als 120 000 Euro in die Vereinskasse<br />

–die Auslosung findet am<br />

15. Juni statt.<br />

TeBe ist im Pokal Zweiter –mal<br />

wieder. Schon im Oberligaaufstiegsrennen<br />

musste der Klub mit dem<br />

zweiten Platz leben, genauso wie vorige<br />

Saison. Das ambitionierte Tennis<br />

Borussia belohnt sich derzeit<br />

trotz guter Leistungen nicht. „Wir<br />

haben sehr viel Aufwand betrieben.<br />

Im Endeffekt stehen wir mit leeren<br />

Händen da. Das ist traurig“, sagte<br />

Kapitän Nicolai Matt. Auch Thiago<br />

Rockenbach da Silva sah das so:<br />

„Man hat gesehen, dass wir alles gegeben<br />

haben. Aber es halt nicht gereicht.“<br />

So hatte TeBes Vorstandsvorsitzender<br />

Jens Redlich bei der abendlichen<br />

Mannschaftsfeier in Spandau<br />

hängende Schultern zuklopfen. Seit<br />

seinem Einstieg im Verein wurden<br />

die sportlichen Messlatten höher gelegt.<br />

Doch der große Erfolg blieb bis-<br />

Das Torzum DFB-Pokal steht offen: Rafael Brand erzielt das 1:0 für Viktoria.<br />

Neuer Job: Karsten Heine<br />

übernimmt den Fußball-Regionalligisten<br />

VSG Altglienicke.<br />

Der 64 Jahre alte Trainer<br />

unterzeichnete einen Vertrag<br />

über ein Jahr.Erfolgt auf<br />

Andreas Zimmermann, der<br />

seinen Posten beim Tabellen-14.<br />

der abgelaufenen<br />

Saison räumen musste.<br />

KARSTEN HEINE ÜBERNIMMT ALTGLIENICKE<br />

Alter Bekannter: Heine ist<br />

seit drei Jahren ohne Trainerjob,kann<br />

aber Erfahrungen<br />

als Übungsleiter vorweisen.<br />

So stand er beim 1. FC Union<br />

in der Verantwortung,von<br />

1988 von1990 und<br />

1996/1997. In Köpenick<br />

war er auch in den 70ern<br />

und 80ernSpieler.<br />

IMAGO IMAGES<br />

Alte Dame: Bei Hertha BSC<br />

war Heine von1991 bis<br />

1995 und von2004 bis<br />

2013 alsAssistent undAmateurtrainer<br />

tätig,wobei er<br />

2007 und 2009 als Interimstrainer<br />

bei den Profis<br />

einsprang.Zwischen 2013<br />

und 2016 war Heine für<br />

Chemnitz in der 3. Ligatätig.<br />

her aus. Unruhig werde erdeshalb<br />

nicht: „Es ist nicht die Zeit für martialische<br />

Forderungen. Festzuhalten<br />

bleibt, dass die Tabelle und die Ergebnisse<br />

nach 90 Minuten nicht lügen.<br />

Es hat am Ende nicht gereicht.<br />

Dafür mache ich den Jungs aber keinen<br />

Vorwurf“, sagte er.<br />

Vielleicht fehlte am Ende auch<br />

nur die letzte Rückendeckung.<br />

TeBe-Kapitän Matt merkte an, dass<br />

die Fans für einen zusätzlichen<br />

Vorteil in Pokalfinal und Ligaendspurt<br />

hätten sorgen können. Doch<br />

nach der denkwürdigen Mitgliederversammlung<br />

im Januar liegen<br />

Redlich und Teile der Fanszene im<br />

Clinch. Viele Anhänger boykottieren<br />

seitdem die Spiele der Veilchen<br />

und suchen ihr Glück woanders.So<br />

fand am Tagdes <strong>Berliner</strong> Pokalfinales<br />

ein eigens organisierter Pokaltag<br />

mit knapp 300 Teilnehmern<br />

statt.<br />

Für viele Fans ist das nicht einfach<br />

zu vereinbaren. Doch mittlerweile<br />

sind die Fronten derart verhärtet,<br />

dass ein Ende des Boykotts<br />

nicht absehbar ist. „Ich hätte natürlich<br />

nichts lieber gesehen als TeBe in<br />

der ersten DFB-Pokalrunde oder in<br />

der Regionalliga. Auf der anderen<br />

Seite nährt der Misserfolg aber die<br />

Hoffnung, dass Jens Redlich aussteigt<br />

und wir den Verein schneller<br />

zurückbekommen“, sagt Dennis<br />

Wingerter von der Faninitiative<br />

„Come on TeBe“. Wie der Protest<br />

weitergeführt werden soll, wird in<br />

der Sommerpause diskutiert. Es<br />

gebe viele Ideen und Meinungen,<br />

sagte Wingerter. Damit wird TeBe<br />

ein großes Spannungsfeld nicht los,<br />

das auch in der Mannschaft debattiertwird.<br />

„Es muss endlich Einsicht<br />

von beiden Seiten kommen. Ich<br />

kann dabei auch gern unterstützen“,<br />

sagte Matt.<br />

Derweil könnte sich in der<br />

Mannschaft selbst noch einiges bewegen.<br />

Stürmer Karim Benyamina,<br />

der in der 61. Minute ausgewechselt<br />

wurde, spielt künftig bei den Senioren<br />

der Spandauer Kickers. Thiago<br />

Rockenbach da Silvaentscheidet im<br />

Laufe dieser Woche wie es bei ihm<br />

weitergeht. Auch für andere Spieler<br />

dürfte gelten, dass ein Aufstieg oder<br />

Pokalsieg denVerbleib bei TeBe zum<br />

Selbstläufer gemacht hätte. Aber<br />

nun? „Wir sind immer noch am<br />

Konsolidieren“, sagte Redlich.<br />

„Deshalb rufen wir auch nicht<br />

schon euphorisch den Aufstieg für<br />

nächste Saison aus.Unter die ersten<br />

Fünf zu kommen ist das Ziel“, sagt<br />

er. Das klingt nicht nach ganz großen<br />

Ambitionen.<br />

Jedenfalls gab es metaphorische<br />

Trostpflaster für TeBe aus Lichterfelde,<br />

zumindest in Form vonViktoria-Kapitän<br />

Flauder: „TeBe ist zweimal<br />

hingefallen, aber wird dreimal<br />

wieder aufstehen!“

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