Berliner Kurier 14.06.2019
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14 BERLIN BERLINER KURIER, Freitag, 14. Juni 2019 *<br />
TVOverzögert<br />
sich noch weiter<br />
Berlin –Der geplante Lückenschluss<br />
der Tangentialverbindung<br />
Ost (TVO)<br />
entlang einer Bahntrasse<br />
zwischen Märkischer Allee<br />
und Wuhlheide kommt<br />
noch später. Man habe „keine<br />
Planungskapazitäten<br />
mehr frei“, sagte eine Bahnsprecherin.<br />
Die <strong>Berliner</strong><br />
Koalition reagierte „wütend“.<br />
Eine weitere Verzögerung<br />
von eineinhalb Jahren<br />
drohe, hieß es.<br />
Straßenbau-<br />
Beiträge gekippt<br />
Potsdam –Der Brandenburger<br />
Landtag hat die umstrittenen<br />
Straßenausbaubeiträge<br />
abgeschafft. Eine<br />
breite Mehrheit stimmte<br />
dafür, dass die anteiligen<br />
Kosten für alle seit Anfang<br />
dieses Jahres abgeschlossenen<br />
Baumaßnahmen nicht<br />
mehr von den Kommunen<br />
auf Grundstückseigentümer<br />
umgelegt werden.<br />
Stattdessen werden sie nun<br />
vom Land übernommen.<br />
Foto: imago/STPP<br />
Entwicklung der Einwohnerzahl<br />
Westdeutschland Ostdeutschland<br />
160<br />
120<br />
80<br />
40<br />
0<br />
1871 1936 2018<br />
Naturpark Ost<br />
indexiert1936=100<br />
Grafik/Hecher; Quelle: ifo Institut<br />
Die Kurven<br />
zeigen die<br />
„Teilungslücke“<br />
als Index.<br />
1936 ist 100<br />
gleichgesetzt.<br />
Schön grün, aber leer<br />
Die Bevölkerungszahl in den neuen Bundesländern ist auf den Stand von 1905 gesunken<br />
Lesen Sie in der großen Wochenendausgabe:<br />
Käpt’n Iglo undich:Das Fischstäbchen<br />
wird 60 Jahre alt.Redakteure erinnern<br />
sichandas Lieblingstiefkühl-Gericht<br />
ihrer Kindheit<br />
Amélies Paris entdecken: Am<br />
Canal Saint-Martin entlang<br />
Neue Automarken im Check:<br />
Und wer macht den Service?<br />
Von<br />
GERHARD LEHRKE<br />
Berlin – Weite Teile Ostdeutschlands<br />
drohen zu veröden.<br />
Die Einwohnerzahl<br />
liegt in den fünf mittlerweile<br />
nicht mehr ganz so neuen<br />
Bundesländern (ohne Ost-<br />
Berlin) bei 12,4 Millionen –<br />
so wenig wie 1905. Das ermittelte<br />
Felix Rösler vom<br />
Ifo-Wirtschaftsforschungsinstitut<br />
(München). Er hat<br />
untersucht, warum Teile<br />
des Ostens zu einer Art menschenleerem<br />
Naturpark Ost<br />
werden dürften.<br />
Bis 1949 wuchs die Bevölkerung<br />
im Gebiet der späteren<br />
DDR und im Westen gleich.<br />
Unmittelbar nach dem Krieg<br />
im Osten sogar schneller, weil<br />
Vertriebene in der sowjetischen<br />
Besatzungszone landeten.<br />
Mit der Gründung von<br />
DDR und Bundesrepublik<br />
1949 aber begann der Exodus.<br />
Bis 1961, als die Mauer gebaut<br />
wurde, ging dem Osten<br />
der Zuwachs durch die Vertriebenen<br />
–rund zwei Millionen<br />
Menschen –wieder verloren.<br />
Die Zahl der DDR-Bewohner<br />
stagnierte bei 17 Millionen.<br />
Im Westen hingegen<br />
wuchs die Bevölkerungszahl:<br />
Durch die Flucht aus dem Osten,<br />
den Babyboom in den<br />
60er-Jahren und die Zuwanderung<br />
von „Gastarbeitern“.<br />
Nach dem Fall Mauer 1989<br />
erweiterte sich die Teilungslücke.<br />
Millionen machten sich<br />
auf der Suche nach Arbeit gen<br />
Westen auf, die Geburtenzahl<br />
im Osten ging zurück. Die Folge:<br />
Der Westen hatte 2017 mit<br />
68,7 Millionen 60 Prozent<br />
mehr Einwohner als vor dem<br />
Krieg, der Osten 15 Prozent<br />
weniger. Städte wie Leipzig<br />
und Dresden, die bei einer<br />
westdeutschen Entwicklung<br />
heute Millionenstädte wären,<br />
haben nur rund 550000 Einwohner.<br />
Auf dem Land drohen<br />
Dörfer auszusterben.<br />
Rösel sieht in der Verödung<br />
einen Grund für die im Osten<br />
weit verbreitete Unzufriedenheit.<br />
Das könnten Menschen<br />
im Westen angesichts sinkender<br />
Arbeitslosenzahlen im Osten<br />
und „hübsch sanierter<br />
Städte und Dörfer“ des Ostens<br />
nicht nachvollziehen. Er wirbt<br />
wie der Ostbeauftragte der<br />
Bundesregierung, Christian<br />
Hirte, um eine Förderung des<br />
ländlichen Raums, weil Infrastuktur<br />
und Daseinsvorsorge –<br />
vom Wasserwerk bis zur<br />
Schule – bei schrumpfender<br />
Bevölkerung unbezahlbar<br />
würden. Die „Leuchtturm“-<br />
Politik, die Förderungen auf<br />
Städte ausrichte, sei falsch.<br />
Joachim Ragnitz, ein anderer<br />
Ifo-Forscher, sieht durch<br />
den Bevölkerungsschwund<br />
schwere wirtschaftliche Folgen,<br />
weil Arbeitskräfte fehlen<br />
und Firmen in besonders menschenleeren<br />
Gebieten aufgeben<br />
müssten, wenn sich nichts<br />
ändert. Dadurch sinke wiederum<br />
das Angebot qualifizierter<br />
Jobs, was weitere Abwanderung<br />
nach sich ziehe. Deshalb<br />
müssten Fachkräfte nicht nur<br />
aus dem EU-Ausland angeworben<br />
werden. um den<br />
Schwund auszugleichen.