Berliner Kurier 14.06.2019
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*<br />
REPORT<br />
Der<br />
Humboldt-<br />
Schatz<br />
Die Naturforscher<br />
Alexander von Humboldt<br />
und Aimé Bonpland<br />
brachten Tausende<br />
Pflanzen aus Südamerika<br />
mit –die sind morgen<br />
zum ersten Mal im<br />
„FortKnox“ Berlins für<br />
jedermann zu sehen<br />
Fotos: Botanisches Museum Berlin/Botanischer Garten Berlin/Freie Universität Berlin, bpk/Nationalgalerie/SMB/Karin März<br />
Von<br />
GERHARD LEHRKE<br />
Willkommen im<br />
Fort Knox von<br />
Berlin! Am morgigen<br />
Sonnabend<br />
können die <strong>Berliner</strong> –genau<br />
gesagt höchstens 132 von<br />
ihnen –etwas sehen, was sonst<br />
Forschern vorbehalten ist. Bei<br />
der Langen Nacht der Wissenschaften<br />
öffnen sich die Türen<br />
zum „Bunker“ des Botanischen<br />
Museums. Dahinter verbirgt<br />
sich ein Schatz, wertvoller als<br />
Gold: Die getrockneten Pflanzen,<br />
die Alexander von Humboldt<br />
und Aimé Bonpland auf<br />
ihrer Südamerika-Expedition<br />
1799 bis 1804 gesammelt, getrocknet<br />
und nach Europa geschickt<br />
hatten.<br />
Es sind rund 4000 Pflanzenteile<br />
von 3300 Arten, die das<br />
Museum aufbewahrt. Der Naturforscher<br />
Humboldt (1769–<br />
1859) und der französische Arzt<br />
und Biologe Bonpland (1773–<br />
1858) hatten sie auf Teneriffa,<br />
im nördlichen Südamerika, Mexiko<br />
und Kuba gesammelt, getrocknet<br />
und nach Europa geschickt.<br />
Berlin bekam einen,<br />
Paris den größeren Teil.<br />
Gesche Hohlstein, Biologin<br />
am Botanischen Museum: „Die<br />
beiden haben dokumentiert,<br />
wann, wo und in welcher Umgebung<br />
sie die Pflanzen gefunden<br />
haben. Damit haben sie ein<br />
Archiv des grünen Kleids der<br />
Erde erstellt.“ Die sogenannten<br />
Herbar-Belege seien besser als<br />
jede Beschreibung, Zeichnung<br />
oder Fotografie,<br />
wenn heutige<br />
Forscher Vergleiche<br />
mit den<br />
Pflanzen jetzt anstellen.<br />
Nicht alles, was<br />
die beiden Forscher auf ihren<br />
Dschungelmärschen, Bergtouren<br />
und Flussreisen fanden,<br />
kam in Europa an. Teilweise<br />
gingen die Kisten mit den<br />
Pflanzen auf den Schiffen über<br />
Bord, anderes verschimmelte<br />
Fleißarbeit gab<br />
Humboldt<br />
lieber ab<br />
oder wurde von Termiten gefressen.<br />
Hohlstein: „Es war eine<br />
mühselige Arbeit gerade in den<br />
tropischen, feuchtheißen Gegenden,<br />
die Pflanzen zu pressen<br />
und zu trocknen.“ Diese<br />
Fleißarbeit habe<br />
Humboldt auch<br />
gern Bonpland<br />
überlassen.<br />
Die beiden bekamen<br />
auch nicht<br />
alles, was sie<br />
haben wollten. Die Biologin:<br />
„Humboldt hat als erster die<br />
Paranuss beschrieben. Es gibt<br />
in der Sammlung aber nur ein<br />
Blatt der Pflanze, weil sich<br />
selbst für eine Unze Gold und<br />
gute Worte niemand fand, auf<br />
den Baum zu steigen, um eine<br />
Blüte herunterzuholen.“ Das<br />
wäre auch sehr mutig gewesen,<br />
die Bäume werden 55 Meter<br />
hoch.<br />
Die Mitbringsel werden in<br />
Berlin im sogenannten Willdenow-Herbar<br />
aufbewahrt.<br />
Das ist einer von rund 30 Räumen,<br />
die sich unter einem Neubau<br />
des Botanischen Museums<br />
befinden. Dort werden die jeweils<br />
höchstens zwölf Personen,<br />
die bei der Langen Nacht<br />
an den Führungen (alle halbe<br />
Stunde zwischen 17 und 22<br />
Uhr) mitgehen können, auch<br />
etwas über die teils tragische,<br />
teils glückliche Geschichte der<br />
Pflanzensammlung erfahren.