Berliner Kurier 14.06.2019
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
*<br />
HINTERGRUND<br />
Auch der<br />
Körper leidet<br />
Nach zwei Unwettertagen<br />
ist die Stadt wieder<br />
auf Spur.Doch Extremwetterlagen<br />
häufen<br />
sich. Hitze und Blitze<br />
sorgen nicht nur auf den<br />
Straßen für Chaos, sondern<br />
auch im Körper.Das<br />
wechselhafte Wetter<br />
sorgt für Abgeschlagenheit,Kopfschmerzund<br />
Co.<br />
Werohnehin schon im<br />
Stress ist,dem geht das<br />
Zickzack-Wetter besonders<br />
an die Nieren.<br />
Wie das<br />
Von<br />
STEFANIE HILDEBRANDT<br />
Berlin – Windböen mit einer<br />
Geschwindigkeit von 110 Kilometern<br />
pro Stunde, starker<br />
Regen und heftige Gewitter<br />
zogen am Mittwochabend<br />
über die Stadt. Den zweiten<br />
Abend in Folge rief die Feuerwehr<br />
den Ausnahmezustand<br />
aus. Am Morgen danach<br />
hatte sich die Lage weitgehend<br />
normalisiert.<br />
Rund 320 Unwetter-Einsätze<br />
in der Hauptstadt listete die Bilanz<br />
der Helfer auf. „Die breite<br />
Masse an Fällen konnte aber<br />
schon bis 23 Uhr am Mittwochabend<br />
abgearbeitet werden“,<br />
sagte ein Feuerwehrsprecher.<br />
Ein weiteres Mal kamen die<br />
<strong>Berliner</strong> und Brandenburger<br />
relativ glimpflich davon.<br />
Zwar wurden während des<br />
Gewitters am Abend Regionalzüge<br />
gestoppt, alle Fernzüge<br />
standen knapp zwei Stunden<br />
still. und auf dem Wannsee kenterten<br />
Boote. Doch Schwerverletzte<br />
waren nicht zu beklagen.<br />
Auch elf<br />
Menschen, die bei<br />
einer Feier in Oranienburg<br />
von einer<br />
abge-<br />
brochenen<br />
Baumkrone touchiert wurden,<br />
waren nur leicht verletzt. Ebenso<br />
erging es den Insassen eines<br />
Cabrios in Friedenau. Sie hatten<br />
Glück, als ein Baum auf den<br />
Wagen stürzte.<br />
Mit den beiden schweren Gewittern<br />
kam der Regen. An einigen<br />
Orten fiel bereits jetzt so<br />
viel Niederschlag wie sonst in<br />
einem ganzen Monat. An der<br />
Messstelle der Freien Universität<br />
in Dahlem waren es seit<br />
Dienstag insgesamt rund 61 Liter<br />
pro Quadratmeter, berichtete<br />
Meteorologe Thomas Dümmel.<br />
Für den ganzen Juni seien<br />
in Berlin 70 Liter normal. „Solche<br />
Gewitter sind für den Frühsommer<br />
aber nicht außergewöhnlich“,<br />
sagt Dümmel.<br />
Sehr typisch seien sie für Anfang<br />
Juli. Nun sei etwas früher<br />
als sonst feucht-warme Luft aus<br />
dem Mittelmeerraum in die Region<br />
gezogen und dort auf kühlere<br />
Luft des Nordens gestoßen.<br />
Wenn solche Luft-<br />
schichten aufeinander-<br />
träfen, knalle es.„Der<br />
Boden hat das Regen-<br />
wasser aber aufge-<br />
saugt wie ein<br />
Schwamm“, sagte<br />
Dümmel. „Derver-<br />
einiges<br />
mehr.“ Denn<br />
in<br />
trägt noch<br />
Berlin gab es neben<br />
der langen Tro-<br />
ckenheit im<br />
ver-<br />
auch einige zu<br />
gangenen Sommer<br />
trockene<br />
Winter-<br />
Früh-<br />
und<br />
lings-<br />
mo-<br />
nate.<br />
In Chile (oben)<br />
deckte eine Wasserhose<br />
ein Dach ab.<br />
Hagelkörner gingen<br />
in Bayern nieder.<br />
Andernorts<br />
herrscht Dürre.<br />
In Berlin gebe es bei den Regenmengen<br />
außerdem regional<br />
große Unterschiede, sagte<br />
Stephan Natz, Sprecher der<br />
Wasserbetriebe. So seien in<br />
Teilen von Grünau und Köpenick<br />
seit Dienstag nur zwischen<br />
einem und drei Litern<br />
pro Quadratmeter gefallen. An<br />
anderen Stellen habe die Kanalisation<br />
die Wassermassen<br />
nicht fassen können, berichtete<br />
Natz. Am Radialsystem flossen<br />
rund 48000 Kubikmeter<br />
Schmutzwasser in die Spree.<br />
Am Morgen nach dem Unwetter<br />
hatte die <strong>Berliner</strong> S-<br />
Bahn noch mit Störungen zu<br />
kämpfen. Züge der Linie S2<br />
verkehrten nach einem Blitzeinschlag<br />
im Bereich Marienfelde<br />
zwischen Blankenfelde<br />
und Potsdamer Platz unregelmäßig.<br />
Extremes Wetter mit Temperatur-Zickzack,<br />
Hitze und<br />
Sturm stellt aber nicht nur die<br />
Infrastruktur auf eine Probe.<br />
Auch die <strong>Berliner</strong> fordert der<br />
Hitzesommer.<br />
„Das ständige Hin und Her,<br />
dass sich das Wetter von einem<br />
Tag auf den anderen ändert,<br />
oder innerhalb des Tages so<br />
Fotos: Pudwell, Imago /Reimann, dpa, Otto, ARD<br />
krass umschlägt,<br />
sorgt<br />
dafür, dass der<br />
Körper nicht<br />
mehr so nachkommt,<br />
es<br />
überfordert die<br />
eigentlich sehr<br />
gute Anpassungsfähigkeit des<br />
Menschen“, sagt Prof. Andreas<br />
Matzarakis (59), Medizin-Meteorologe<br />
vom Deutschen<br />
Wetterdienst.<br />
Typische Folgen sind Atemwegserkrankungen,<br />
Herz-<br />
Kreislauf-Probleme, Gelenkschmerzen,<br />
Kopfschmerzen.