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4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 135 · F reitag, 14. Juni 2019<br />
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Politik<br />
NACHRICHTEN<br />
Grüne: Kindergrundsicherung<br />
von 280 Euro<br />
Elternsollen nach dem Willen der<br />
Grünen künftig proKind eine<br />
Grundsicherung von280 Euro monatlich<br />
bekommen. Familien mit<br />
kleinem Einkommen soll zusätzlich<br />
ein „GarantiePlus-Betrag“ zustehen,<br />
der vomihrem Einkommen und<br />
dem Alter der Kinder abhängt. Mit<br />
der Kindergrundsicherung wollen<br />
die Grünen das komplizierte System<br />
aus Kindergeld, Kinderfreibetrag,<br />
Kinderzuschlag und Hartz-IV-Satz<br />
für Kinder ablösen und Kinderarmut<br />
in Deutschland bekämpfen. (dpa)<br />
London stimmt Assanges<br />
Auslieferung in die USA zu<br />
Derbritische Innenminister Sajid Javid<br />
hat das Auslieferungsersuchen<br />
der USA fürWikileaks-Gründer Julian<br />
Assange zugelassen. Er habe den Antrag<br />
formell bestätigt, sagte Javid am<br />
Donnerstag in einem Interview mit<br />
dem BBC-Radio.Die Entscheidung<br />
liege aber bei der Justiz, betonte er.An<br />
diesem Freitag soll die nächste Anhörung<br />
in dem Fall stattfinden.Wegen<br />
derVeröffentlichung vongeheimem<br />
Material vonUS-Militäreinsätzen im<br />
Irak und in Afghanistan drohen ihm<br />
175 JahreHaft. (dpa)<br />
Entwicklung der Einwohnerzahl<br />
indexiert 1936=100<br />
Westdeutschland<br />
160<br />
Ostdeutschland<br />
120<br />
80<br />
40<br />
0<br />
1871 1945 ’61 ’90 2018<br />
BLZ/HECHER, GALANTY; QUELLE: IFO INSTITUT<br />
Ostbeauftragter mahnt<br />
Strukturförderung an<br />
DerOstbeauftragte der Bundesregierung,<br />
Christian Hirte, wirbt angesichts<br />
der schrumpfenden Bevölkerung<br />
im Osten für Strukturförderung<br />
im ländlichen Raum.„Die Erhebung<br />
belegt sehr deutlich: Ursache des<br />
massiven Bevölkerungsverlusts ist<br />
die schlechte Entwicklung im Osten<br />
nach der Teilung unseres Landes“,<br />
sagte der CDU-Politiker.„Dasverursacht<br />
einen Teil des Frustes und der<br />
gesellschaftlichen Probleme heute.“<br />
Dieseit dem Mauerfall 1989 bestehende<br />
Möglichkeit, gefahrlos den<br />
Wohnortzuwechseln, sei aber auch<br />
„Ausdruck der angestrebten und gewollten<br />
Freiheit“. Er forderte,bei der<br />
staatlichen Strukturförderung„den<br />
ländlichen Raum nicht zu vernachlässigen“.<br />
DieEinwohnerzahl im Osten<br />
ist laut ifo-Institut auf den Stand<br />
von1905 zurückgefallen. (mdc.)<br />
Boris Johnson gewinnt erste<br />
Abstimmung deutlich<br />
Derbritische Ex-Außenminister BorisJohnson<br />
ist als klarer Sieger aus<br />
der ersten Runde zurWahl des neuen<br />
Vorsitzenden der regierenden Tory-<br />
Partei hervorgegangen. Im ersten<br />
Wahlgang am Donnerstag stimmten<br />
114 von313 Tory-Abgeordneten im<br />
britischen Unterhaus für Johnson.<br />
Drei Bewerber für den Parteivorsitz<br />
schieden aus,damit sind jetzt noch<br />
sieben im Rennen. (AFP)<br />
Untreue-Ermittlungen gegen<br />
Ex-FPÖ-Chef Strache<br />
DieWirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft<br />
inWien hat im Zusammenhang<br />
mit dem„Ibiza-Video“<br />
Ermittlungen gegen Ex-FPÖ-Chef<br />
Heinz-Christian Strache und Ex-<br />
Fraktionschef Johann Gudenus (FPÖ)<br />
eingeleitet. Konkret gehe es um den<br />
Vorwurfder Untreue,sagte ein Sprecher.<br />
(dpa)<br />
„Wir brauchen keinen Neustart“<br />
CSU-Landesgruppenchef Dobrindt über die Arbeit der Koalition und den Grundrentenstreit mit der SPD<br />
Alexander Dobrindt, Chef<br />
der CSU-Landesgruppe,<br />
sitzt in seinem Büro imJakob-Kaiser-Haus<br />
im <strong>Berliner</strong><br />
Regierungsviertel und bereitet<br />
die Klausurtagung der Fraktionsspitzender<br />
großen Koalition vor. Der49-<br />
Jährige spricht nach dem Rücktritt<br />
der SPD-Partei- und Fraktionschefin<br />
Andrea Nahles über die anstehenden<br />
Aufgaben des Regierungsbündnisses<br />
und findet, dass Klimaschutz<br />
kein Saisonthema ist.<br />
Herr Dobrindt, glauben Sienach den<br />
Krisen der vergangenen Monate noch<br />
an den Bestand der großen Koalition?<br />
Ich glaube an den Erfolg dieser<br />
Koalition. Dafür arbeiten wir. Wir<br />
sind gemeinsam eineVerantwortung<br />
für vier Jahre eingegangen und haben<br />
einen guten Koalitionsvertrag<br />
ausgehandelt. Dengilt es abzuarbeiten.<br />
Ich rate allen dazu, die Verantwortung<br />
auch erfüllen zu wollen.<br />
Flucht aus der Verantwortung führt<br />
jedenfalls nicht zu mehr Zustimmung.<br />
Es ist also Zeit für einen Neustart?<br />
Die große Koalition braucht keinen<br />
Neustart. Sieist handlungs- und<br />
arbeitsfähig. DieSPD muss jetzt ihre<br />
Personalprobleme lösen und ein klares<br />
Bekenntnis zum Weiterregieren<br />
abgeben. Ich habe nach den ersten<br />
Tagen ein gutes Gefühl, was die Zusammenarbeit<br />
mit dem Interims-<br />
Fraktionsvorsitzenden der SPD, Rolf<br />
Mützenich, angeht.<br />
Jetzt treffen sich die GroKo-Fraktionsspitzen<br />
zu einer Klausurtagung. Welches<br />
Signal soll davon ausgehen?<br />
DieKlausur ist ein Signal der Stabilität.<br />
Wir zeigen, dass die Koalitionsfraktionen<br />
handlungsfähig sind.<br />
In der vergangenen Woche haben<br />
wir mit den Migrationsgesetzen bewiesen,<br />
dass wir in der Lage sind,<br />
schwierigste Probleme gemeinsam<br />
zu lösen. Schwerpunkte der Tagung<br />
sind Steuerpolitik, Wirtschaft,<br />
Pflege und eine zukunftsfähige Infrastruktur<br />
–vor allem im Bereich<br />
Mobilfunk. Das sind echte Zukunftsaufgaben.<br />
Hatdie Koalition bislang zu starkauf<br />
Sozialausgaben gesetzt?<br />
Klar ist: In Zeiten sinkender<br />
Wachstumszahlen brauchen wir<br />
eine Wachstumsdebatte und keine<br />
Sozialstaatsdebatte. Klar ist aber<br />
auch: Die Koalition ist besser als ihr<br />
Ruf: Rekordinvestitionen, Rekordentlastungen,<br />
Baukindergeld, Mütterrente<br />
II, Kindergelderhöhung,<br />
Senkung Arbeitslosenbeitrag, Migrationspaket<br />
und vieles mehr.<br />
Diese Erfolge müssen wir allerdings<br />
auch selbstbewusst verkaufen. Darüber<br />
hinaus müssen wir jetzt Ernst<br />
machen mit der Abschaffung des<br />
Soli. Wir haben vereinbart, im ersten<br />
Schritt den Soli für rund 90 Prozent<br />
der Steuerzahler abzuschaffen.<br />
Der Bundesfinanzminister muss<br />
dazu jetzt einen Gesetzentwurf vorlegen.<br />
Und die zweite Stufe, die restlichen<br />
zehn Prozent?<br />
ZUR PERSON<br />
PHOTOTHEK.NET/THOMAS TRUTSCHEL<br />
Alexander Dobrindt wurde am 7. Juni 1970 im bayerischen Peißenberggeboren.DasAbitur legte<br />
er am Gymnasium inWeilheim ab und leisteteZivildienst.An der Ludwig-Maximilians-Universitätin<br />
München studierte er von1989 bis 1995Soziologie. Dobrindt ist verheiratetund hat ein Kind.<br />
Die politische Karriere Dobrindts begann 1986 mit dem Eintritt in die JungeUnion. Seit<br />
1990 ist er Mitglied der CSU.Von 2009 bis 2013 hatte er die Funktion des Generalsekretärs<br />
bei den Christsozialen inne.<br />
Im Bundestag sitzt Dobrindt seit 2002.VonDezember 2013 bis Oktober 2017 war er Minister<br />
für Verkehr und digitale Infrastruktur.Inder aktuellen Legislaturperiode ist er Vorsitzender der<br />
CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag.<br />
Mir ist wichtig, dass wir bei der<br />
Entscheidung über die erste Stufe<br />
auch die Richtung für die nächsten<br />
Entlastungsschritte beschreiben.<br />
Abschließende Entscheidungen<br />
sind mit der SPD leider nicht zu erwarten.<br />
Explosionen im Golf<br />
Gilt das auch für das Streitthema<br />
Grundrente?<br />
Die SPD unterliegt einem Trugschluss.<br />
Sie glaubt ernsthaft, dass<br />
das Prinzip mehr Geld für alle unabhängig<br />
von Haushaltseinkommen<br />
auf massenhaften Zuspruch ihrer<br />
Wähler trifft. Die Menschen haben<br />
aber ein gesundes Gespür dafür, wo<br />
es gerechtfertigt ist, Lebensleistung<br />
mit einer Grundrente zu honorieren<br />
und wo nicht.<br />
Könnte die Union ein Scheitern der<br />
Grundrente denn den eigenen Leuten<br />
erklären?<br />
Wir wollen die Grundrente, weil<br />
wir Lebensleistung würdigen wollen.<br />
Aber man fragt sich doch, was die<br />
SPD eigentlich umtreibt, wenn sie<br />
die individuelle Einkommenssituation<br />
nicht prüfen will, bevor sie neu<br />
zusätzliche soziale Leistungen verteilt.<br />
Der SPD-Plan führt dazu, dass<br />
auch Renten von Ehepartnern aufgestockt<br />
werden, deren gemeinsames<br />
Haushaltseinkommen höher<br />
ist, als von manchen Arbeitnehmern,<br />
die dafür bezahlen sollen. Das<br />
kann nicht richtig sein und ist sozial<br />
ungerecht. Wenn die SPD das erkennt,<br />
wären wir sehr schnell in der<br />
Lage, Entscheidungen zur Grundrente<br />
zu treffen.<br />
Wiekönnte eine Lösung aussehen?<br />
So, wie im Koalitionsvertrag vereinbart:<br />
Grundrente bekommt, wer<br />
ein Bedürfnis dafür hat. DerBundesarbeitsminister<br />
hat einen Entwurf<br />
präsentiert, der zu 100 Prozent imWiderspruch<br />
zum Koalitionsvertrag<br />
steht und an dem er weiterhin besserwisserisch<br />
festhält. Das halte ich für<br />
ein Mitglied der Bundesregierung für<br />
ein wirklich irritierendes Vorgehen.<br />
Ist das Klimathema ein „Hype“, wie<br />
manche meinen?<br />
Klimaschutz ist kein Saisonthema.<br />
Die Union war es, die die Energiewende<br />
vorangetrieben hat. Mittlerweile<br />
kommen mehr als 40 Prozent<br />
unseres Stroms aus erneuerbaren<br />
Quellen. DasPariser Abkommen, das<br />
wir vollkommen unterstützen, hat<br />
berechtigte Erwartungen hervorgerufen.<br />
Klimaschutz wirdaktuell emotionaler<br />
aufgenommen als viele andereThemen<br />
in der Politik. Jetzt geht<br />
es um die Frage,wie wir diese Ziele erreichen.<br />
Eine CO 2 -Steuer, die nur zu<br />
höheren Spritpreisen an der Zapfsäule<br />
führt, sehe ich nicht als Lösung.<br />
Wersoein Ziel verfolgt, hat doch im<br />
Kopf, dass sich zukünftig Teile der Bevölkerung<br />
das Auto schlichtweg nicht<br />
mehr leisten können. Das ist nicht<br />
unser Weg. Aber über einen wirksamen<br />
Emissionshandel, der auch Mobilität<br />
einbezieht und europäisch<br />
Wirkung entfaltet, gilt es,Konzepte zu<br />
erarbeiten.<br />
DasGespräch führten Rasmus Buchsteiner<br />
und Gordon Repinski.<br />
Erneut gibt es Zwischenfälle vor Irans Küste. Auch der Tanker einer deutschen Reederei gerät in Not<br />
Schwere Zwischenfälle mit Tankern<br />
amGolf von Oman haben<br />
die Spannungen zwischen dem Iran<br />
und seinen arabischen Erzrivalen<br />
weiter erhöht. Betroffen waren am<br />
Donnerstag ein von einem deutschen<br />
Unternehmen gemanagter<br />
Frachter sowie ein Schiff einer norwegischen<br />
Reederei. Die norwegische<br />
Seefahrtsbehörde bestätigte einen<br />
Angriff auf den Öltanker „Front<br />
Altair“. Das norwegische Unternehmen<br />
Frontline meldete eine Explosion<br />
und einen Brand an Bord.<br />
Die deutsche Bernhard Schulte<br />
Shipmanagement (BSM) teilte mit,<br />
auch der mit Methanol beladene<br />
Tanker „Kokuka Courageous“ sei im<br />
hinteren Teil beschädigt und ein Besatzungsmitglied<br />
sei leicht verletzt<br />
worden. Die 21 Seeleute an Bord<br />
wurden von einem US-Marineschiff<br />
aufgenommen, wie ein Londoner<br />
Sprecher des in Singapur ansässigen<br />
Schiffsmanagement-Unternehmens<br />
sagte. Die Ladung sei intakt, der<br />
Frachter drohe nicht zu sinken. Auch<br />
die japanische FirmaKokuka Sangyo<br />
erklärte, ihr Tanker „Kokuka Courageous“<br />
sei betroffen.<br />
DieHintergründe der Vorfälle unweit<br />
der Küste des Irans waren zunächst<br />
ebenso unklar wie dieVerantwortlichen.<br />
In der Region wachsen<br />
die Spannungen zwischen dem sunnitischen<br />
Saudi-Arabien und seinen<br />
Verbündeten sowie dem schiitischen<br />
Iran. Das Königshaus in Riad wirft<br />
der Führung in Teheran vor, sich in<br />
die inneren Angelegenheiten arabischer<br />
Staaten einzumischen und die<br />
Region zu destabilisieren.<br />
EinSprecher der iranischen Flotte<br />
erklärte, mehrere Expertenteams<br />
seien mit Hubschraubern über dem<br />
Seegebiet im Einsatz, um die Zwischenfälle<br />
zu untersuchen. Der<br />
BSM-Sprecher konnte nicht sagen,<br />
was bei dem Zwischenfall genau<br />
passierte. Aufgrund der verschiedene<br />
Medienberichte gehe er von<br />
„etwas Feindseligem“ aus.<br />
Rohölpreise steigen<br />
Diebetroffene Meerenge ist eine der<br />
wichtigsten Seestraßen der Welt. Sie<br />
verbindet die ölreiche Golfregion mit<br />
dem offenen Meer. Über die Straße<br />
vonHormus läuft ein großer Teil des<br />
weltweiten Öltransports per Schiff.<br />
DieRohölpreise stiegen deutlich.<br />
Die USA haben den Iran für die<br />
mutmaßlichen Angriffe auf die bei-<br />
den Tanker verantwortlich gemacht.<br />
„Es ist die Einschätzung der US-Regierung,<br />
dass die Islamische Republik<br />
Iran verantwortlich für die Angriffe<br />
ist“, sagte US-Außenminister Mike<br />
Pompeo in Washington. Bundesaußenminister<br />
Heiko Maas nannte die<br />
mutmaßlichen Attacken außerordentlich<br />
beunruhigend. „Das sind<br />
Ereignisse, die zur Eskalation führen<br />
können“, sagte der SPD-Politiker.<br />
Dasnorwegische Seefahrtsamt erhöhte<br />
seine Sicherheitsstufe für das<br />
betroffene Gebiet. Erst vor vier Wochen<br />
hatten die Vereinigten Arabischen<br />
Emirate Sabotageakte gegen<br />
vier Handelsschiffe in derselben Region<br />
gemeldet. Nach saudischen Angaben<br />
wurden zwei Tanker des<br />
Landes beschädigt. Diegenauen Umstände<br />
blieben jedoch unklar. (dpa)<br />
Frotzeln<br />
in der analogen<br />
Welt<br />
YouTuber Rezo war zu Gast<br />
bei Jan Böhmermann<br />
VonImre Grimm<br />
Das war natürlich ein wahrhaftiger<br />
Coup für JanBöhmermann:<br />
Nicht Markus Lanz, nicht Maybrit Illner,<br />
nicht Anne Will wählte der You-<br />
Tuber Rezo für seinen ersten Fernsehauftritt,<br />
sondern Böhmermanns<br />
„Neo Magazin Royale“ – gestern<br />
Abend im ZDF-Tochterkanal<br />
ZDFneo und in der ZDF-Mediathek.<br />
Mit seinem 55-Minuten-Video<br />
„Die Zerstörung der CDU“ hatte der<br />
26-Jährige zur Europawahl das politische<br />
Establishment in Schnappatmung<br />
versetzt. Im alten Medium<br />
Fernsehen nun nutzte er die Gelegenheit,<br />
sich erneut als Jugendbeauftragter<br />
mit Mission zu empfehlen.<br />
„Auch kritische Fragen“ hatte<br />
Böhmermann versprochen, es sollte<br />
kein idyllisches Stelldichein zweier<br />
Politikprovokateure werden. Man<br />
war sich dann aber doch ziemlich einig<br />
– und blieb im Sicherheitsbereich<br />
der Ironie („Herzlich willkommen<br />
im richtigen Fernsehen!“).<br />
Beide witzelten über die aus Verzweiflung<br />
geborene konservative<br />
Theorie, Rezo werde heimlich von<br />
den Grünen bezahlt (Böhmermann:<br />
„Haben die Grünen dir gesagt, dass<br />
du das Video machen sollst?“ –KurzesZögern,<br />
kurzesKichern: „Nein.“).<br />
Und über die Selbstdemontage der<br />
CDU im Rezo-Afterschock („Annegret<br />
Kramp-Karrenbauer, die Führerinder<br />
künftig größten Oppositionspartei<br />
im Bundestag“).<br />
WarumerdasVideo gemacht hat?<br />
„Weil ich Bock drauf hatte.“ Hat er<br />
mit den Folgen gerechnet?„Nein. Ein<br />
einstündiges Video über eine Partei<br />
Kichernüber deutsche Politik: die Politprovokateure<br />
Rezo und Böhmermann. ZDF<br />
ist nicht das, was sonst so auf Youtube<br />
funktioniert.“ Was könnte<br />
Kramp-Karrenbauer mit ihrem Vorschlag<br />
für „analoge Regeln im digitalen<br />
Raum“ gemeint haben? „Kein<br />
Plan. Hat das jemand verstanden?<br />
Das war nicht sehr smart von ihr.“<br />
Tatihm die CDU auch mal leid? „Es<br />
tut mir leid für die Guten in der Partei.<br />
Nicht für diejenigen, die großen<br />
Scheiß gebaut haben. Es gibt auch in<br />
der CDU und SPD ein paar gute<br />
Leute.“ Plötzlich ein Polit-Prominenter<br />
zu sein, ist ihm sichtlich<br />
fremd. Ob er sich vorstellen könne,<br />
selbst Politik zu machen? „Nee, das<br />
wäremir echt zu stressig.“<br />
Mehr als 14,5 Millionen Mal<br />
wurde sein Video bisher geklickt.<br />
Fast im Alleingang zwang er CDU<br />
und SPD zur„Rezo-Zialisierung“ –zu<br />
einer Neuerfindung ihrer selbst also,<br />
sollten sie weiterhin Interesse an<br />
Jungwählerstimmen haben. In der<br />
halbrealen TV-Welt außerhalb des<br />
Social-Media-Kosmos aber wirkt er<br />
doch noch etwas unsortiert.<br />
Seine Tipps für Parteien, die nun<br />
händeringend nach Glaubwürdigkeit<br />
suchten, gingen kaum über „Die<br />
müssen weniger Scheiße bauen und<br />
nicht so künstlich sprechen“ hinaus.<br />
Am Ende blieb es ein zahmes Gipfeltreffen<br />
zweier Polit-Influencer, die<br />
sich gemeinsam an ihrem Dasein als<br />
Stachel im Fleisch des Politbetriebs<br />
erfreuten. Nachteile? Gabesauch. Er<br />
habe einen lukrativen Werbedeal<br />
verloren durch sein Video, sagte<br />
Rezo. Details verriet er nicht. „Es<br />
fühlt sich an, als sei ein neuer Cowboy<br />
inder Stadt, und der heißt Zivilgesellschaft“,<br />
sagte Böhmermann.