19.07.2019 Aufrufe

Berliner Kurier 18.07.2019

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

*<br />

POLITIK<br />

Ein höchst<br />

riskanterWeg<br />

MEINE<br />

MEINUNG<br />

Von<br />

Gordon<br />

Repinski<br />

Wennman den Erzählungen<br />

des <strong>Berliner</strong> Regierungsviertels<br />

nach dem Dienstagabend<br />

folgte,dann war alles<br />

eine Entscheidung der letzten<br />

Stunden. Annegret Kramp-<br />

Karrenbauer wollte zuerst<br />

nicht Verteidigungsministerin<br />

werden. JensSpahn war der<br />

Favorit. Im letzten Moment<br />

entschied sichKramp-Karrenbauer<br />

um und griff selbst nach<br />

dem Amt. Was wie Zauderei<br />

aussieht, hat Konsequenzen:<br />

Die Neuaufstellung leitet die<br />

nächste Phase der Arbeitder<br />

großenKoalitionein. Es ist<br />

womöglich die letzte.<br />

Kramp-Karrenbauer geht mit<br />

dem Schrittein erhebliches<br />

Risiko ein: Sie hat(wie Spahn)<br />

keinerlei Vorkenntnisse mit<br />

der Bundeswehr undihren<br />

Rüstungsprojekten und den<br />

vielen mehrfarbigen Sternen<br />

auf denSchulterklappen.Die<br />

Bundeswehr ist ein Bereich, in<br />

dem man als Neuling viele<br />

Fehler machen kann, viele<br />

Sprachcodesmissverstehen,<br />

viele Zeichen nicht richtig<br />

deuten.Zudem gibt es echte<br />

Probleme: DieAusstattung der<br />

Truppeist noch immer nicht<br />

zufriedenstellend, es gibt viel<br />

zu tun und große Unsicherheiten.<br />

AKK geht einRisiko ein.<br />

Sie will Kanzlerin werden.<br />

Doch der Wegdahin wird beschwerlich.<br />

MANN DESTAGES<br />

Andreas Scheuer<br />

Klartext gegen Rüpel: Verkehrsminister<br />

Andreas<br />

Scheuer (44) will härter<br />

gegen Verkehrsverstöße von<br />

E-Roller-<br />

Fahrern vorgehen.<br />

Deshalb bittet<br />

der<br />

Minister in<br />

einem<br />

Schreiben<br />

an die Kommunen,<br />

ihre<br />

Möglichkeiten<br />

„für eine<br />

sichere und sachgemäße Nutzung<br />

in vollem Rahmen“ auszuschöpfen.<br />

„Die sonstigen<br />

Grundregeln des Straßenverkehrs<br />

gelten selbstverständlich<br />

ebenfalls für Elektrokleinstfahrzeuge“,<br />

so Scheuer.<br />

Foto: Alexander Pohl/imago images/ZUMA Press<br />

Schleudersitz oder<br />

Sprungbrett für AKK?<br />

Annegret Kramp-Karrenbauer ist neue Verteidigungsministerin –und sitzt auf einem heißenStuhl<br />

Berlin – Nein, auf gar keinen<br />

Fall! So war es aus dem Umfeld<br />

von Annegret Kramp-<br />

Karrenbauer (AKK) immer<br />

wieder zuhören. Sie werde<br />

definitiv nicht als Ministerin<br />

ins Bundeskabinett<br />

wechseln, hatte die CDU-<br />

Vorsitzendeselbst noch vor<br />

zwei Wochen gesagt. Nun<br />

hat sie esdoch getan. Viele<br />

rätseln nun: Warum?<br />

Foto: Thomas Koehler/imago images/photothek<br />

iFoto: Felix Zahn/imago images/photothek<br />

Bussi nach der Ernennung: Die neue und die vorige Verteidigungsministerin<br />

Annegret Kramp-Karrenbauer (links) und Ursula vonder Leyen.<br />

Seit Februar 2018 hatte die 56-<br />

Jährige viermal versichert,<br />

nicht ins Bundeskabinett<br />

wechseln zu wollen. Gestern<br />

Vormittag erhielt sie aus den<br />

Händen des <strong>Berliner</strong> Bürgermeisters<br />

Michael Müller<br />

(SPD), der Bundespräsident<br />

Frank-Walter Steinmeier vertrat,<br />

ihreErnennungsurkunde<br />

als Verteidigungsministerin.<br />

Es sei ihr sehr bewusst, dass<br />

die Männer und Frauen in der<br />

Bundeswehr „in einer ganz<br />

besonderen Art und Weise<br />

ihren Einsatz zeigenfür dieses<br />

Land“, sagte AKK nach der<br />

Amtsübernahme. „Deswegen<br />

haben sie auch die höchste<br />

politische Priorität verdient,<br />

haben den vollen Einsatz verdient.“<br />

Eigentlich galt Gesundheitsminister<br />

Jens Spahn<br />

(CDU) als Favorit für das Amt.<br />

Einige Medien hatten am<br />

Dienstagabend den 39-Jährigen<br />

bereits als neuen „IbuK“<br />

(Inhaber der Befehls- und<br />

Kommandogewalt) vermeldet.<br />

Und auch Spahn soll darauf<br />

vorbereitet gewesen sein.<br />

Er gab sich aber überrascht:<br />

„Ich habe die Entscheidung<br />

der Parteivorsitzenden und<br />

der Kanzlerin, wie alle anderen<br />

Präsidiumsmitglieder<br />

auch, in der Telefonkonferenz<br />

erfahren.“<br />

Um 21 Uhr am Dienstagabend<br />

hatte sich das CDU-<br />

Präsidium inklusive Angela<br />

Merkel zu einer Telefonkonferenz<br />

verabredet. Zuerst<br />

sprach man über von der Leyens<br />

Wahl, dann über das Verhalten<br />

des Koalitionspartners<br />

in der Angelegenheit. Als das<br />

Gespräch praktisch beendet<br />

war, setzte AKK noch einmal<br />

an, so Teilnehmer: Sie habe<br />

sich in Absprache mit der<br />

Kanzlerin entschieden, als<br />

Verteidigungsministerin ins<br />

Kabinett einzutreten, erklärte<br />

Abschreiten der Ehrenformation: Ursula vonder Leyen(l.)und ihre<br />

Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer.<br />

sie. Die Runde soll von der<br />

Nachricht völlig überrascht<br />

worden sein. Es folgte sekundenlanges<br />

Schweigen, dann<br />

gab es Zustimmung. Nach einigen<br />

Sekunden fragte ein<br />

Teilnehmer, ob Spahn –<br />

eigentlich ein erklärter<br />

Merkel-Kritiker –noch<br />

in der Leitung sei. Der<br />

gratulierte darauf und<br />

versicherte, er mache<br />

seinen Job gern. Der<br />

Posten im Verteidigungsministerium<br />

gilt<br />

als der undankbarste in<br />

der Bundesregierung.<br />

Mehrere Minister wie<br />

Thomas de Maizière<br />

(CDU) oder Rudolf<br />

Scharping (SPD) mussten<br />

zurücktreten. Dazu<br />

kommen zahlreiche Affären<br />

und Skandale in dem<br />

Ministerium, wie die Berateraffäre,<br />

(Kosten-)Probleme<br />

bei der<br />

Materialbeschaffung<br />

oder rechtsradikale Vorfälle.<br />

Warum also begibt sich<br />

AKK auf diesen Schleudersitz?<br />

Oder kann er<br />

doch das Sprungbrett<br />

Richtung Kanzleramt<br />

sein? Denkbar ist, dass die<br />

Kanzlerin AKK zu dem<br />

Schritt drängte. Aus welchem<br />

Motiv heraus, ist<br />

unklar: Möglicherweise,<br />

um sie besser kontrollieren<br />

zukönnen oder um ihre<br />

Wunschnachfolgerin schon<br />

mal Kabinettsluftschnuppern<br />

zu lassen. Die größere Bühne<br />

hat AKK mit dem neuen Amt<br />

auf jedenFall.<br />

In der Opposition kommt<br />

der Schritt nicht gut an. Marie-Agnes<br />

Strack-Zimmermann<br />

(FDP): „Die gebeutelte<br />

Bundeswehr wird für Personalspielchenmissbraucht.“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!