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*<br />
POLITIK<br />
Ein höchst<br />
riskanterWeg<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Von<br />
Gordon<br />
Repinski<br />
Wennman den Erzählungen<br />
des <strong>Berliner</strong> Regierungsviertels<br />
nach dem Dienstagabend<br />
folgte,dann war alles<br />
eine Entscheidung der letzten<br />
Stunden. Annegret Kramp-<br />
Karrenbauer wollte zuerst<br />
nicht Verteidigungsministerin<br />
werden. JensSpahn war der<br />
Favorit. Im letzten Moment<br />
entschied sichKramp-Karrenbauer<br />
um und griff selbst nach<br />
dem Amt. Was wie Zauderei<br />
aussieht, hat Konsequenzen:<br />
Die Neuaufstellung leitet die<br />
nächste Phase der Arbeitder<br />
großenKoalitionein. Es ist<br />
womöglich die letzte.<br />
Kramp-Karrenbauer geht mit<br />
dem Schrittein erhebliches<br />
Risiko ein: Sie hat(wie Spahn)<br />
keinerlei Vorkenntnisse mit<br />
der Bundeswehr undihren<br />
Rüstungsprojekten und den<br />
vielen mehrfarbigen Sternen<br />
auf denSchulterklappen.Die<br />
Bundeswehr ist ein Bereich, in<br />
dem man als Neuling viele<br />
Fehler machen kann, viele<br />
Sprachcodesmissverstehen,<br />
viele Zeichen nicht richtig<br />
deuten.Zudem gibt es echte<br />
Probleme: DieAusstattung der<br />
Truppeist noch immer nicht<br />
zufriedenstellend, es gibt viel<br />
zu tun und große Unsicherheiten.<br />
AKK geht einRisiko ein.<br />
Sie will Kanzlerin werden.<br />
Doch der Wegdahin wird beschwerlich.<br />
MANN DESTAGES<br />
Andreas Scheuer<br />
Klartext gegen Rüpel: Verkehrsminister<br />
Andreas<br />
Scheuer (44) will härter<br />
gegen Verkehrsverstöße von<br />
E-Roller-<br />
Fahrern vorgehen.<br />
Deshalb bittet<br />
der<br />
Minister in<br />
einem<br />
Schreiben<br />
an die Kommunen,<br />
ihre<br />
Möglichkeiten<br />
„für eine<br />
sichere und sachgemäße Nutzung<br />
in vollem Rahmen“ auszuschöpfen.<br />
„Die sonstigen<br />
Grundregeln des Straßenverkehrs<br />
gelten selbstverständlich<br />
ebenfalls für Elektrokleinstfahrzeuge“,<br />
so Scheuer.<br />
Foto: Alexander Pohl/imago images/ZUMA Press<br />
Schleudersitz oder<br />
Sprungbrett für AKK?<br />
Annegret Kramp-Karrenbauer ist neue Verteidigungsministerin –und sitzt auf einem heißenStuhl<br />
Berlin – Nein, auf gar keinen<br />
Fall! So war es aus dem Umfeld<br />
von Annegret Kramp-<br />
Karrenbauer (AKK) immer<br />
wieder zuhören. Sie werde<br />
definitiv nicht als Ministerin<br />
ins Bundeskabinett<br />
wechseln, hatte die CDU-<br />
Vorsitzendeselbst noch vor<br />
zwei Wochen gesagt. Nun<br />
hat sie esdoch getan. Viele<br />
rätseln nun: Warum?<br />
Foto: Thomas Koehler/imago images/photothek<br />
iFoto: Felix Zahn/imago images/photothek<br />
Bussi nach der Ernennung: Die neue und die vorige Verteidigungsministerin<br />
Annegret Kramp-Karrenbauer (links) und Ursula vonder Leyen.<br />
Seit Februar 2018 hatte die 56-<br />
Jährige viermal versichert,<br />
nicht ins Bundeskabinett<br />
wechseln zu wollen. Gestern<br />
Vormittag erhielt sie aus den<br />
Händen des <strong>Berliner</strong> Bürgermeisters<br />
Michael Müller<br />
(SPD), der Bundespräsident<br />
Frank-Walter Steinmeier vertrat,<br />
ihreErnennungsurkunde<br />
als Verteidigungsministerin.<br />
Es sei ihr sehr bewusst, dass<br />
die Männer und Frauen in der<br />
Bundeswehr „in einer ganz<br />
besonderen Art und Weise<br />
ihren Einsatz zeigenfür dieses<br />
Land“, sagte AKK nach der<br />
Amtsübernahme. „Deswegen<br />
haben sie auch die höchste<br />
politische Priorität verdient,<br />
haben den vollen Einsatz verdient.“<br />
Eigentlich galt Gesundheitsminister<br />
Jens Spahn<br />
(CDU) als Favorit für das Amt.<br />
Einige Medien hatten am<br />
Dienstagabend den 39-Jährigen<br />
bereits als neuen „IbuK“<br />
(Inhaber der Befehls- und<br />
Kommandogewalt) vermeldet.<br />
Und auch Spahn soll darauf<br />
vorbereitet gewesen sein.<br />
Er gab sich aber überrascht:<br />
„Ich habe die Entscheidung<br />
der Parteivorsitzenden und<br />
der Kanzlerin, wie alle anderen<br />
Präsidiumsmitglieder<br />
auch, in der Telefonkonferenz<br />
erfahren.“<br />
Um 21 Uhr am Dienstagabend<br />
hatte sich das CDU-<br />
Präsidium inklusive Angela<br />
Merkel zu einer Telefonkonferenz<br />
verabredet. Zuerst<br />
sprach man über von der Leyens<br />
Wahl, dann über das Verhalten<br />
des Koalitionspartners<br />
in der Angelegenheit. Als das<br />
Gespräch praktisch beendet<br />
war, setzte AKK noch einmal<br />
an, so Teilnehmer: Sie habe<br />
sich in Absprache mit der<br />
Kanzlerin entschieden, als<br />
Verteidigungsministerin ins<br />
Kabinett einzutreten, erklärte<br />
Abschreiten der Ehrenformation: Ursula vonder Leyen(l.)und ihre<br />
Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer.<br />
sie. Die Runde soll von der<br />
Nachricht völlig überrascht<br />
worden sein. Es folgte sekundenlanges<br />
Schweigen, dann<br />
gab es Zustimmung. Nach einigen<br />
Sekunden fragte ein<br />
Teilnehmer, ob Spahn –<br />
eigentlich ein erklärter<br />
Merkel-Kritiker –noch<br />
in der Leitung sei. Der<br />
gratulierte darauf und<br />
versicherte, er mache<br />
seinen Job gern. Der<br />
Posten im Verteidigungsministerium<br />
gilt<br />
als der undankbarste in<br />
der Bundesregierung.<br />
Mehrere Minister wie<br />
Thomas de Maizière<br />
(CDU) oder Rudolf<br />
Scharping (SPD) mussten<br />
zurücktreten. Dazu<br />
kommen zahlreiche Affären<br />
und Skandale in dem<br />
Ministerium, wie die Berateraffäre,<br />
(Kosten-)Probleme<br />
bei der<br />
Materialbeschaffung<br />
oder rechtsradikale Vorfälle.<br />
Warum also begibt sich<br />
AKK auf diesen Schleudersitz?<br />
Oder kann er<br />
doch das Sprungbrett<br />
Richtung Kanzleramt<br />
sein? Denkbar ist, dass die<br />
Kanzlerin AKK zu dem<br />
Schritt drängte. Aus welchem<br />
Motiv heraus, ist<br />
unklar: Möglicherweise,<br />
um sie besser kontrollieren<br />
zukönnen oder um ihre<br />
Wunschnachfolgerin schon<br />
mal Kabinettsluftschnuppern<br />
zu lassen. Die größere Bühne<br />
hat AKK mit dem neuen Amt<br />
auf jedenFall.<br />
In der Opposition kommt<br />
der Schritt nicht gut an. Marie-Agnes<br />
Strack-Zimmermann<br />
(FDP): „Die gebeutelte<br />
Bundeswehr wird für Personalspielchenmissbraucht.“