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RETRO<br />
PATRICK SERCU<br />
Sercu (l.) und Eddy Merckx waren nicht<br />
nur Kollegen, sondern auch Freunde.<br />
ZEITENWECHSEL<br />
© Offside Sports Photography<br />
Eine Handvoll Winter-Bahnrennen überlebt, aber<br />
gerade so eben. Sercus Herzensprojekt Gent<br />
hängt teilweise von einem großen Kontingent anreisender<br />
britischer Fans ab. London wurde neu<br />
geboren; das heutige Format mit abendlichen statt<br />
nächtlichen Rennen entwickelte sich beim Skol in<br />
den späten 1960ern. Es war ein Moment, den<br />
Sercu zu genießen schien.<br />
„Der Direktor Ron Webb war der Vater der modernen<br />
Sechstagerennen; in London brauchtest du<br />
eine Lizenz, um eine Bar nach Mitternacht offenzuhalten,<br />
und Webb erkannte, dass er würde zahlen<br />
müssen, wenn er Fahrer zu einer Zeit fahren<br />
ließ, wo das britische Publikum nicht auftauchen<br />
würde. Früher fuhren wir von Mitternacht bis fünf<br />
Uhr morgens; Webb stellte das auf die Zeit von<br />
sechs Uhr abends bis Mitternacht um. Peter Post<br />
nahm das Format nach Rotterdam mit und alle<br />
machten es nach. Jetzt fahren sie in den Stunden,<br />
in denen wir uns früher ausruhten.“<br />
Als wir uns trafen, legte Sercu Wert darauf,<br />
mir die Bedeutung des Bahnradsports zu erklären,<br />
klarzumachen, was es ihm bedeutet hatte,<br />
was es gewesen war und was es sein sollte. Er war<br />
ein aus der Zeit gefallener Mann, der hart dafür<br />
gekämpft hatte, zu bewahren, was er für einen<br />
wichtigen Teil des Vermächtnisses des Radsports<br />
hielt. Er war Direktor des Velodroms in Gent geworden<br />
und hatte viel dazu beigetragen, dort die<br />
Tradition der Sechstagerennen aufrechtzuerhalten.<br />
Er protestierte, als ein Fahrer wie Bradley<br />
Wiggins – ein Mann mit einem Bahnhintergrund,<br />
der seinesgleichen sucht – nicht beim Sechstagerennen<br />
starten sollte, weil er sich auf die Tour<br />
konzentrieren musste.<br />
„Ich höre den Unsinn seit Jahren, dass, wenn<br />
ein Fahrer ein oder zwei Sechstagerennen fährt,<br />
er seine Form für das Frühjahr beeinträchtigt.<br />
Merckx hat 17 Sechstagerennen gewonnen.“ Um<br />
fair zu Wiggins zu sein: Er blieb Sercu treu und<br />
beendete seine Karriere bei dessen Gent Six, um<br />
den „König der Sechstagerennen“ in seinem Bemühen<br />
zu unterstützen, die Sechstagerennen am<br />
Leben zu erhalten. „Die Bahn ist die Grundschule<br />
des Radsports; ein Fahrer sollte sie an einem bestimmten<br />
Punkt besuchen“, schloss Sercu. „Aber<br />
das Problem ist, dass es nur von örtlichem Interesse<br />
ist, deswegen sind die größten Fahrer und die<br />
größten Teams nicht interessiert.“<br />
2 2<br />
PARIS–<br />
NIZZA<br />
ETAPPEN-<br />
SIEGE<br />
Für einen Bahnspezialisten war Patrick<br />
Sercu auf der Straße ausgesprochen<br />
erfolgreich. Vor allem bei Rundfahrten<br />
glänzte er; beim Giro d’Italia holte er<br />
insgesamt 13 Etappensiege.<br />
TOUR DE<br />
ROMANDIE<br />
4<br />
TIRRENO–<br />
ADRIATICO<br />
13<br />
GIRO<br />
D’ITALIA<br />
4<br />
CRITÉRIUM<br />
DU DAUPHINÉ<br />
6<br />
TOUR DE<br />
FRANCE<br />
86 PROCYCLING | AUGUST <strong>2019</strong>