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Festspielzeit Sommer Extra 2019

Das Magazin der Bregenzer Festspiele

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Vollkommen undruckbar« sei<br />

sein Reigen, konstatierte<br />

Arthur Schnitzler bereits<br />

bei der Fertigstellung 1897. In zehn<br />

erotischen Dialogen formieren sich<br />

Paarkonstellationen quer durch<br />

sämtliche Gesellschaftsschichten<br />

– im Beischlaf sind alle Menschen<br />

gleich, von der Dirne bis zum Graf<br />

und wieder zurück, Doppelmoral<br />

hin oder her. Der Skandal wurde<br />

groß: Erwartungsgemäß belegte die<br />

Zensur den Reigen mit zahlreichen<br />

Verboten, und als die ersten Aufführungen<br />

ganze 23 Jahre später zu<br />

Saalschlachten, Gerichtsprozessen<br />

und Stinkbomben führten, verbot<br />

Schnitzler ihn schließlich selbst.<br />

Die Musicbanda Franui wurde vor 26 Jahren von Andreas Schett (vorne mittig)<br />

gegründet und ist nach einer Almwiese im Tiroler Dorf Innervillgraten benannt,<br />

woher ein Großteil der Musiker stammt.<br />

ARTHUR SCHNITZLER: REIGEN<br />

Ein Stück wie gemacht für die<br />

Musicbanda Franui, die regelmäßig<br />

mit außergewöhnlichen Musiktheaterproduktionen<br />

für Furore<br />

sorgt. »Da fallen einem tausend<br />

Sachen ein!«, bestätigt Andreas<br />

Schett, Leiter des zehnköpfigen<br />

Ensembles. »Aus dem Text ergeben<br />

sich unglaublich tolle musikalische<br />

Milieus.«<br />

Gemeinsam mit Kontrabassist<br />

Markus Kraler hat er die typischen<br />

Szenerien und Charaktere des Wiener<br />

Fin de Siècle mit Motiven und<br />

Musikstücken unterschiedlichster<br />

Komponisten ausgestattet – von<br />

Ludwig van Beethoven über Robert<br />

Schumann bis John Cage. Bearbeitet<br />

für die unverwechselbare Franui-Besetzung<br />

aus Bläsern, Streichern<br />

und Volksmusikinstrumenten<br />

wie Zither und Hackbrett erklingt<br />

alles im neuen Gewand: Franz Schubert<br />

wird im Prater als Karussellmusik<br />

gespielt, im Chambre séparée<br />

sorgt Eric Satie für romantische<br />

Stimmung. Giuseppe Verdi dient als<br />

Reminiszenz an längst vergangene<br />

Flitterwochen in Venedig, und das<br />

böhmische Stubenmädchen wird<br />

von Gustav Mahler flankiert, der<br />

ebenfalls Exilböhme war. Musik und<br />

Text stellen sich gegenseitig in neue<br />

Kontexte, beide Seiten gewinnen.<br />

Die Idee dazu entstand bereits<br />

2005, als Franui bei der Ruhrtriennale<br />

eingeladen war – gemeinsam<br />

mit Sven-Eric Bechtolf, der Reigen<br />

zuvor am Burgtheater inszeniert<br />

hatte: »In der tristen Atmosphäre<br />

von Duisburg hat er uns immer<br />

aufgeheitert mit wunderbaren<br />

Reigen-Zitaten«, erzählt Andreas<br />

Schett mit einem Augenzwinkern.<br />

Bechtolf empfahl sich somit direkt<br />

als Sprecher für die männlichen<br />

Rollen, die Frauenfiguren liest<br />

Kammerschauspielerin und Trägerin<br />

des Alma-Seidler-Rings Regina<br />

Fritsch. »Eine Luxusbesetzung!«,<br />

schwärmt Schett. »Auch wenn man<br />

meint, dass man den Text schon<br />

kennt: Wenn die beiden ihn vorlesen,<br />

hat jeder Satz nochmal einen<br />

ganz anderen Widerhall.«<br />

Durch die Reduktion auf zwei<br />

Schauspieler entsteht ein besonders<br />

intimes Melodram, bei dem<br />

der Fokus ganz auf dem gesprochenen<br />

Wort und seinem Zusammenspiel<br />

mit der Musik liegt. Auch<br />

auf ein Bühnenbild wird bewusst<br />

verzichtet. »Es ist schön, wenn<br />

einfach nur zwölf Notenpulte auf<br />

der Bühne stehen. Da passiert dann<br />

alles im Kopf. Das ist Schnitzler<br />

pur!« Mit entsprechender Wirkung:<br />

»Die Leute lachen sich schief – und<br />

werden im nächsten Moment wieder<br />

bei der Gurgel gepackt.«<br />

FESTSPIELHAUS<br />

ARTHUR SCHNITZLER:<br />

REIGEN<br />

Musicbanda Franui |<br />

Fritsch | Bechtolf<br />

Vorstellung<br />

15. August – 19.30 Uhr<br />

Festspielhaus<br />

19

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