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4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 215 · M ontag, 16. September 2019<br />
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Politik<br />
NACHRICHTEN<br />
Deutsche in der Türkeizu<br />
hoher Haftstrafe verurteilt<br />
In der Türkei ist einem Bericht von<br />
WDR, NDR und Süddeutscher <strong>Zeitung</strong><br />
zufolge eine Deutsche zu sechs<br />
Jahren und drei Monaten Haft verurteilt<br />
worden. EinGericht im südtürkischen<br />
Karaman sah es demnach als<br />
erwiesen an, dass die 51-Jährige sich<br />
wegen ihrerVerbindungen zur Gülen-Bewegung<br />
strafbar gemacht hat.<br />
DieFrau, die 20 JahreinSüdwestdeutschland<br />
gelebt habe,habe ausschließlich<br />
die deutsche Staatsbürgerschaft<br />
und sei 2013 in die Türkei<br />
gezogen. Ausdem Auswärtigen Amt<br />
hieß es dazu, man beobachte den Fall<br />
aufmerksam. Einzelheiten wurden<br />
mit Hinweis auf die Persönlichkeitsrechte<br />
aber nicht genannt. DemBericht<br />
zufolge wurde die Frau bereits<br />
im Dezember schuldig gesprochen.<br />
Sollte ihreRevision scheitern, müsse<br />
sie die Strafe absitzen. (dpa)<br />
Rotes Kreuz wieder in<br />
Afghanistan aktiv<br />
Nach fünf Monaten Zwangspause<br />
hat das Internationale Komitee vom<br />
Roten Kreuz seine Arbeit in Afghanistan<br />
wieder in vollem Umfang aufgenommen.<br />
Grund ist, dass die Taliban<br />
ein im April2019 ausgesprochenes<br />
Tätigkeitsverbot aufgehoben haben.<br />
DieIslamisten erklärten, alle<br />
Talibankämpfer sollten für die Sicherheit<br />
der Rotkreuzmitarbeiter<br />
Sorgetragen. (dpa)<br />
Zehntausende Hongkonger<br />
demonstrieren<br />
Demonstranten in Hongkong haben sich<br />
mit Gasmasken ausgerüstet.<br />
AFP<br />
Trotz eines Verbots sind am Sonntag<br />
in Hongkong wieder Zehntausende<br />
für Demokratie und Freiheitsrechte<br />
auf die Straße gegangen. Dabei kam<br />
es zu Ausschreitungen. DiePolizei<br />
setzte Tränengas und Wasserwerfer<br />
ein, als radikale Demonstranten am<br />
Regierungssitz Steine und Brandsätzeauf<br />
Polizeikräfte warfen. Meist<br />
schwarzgekleidete,mit Gasmasken<br />
und Helmen ausgerüstete oder vermummte<br />
Aktivisten hatten Straßenblockaden<br />
errichtet und U-Bahn-<br />
Einrichtungen beschädigt. (dpa)<br />
USA bestätigen Toddes<br />
Sohns von Bin Laden<br />
US-Präsident Donald Trump hat den<br />
Toddes Sohnes des ehemaligen Al-<br />
Kaida-Chefs Osama bin Laden bestätigt.<br />
Hamsa bin Laden sei bei einem<br />
Anti-Terror-Einsatz „in der Region<br />
Afghanistan/Pakistan“ getötet<br />
worden, teilte das Weiße Haus mit.<br />
Als hochrangiges Al-Kaida-Mitglied<br />
sei Hamsa bin Laden für Terrorplanungen<br />
verantwortlich gewesen.<br />
DerZeitpunkt des Todes wurde nicht<br />
genannt. (dpa)<br />
Tunesien wählt neuen<br />
Präsidenten<br />
Rund 7,2 Millionen Tunesier waren<br />
am Sonntag aufgerufen, einen Nachfolger<br />
für den verstorbenen Präsidenten<br />
Beji Caid Essebsi zu wählen.<br />
Offiziell stehen 26 Kandidaten für<br />
das höchste Staatsamt zur Wahl. Es<br />
wurde erwartet, dass keiner der Kandidaten<br />
im ersten Wahlgang die absolute<br />
Mehrheit erreicht und es zu<br />
einer Stichwahl kommt. (dpa)<br />
„Wir haben eine passende Antwort“<br />
Der designierte Verdi-Chef Werneke über Kampfansagen der Arbeitgeber und das Ende der Schwarzen Null<br />
Fast 19 Jahre war Frank<br />
Bsirske das Gesicht der Gewerkschaft<br />
Verdi. Am Dienstag<br />
in einer Woche soll sein<br />
Nachfolger gewählt werden: Frank<br />
Werneke.ImInterview spricht der 52-<br />
Jährige über gute Nerven bei Tarifverhandlungen,<br />
die Zukunft der Altenpflege<br />
und das Konjunkturprogramm,<br />
das seiner Meinung nach<br />
dringend nötigist.<br />
Herr Werneke, Sie sollen Nachfolger<br />
vonFrank Bsirske als Verdi-Chef werden.<br />
Waswerden Sieanders machen?<br />
Sicher stehe ich auch für Kontinuität.<br />
Frank Bsirske und ich als sein<br />
Stellvertreter arbeiten seit vielen Jahren<br />
eng zusammen und haben gemeinsam<br />
mit dem gesamten Bundesvorstand<br />
vieles angestoßen. Wasuns<br />
verbindet, sind gemeinsame Ziele<br />
und Werte. Wirsind aber auch unterschiedliche<br />
Persönlichkeiten, jeder<br />
hat seinen eigenen Stil. Wenn ich gewählt<br />
werde, wird esmeine Aufgabe<br />
sein, Verdi in der Tarifpolitik möglichst<br />
schlagkräftig zu machen. Dazu<br />
müssen wir in Betrieben und Verwaltungen<br />
noch präsenter werden.<br />
Wie würden Sie Ihren Führungsstil<br />
beschreiben?<br />
Werführen will, muss Dinge aufnehmen<br />
und sehr gut zuhören können.<br />
Dasist die Grundlage,zum Beispiel<br />
aus einer Diskussion konstruktive<br />
Vorschläge zu entwickeln. Aber<br />
es gibt auch Situationen, in denen<br />
ich ungeduldig und sehr deutlich<br />
werden kann.<br />
Welche Fähigkeiten braucht ein guter<br />
Gewerkschafter bei Tarifverhandlungen?<br />
Geduld, Ungeduld, strapazierbareund<br />
gute Nerven. Bluffen hilft<br />
in diesem Bereich nicht weiter.<br />
Wichtig ist, klar, respektvoll und<br />
auch bei Kontroversen menschlich<br />
miteinander umzugehen. Für<br />
gewöhnlich sieht man sich ja nach<br />
einiger Zeit am Verhandlungstisch<br />
wieder.<br />
Undwie wichtig sind Streiks?<br />
Streiks sind ein wesentliches<br />
Mittel, wenn es am Verhandlungstisch<br />
nicht voran geht. Aber: Verdi<br />
hat im vergangenen Jahr Tausende<br />
von Tarifverhandlungen geführt.<br />
In 139 Fällen gab es Arbeitskampfmaßnahmen.<br />
Also eine begrenzte<br />
Zahl. Aber diese Streiks waren<br />
auch notwendig.<br />
Verdi sucht den Kompromiss, ist aber bereit, auf Kampfansagen zu reagieren. DPA (2)<br />
ZUR PERSON<br />
Frank Werneke, 52, wurde in Schloss Holte nahe Gütersloh geboren. Der gelernte Verpackungsmittelmechaniker<br />
ist seit 1985 in verschiedenen Funktionen für die IG Druck und Papier,später<br />
die IG Medien tätig gewesen. Beim Verdi-Gründungskongress 2001 wurde er in<br />
den Bundesvorstand, ein Jahr später später als Vizevorsitzender gewählt. 2018 wurde er von<br />
einer Findungskommission als Nachfolger des langjährigen Bundesvorsitzenden Frank Bsirske<br />
vorgeschlagen. Die Wahl vonWerneke, der SPD-Mitglied ist, soll am 24. September erfolgen.<br />
Kramp-Karrenbauers heikleMission<br />
Ohne die üblichen Rituale –beiderseitige<br />
Drohungen und dann Warnstreiks<br />
–scheint es aber nicht zu gehen.<br />
Muss das sein?<br />
Rituale würde ich das nicht nennen.<br />
Uns nervt es aber schon, wenn<br />
die andere Seite erst einmal zwei<br />
Warnstreikrunden braucht, um<br />
überhaupt ein Angebot vorzulegen.<br />
Ehrlich gesagt: Die Psychologie von<br />
Arbeitgeberverbänden erschließt<br />
sich mir manchmal nicht. Undwenn<br />
–wie zuletzt bei Ryanair –damit gedroht<br />
wird, Streikende zu kündigen,<br />
darf sich niemand wundern, wenn<br />
die Streikbereitschaft der Belegschaft<br />
wächst. Auf Kampfansagen<br />
haben wir noch immer eine passende<br />
Antwortgefunden.<br />
Unter Ihrer Führung wirdVerdi weiter<br />
den Konflikt suchen?<br />
Wirsuchen nicht den Konflikt, wir<br />
sind fähig zum Konflikt. Wenn eine<br />
Gewerkschaft nicht in der Lage ist,<br />
im Interesse ihrer Mitglieder im<br />
Zweifelsfall einen Arbeitskampf zu<br />
führen, hat sie ein Problem, denn<br />
dann wäre sie regelmäßig tarifpolitisch<br />
die Verliererin. Oft kommen wir<br />
aber zu Lösungen amVerhandlungstisch,<br />
nur weil die Arbeitgeber ganz<br />
genau wissen, dass wir auch in den<br />
Konflikt gehen könnten.<br />
In den vergangenen Monaten haben<br />
sich die Konjunkturaussichten rapide<br />
verschlechtert. Ist das deutsche<br />
Jobwunder bald vorbei?<br />
Wohin die Entwicklung geht, lässt<br />
sich noch nicht genau absehen. Die<br />
Wachstumsschwäche ist vor allem<br />
außenwirtschaftlich begründet –und<br />
politisch verursacht. Da denke ich an<br />
den Brexit oder an den Handelskonflikt<br />
zwischen den USA und China.<br />
Gegensteuernist jetzt notwendig.<br />
Undzwar wie?<br />
Wirmüssen die Binnennachfrage<br />
stärken, um die Wirtschaft weiter zu<br />
beleben. Eine Niedriglohnstrategie<br />
wäre völlig verfehlt und würde die<br />
Rezessionsgefahr noch erhöhen.<br />
Entscheidungen für massiveInvestitionen<br />
in Deutschland sind überfällig.<br />
Es muss etwas passieren. In den<br />
Kommunen gibt es einen Investitionsstau<br />
von knapp 200 Milliarden<br />
Euro.Die Konsequenz kann nur sein,<br />
sich von der Ideologie der SchwarzenNull<br />
zu verabschieden.<br />
DasGespräch führte<br />
Rasmus Buchsteiner.<br />
Am Dienstag wird die Verteidigungsministerin verkünden, wie sie das Beschaffungsamt der Bundeswehr reformieren will<br />
VonDaniela Vates<br />
Esist eine etwas größereMitarbeiterversammlung,<br />
die kommenden<br />
Dienstag in Koblenz stattfindet.<br />
Die Rhein-Mosel-Halle ist dafür gebucht,<br />
größer geht es nicht in der<br />
Stadt. Die wichtigste Rednerin wird<br />
aus Berlin anreisen: Bundesverteidigungsministerin<br />
Annegret Kramp-<br />
Karrenbauer will den Mitarbeitern<br />
des Bundeswehr-Beschaffungsamts<br />
verkünden, wie sie die Mammutbehörde<br />
umkrempeln will. Die ist so<br />
eine Art Einkaufsagentur der Bundeswehr:<br />
Wenn Panzer, Gewehre,<br />
Stiefel und Munition benötigt werden,<br />
läuft das über das Koblenzer<br />
Amt. Weil das Material öfters mal<br />
nicht, zu spät oder in schlechtem Zustand<br />
bei der Bundeswehr ankommt,<br />
gilt das Amt als Problemfall.<br />
Im Beschaffungsamt fühlt man<br />
sich ungerecht bewertet: „Was hier<br />
geleistet wird, ist absolut top“, sagt<br />
einer aus dem Haus.<br />
Die Reform der Beschaffung ist<br />
eine von Kramp-Karrenbauers ersten<br />
großen Aufgaben –und eine ihrer<br />
heikelsten. Die Ministerin fährt<br />
zweigleisig. Sie hat öffentlich die Erwartungen<br />
gedämpft und nach innen<br />
deutlich gemacht, dass es nicht<br />
ohne Reformgehen werde:„Wir wollen<br />
und müssen bei der Beschaffung<br />
besser werden“, sagte sie vergangene<br />
Woche in ihrer Haushaltsrede<br />
im Bundestag. Große Umbauten<br />
würden vermieden, aber man könne<br />
an kleineren Stellschrauben drehen.<br />
Bei einem Treffen mit Personalvertretern<br />
inihrem Ministerium einen<br />
Tagspäter machte sie nach Angaben<br />
von Teilnehmern klar: Man könne<br />
nicht alles beim Alten belassen. Das<br />
sei politisch nicht zu verkaufen.<br />
Unterstützung kommt dafür aus<br />
ihren eigenen Reihen. „Ein grundlegender<br />
Umbau, wie zum Beispiel<br />
eine Änderung der Rechtsform,<br />
würde das Amt für Monate lähmen“,<br />
sagte CSU-Verteidigungsexperte<br />
Reinhard Brandl der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
(Redaktionsnetzwerk Deutschland,<br />
RND).<br />
Die FDP warnt vor zu kleinen<br />
Schritten. Kramp-Karrenbauer habe<br />
in ihrer Antrittsrede als Ministerin<br />
eine große Reform versprochen.<br />
Nunzeige sich, „dass vondieser vielversprechenden<br />
Ankündigung nur<br />
noch ein laues Reformlüftchen übrig<br />
bleibt“, sagte die verteidigungspolitische<br />
Sprecherin der FDP-Fraktion,<br />
Maria-Agnes Strack-Zimmermann.<br />
„Mit solch einem halbherzigen<br />
Stückwerk kann man aber das dringend<br />
reformbedürftige Beschaffungswesen<br />
der Bundeswehr nicht<br />
neu aufstellen.“<br />
Die SPD-Verteidigungsexpertin<br />
Siemtje Möller plädierte für eine<br />
Auslagerung vonTeilen der Behörde.<br />
„Eine weitere Zentralisierung solcher<br />
Prozesse fernab der Küste hielte<br />
ich für den falschen Weg“, sagte sie.<br />
Die Projekte sollten dort gesteuert<br />
werden, „wo man die Bedarfe der<br />
Marine genauestens kennt“.<br />
2500 unbesetzte Stellen<br />
Der sicherheitspolitische Sprecher<br />
der Grünen-Fraktion, Tobias Lindner,sagte:„Eine<br />
Reformdes Beschaffungsamts<br />
wirdnichts nutzen, wenn<br />
die unbesetzten Stellen nicht besetzt<br />
werden.“ Von rund 11 500 Stellen<br />
sind derzeit etwa 2500 unbesetzt,<br />
also rund ein Fünftel.<br />
Die Personalvertreter der Behörde<br />
haben Kramp-Karrenbauer<br />
eine Liste von Sofortmaßnahmen<br />
vorgelegt. Dazu gehören nach RND-<br />
Informationen folgende Ideen: Beamten<br />
des Beschaffungsamtes sollten<br />
die üblichen Anforderungen für<br />
Beförderungen erspartbleiben. „Das<br />
Personalentwicklungskonzept<br />
zwingt Beamte alle zwei Jahreauf einen<br />
neuen Posten“, heißt es.„Dasist<br />
ein großes Handicap.“ Auf diese<br />
Weise gehe viel Expertise verloren.<br />
Immer wieder müssten sich Mitarbeiter<br />
neu in Projekte mit allen ihren<br />
technischen Feinheiten einarbeiten.<br />
„Das ist kontraproduktiv.“<br />
Ein weiterer Vorschlag: Die Präsidentin<br />
des Beschaffungsamtes<br />
müsse mehr Rechte zur Organisation<br />
ihrer Behörde bekommen, sich<br />
also seltener mit dem Verteidigungsministerium<br />
rückkoppeln müssen.<br />
Darüber hinaus müsse das Projektmanagement<br />
von Großprojekten<br />
wieder in den Abteilungen stattfinden<br />
statt Expertengruppen aus den<br />
Abteilungen auszugliedern. Damit<br />
seien die Experten auch für andere<br />
Aufgaben verfügbar und das Haus<br />
flexibler. Kramp-Karrenbauer habe<br />
sich bei dem Treffen eifrig Notizen<br />
gemacht, wird berichtet. Eigentlich<br />
sollte die Reform ihre Vorgängerin<br />
Ursula von der Leyen verkünden.<br />
Der Termin im Juli war bereits geplant.<br />
Dann kam ein Jobwechsel dazwischen:<br />
von der Leyen wurde EU-<br />
Kommissionspräsidentin.<br />
Norbert Hofer<br />
führt die FPÖ in<br />
die Wahl<br />
Österreichs Rechtspopulisten<br />
streben Koalition mit ÖVP an<br />
Nachdem sich FPÖ-Frontmann<br />
Heinz-Christian Strache in Österreich<br />
mit seiner „Ibiza-Affäre“<br />
selbst ins Ausmanövrierthat, muss es<br />
nun Norbert Hofer für die Rechtspopulisten<br />
richten. Der Übergangsparteichef<br />
wurde am Sonnabend beim<br />
Parteitag in Graz von der Mehrheit<br />
der Delegierten offiziell im Amt bestätigt<br />
und wirddie Partei in die Parlamentswahl<br />
in zweiWochen führen.<br />
Hofer ist für eine Fortsetzung der<br />
Koalition mit der konservativen ÖVP<br />
von Ex-Bundeskanzler Sebastian<br />
Kurz. Anders als Strache gilt Ex-Verkehrsminister<br />
Hofer als der sanfte,<br />
freundliche Rechte bei der FPÖ. Dem<br />
stets lächelnden Politiker bescheinigen<br />
sogar Widersacher Höflichkeit<br />
und die Fähigkeit, gut zuzuhören.<br />
Kritiker hingegen weisen darauf hin,<br />
hinter dem Lächeln stecke ein knallharter,unbeugsamer<br />
Ideologe.<br />
Nunmuss er beweisen, dass er die<br />
FPÖ-Hardliner hinter sich vereinen<br />
und den Parteiskandal überwinden<br />
kann, der zum Rücktritt Straches<br />
und zum Ende der Regierung führte.<br />
Hofer wurde in eine bürgerliche Familie<br />
hineingeboren und wuchs im<br />
Burgenland auf. 2016 inszenierte er<br />
sich im Wahlkampf für das Präsidentenamt<br />
als ehrlicher, netter und<br />
obendrein kompetenter Politiker,<br />
der über 20 Jahre Erfahrung mitbringt.<br />
Überraschend gut schnitt<br />
Hofer dabei ab, musste sich letztlich<br />
aber dem Grünen-Politiker AlexanderVander<br />
Bellen geschlagen geben.<br />
Der freundliche Rechte: NorbertHofer<br />
wurde zum FPÖ-Vorsitzenden gewählt. APA<br />
2017 übernahm der gelernte<br />
Flugingenieur in der Koalition aus<br />
ÖVP und FPÖ dann das Amt des Verkehrsministers.<br />
Hofer war einer der<br />
wichtigsten Berater von Ex-FPÖ-<br />
Chef Strache. Ihm gelang es, das<br />
Image der Rechtspopulisten aufzupolieren.<br />
Offen fremdenfeindliche<br />
und antisemitische Äußerungen<br />
wurden seltener, dafür fanden Themen<br />
wie sozialer Schutz Einzug in<br />
die FPÖ-Politik.<br />
Spazierengehen mit Pistole<br />
Seine tieferen politischen Überzeugungen<br />
hat der Burschenschaftler<br />
Hofer dabei aber nie verborgen. Er<br />
geht gerne mit einer Pistole spazieren<br />
und will Österreich, seine Kultur sowie<br />
seine Werte„gegen die neue Völkerwanderung“<br />
verteidigen. Hofer<br />
steht für ein „Recht auf Heimat“ und<br />
sieht im Schutz der Grenzen eines der<br />
wichtigsten politischen Projekte.<br />
Dass Hofer so schnell nicht aufgibt,<br />
hat er schon mehrfach bewiesen.<br />
Der 48-Jährige ist durch einen<br />
Sportunfall 2003 beim Paragliding<br />
beeinträchtigt und geht meistens am<br />
Stock. Direkt nach dem Unfall hatte<br />
er zunächst gelähmt im Rollstuhl gesessen.<br />
Hofer ist stolz darauf, dass er<br />
den Rollstuhl schließlich aus eigener<br />
Kraft wieder verlassen konnte. Trotz<br />
des Unglücks blieb er dem Amateurfliegen<br />
treu und besitzt seit 2018 eine<br />
eigene Cessna.<br />
In Umfragen steht die FPÖ bei 20<br />
Prozent. Im Vergleich zur Wahl 2017<br />
würde die Partei damit zwar rund<br />
sechs Prozentpunkte verlieren, im<br />
Vergleich zu den Umfragen kurz vor<br />
der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“<br />
sind es aber gerade einmal<br />
zwei bis drei Prozent. (AFP,dpa)