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Berliner Zeitung 18.09.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 217 · M ittwoch, 18. September 2019 5<br />

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Hauptstadt<br />

Größte CO2-Verursacher<br />

Top Ten weltweit,<br />

in Millionen Tonnen 2017<br />

China<br />

10 877<br />

USA<br />

5107<br />

EU<br />

3548<br />

Indien<br />

2455<br />

Russland<br />

1765<br />

Japan<br />

1321<br />

Deutschland<br />

796<br />

Südkorea<br />

673<br />

Iran<br />

671<br />

Saudi Arabien<br />

639<br />

Treibhausgas-Emissionen<br />

gerundet in Millionen Tonnen<br />

Kohlendioxid-Äquivalente*<br />

*Erderwärmungspotenzial von Treibhausgasen<br />

umgerechnet in die entsprechende<br />

Menge Kohlendioxid<br />

F-Gase gesamt (Schätzung 2018,<br />

Emissionen für F-Gase gesamt)<br />

Stickstofftrifluorid (NF3)<br />

Schwefelhexafluorid (SF6)<br />

Perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW)<br />

Wasserstoffhaltige Fluorchlorkohlenwasserstoffe<br />

(H-FKW)<br />

Distickstoffoxid (Lachgas, N2O)<br />

Methan (CH4)<br />

Kohlendioxid (CO2)<br />

1200<br />

Gesamt<br />

1251<br />

1204<br />

Für die Bundeskanzlerin und<br />

sechs Bundesminister<br />

dürfte der kommende Freitag<br />

einer der wichtigsten<br />

Arbeitstage in dieser Legislaturperiode<br />

werden: In zwei Tagen will das<br />

Klimakabinett die Ergebnisse seiner<br />

Beratungen vorlegen. Dann wird<br />

sich zeigen, ob Deutschland wirklich<br />

„den Turbo einlegt“, so wie es die<br />

CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-<br />

Karrenbauer vor einigen Tagen verlangt<br />

hat.<br />

Nötig wäre es: Die Grafik auf dieser<br />

Seite zeigt, dass die Reduzierung<br />

des CO 2 -Ausstoßes vor allem unter<br />

dem Prinzip „Hoffen auf die Zukunft“<br />

funktioniert. Seit vielen Jahren<br />

sind die Werte relativ gleich. Wer<br />

Durchstarten fürs Klima<br />

Dreimal hat das Klimakabinett hinter verschlossenen Türen getagt. Am Freitag soll es Ergebnisse geben. Die Erwartungen sind hoch<br />

VonChristine Dankbar<br />

sich ansieht, wie rasant die Reduzierung<br />

nun bis 2050 vonstatten gehen<br />

soll, kann nichts anderes erwarten<br />

als einen kompletten Paradigmenwechsel<br />

in der Klimapolitik. „Nachdem<br />

die Regierung zehn Jahre Klimapolitik<br />

komplett verschlafen hat,<br />

muss jetzt etwas richtig Großes passieren“,<br />

sagt dieVorsitzende des Umweltausschusses<br />

im Bundestag, Sylvia<br />

Kotting-Uhl (Grüne). „Ansonsten<br />

haben wir ein richtiges, massives<br />

Problem.“ Sie selbst sagt, sie wisse<br />

nicht, wie die Verhandlungen bisher<br />

gelaufen seien. Dreimal hat das Klimakabinett<br />

getagt, im April, im Mai<br />

und im Juli, und dann immer hinter<br />

verschlossenen Türen. Auch die<br />

Statements, die die Politiker abgaben,<br />

waren eher dürftig. Als Ausgleich<br />

dafür kursierten gerade in den<br />

vergangenen Tagen eine Menge Vorschläge<br />

durch die Medien –allesamt<br />

von Politikern, die dem Klimakabinett<br />

nicht angehören.<br />

DieCSU, derenVorsitzender Markus<br />

Söder seine zutiefst grüne Seele<br />

entdeckt hat, schlug vor, Billigflüge<br />

mit Strafsteuern zu belegen. Die<br />

CDU setzte sich für die Erhöhung<br />

der Luftverkehrssteuer ein, die SPD<br />

lehnte das ab. Klar scheint zu sein,<br />

dass der Ausstoß von Kohlendioxid<br />

verteuert werden soll, doch wie, ist<br />

ebenfalls noch nicht abzusehen. Betont<br />

wird aber immer wieder, dass<br />

der Normalverbraucher finanziell<br />

nicht weiter belastet werden sollte.<br />

Im Gegenteil: Wer CO 2 spart, soll<br />

künftig Geld sparen können. Für die<br />

Grünen ist das ein netter Versuch,<br />

der längst nicht weit genug reicht.<br />

„Man schafft die Klimawende nicht<br />

ohne Ordnungspolitik“, sagt Kotting-Uhl.<br />

„Wenn man nur über SparanreizeVerhaltensänderungen<br />

erreichen<br />

will, dann wird man weder bei<br />

den Bürgern noch in der Wirtschaft<br />

die notwendigen Ziele erreichen.“<br />

Mankann sich das beim Auto mal<br />

durchdenken. Das ist mehr denn je<br />

der Deutschen liebstes Statussymbol.<br />

Nach einer aktuellen Datenauswertung<br />

des Spiegel kommen hierzulande<br />

auf 1000 Einwohner 567<br />

Pkw, die meisten natürlich mit Verbrennungsmotoren.<br />

Verkehrswende<br />

nicht in Sicht. Eigentlich sollten in<br />

Deutschland im Jahr 2020 eine Million<br />

E-Autos fahren. Derzeit sind es<br />

rund 80 000. Ladepunkte dafür gibt<br />

es weniger als 20 000. Ernüchternd.<br />

Doch klar ist immerhin, dass das<br />

Thema Klimaschutz in der Politik<br />

angekommen ist und ernst genommen<br />

wird–allerdings mit deutlichen<br />

Unterschieden bei den Ressorts.„Im<br />

Umweltausschuss ist allen klar, dass<br />

etwas getan werden muss“, sagt Kotting-Uhl.<br />

„Im Wirtschaftsausschuss<br />

hören Sie dann eher den Hinweis,<br />

dass Klimaschutz unseren Wohlstand<br />

inGefahr bringt.“ Noch zwei<br />

Tage, dann erfahren die Bürger, ob<br />

das Klimakabinett eine Antwortdarauf<br />

hat.<br />

1154 1145 1126 1123 1141 1106<br />

1081<br />

1047 1045 1060 1039 1036 1019 993 1001<br />

974 976<br />

1000<br />

908<br />

943 920 925 942 903 907 911<br />

907<br />

866<br />

(geschätzt)<br />

800<br />

751<br />

600<br />

563<br />

400<br />

200<br />

Ziele 2020<br />

bis 2050:<br />

weitgehende<br />

Klimaziele<br />

Treibhausgasder<br />

Bundesregierung<br />

Neutralität<br />

(2010)<br />

0<br />

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2020 2030 2040 2050<br />

375<br />

QUELLE: UMWELTBUNDESAMT, KLIMAFAKTEN.DE<br />

PLATZ DER REPUBLIK<br />

So mookt<br />

wi dat<br />

Tobias Miller<br />

lernt, dass auch im Norden Wein angebaut wird.<br />

Abendtermine im Regierungsviertel<br />

müssen nicht langweilig sein.<br />

Meist finden sie an interessanten Orten<br />

statt, die man sonst nicht so ohne<br />

weiteres betreten kann. An diesem<br />

Abend war es der Bundesrat in der<br />

Leipziger Straße. Inder Regel trifft<br />

man interessante Menschen, unterhält<br />

sich gut, knüpft am Netzwerk,<br />

und im besten Fall lernt man auch<br />

noch was.Zum Beispiel, dass Schleswig-Holstein<br />

ein Weinland ist. Kaum<br />

vorstellbar,oder?<br />

Es war der Presseabend des Bundesratspräsidenten.<br />

Derzeit ist das<br />

Daniel Günther,imBrotberuf Ministerpräsident<br />

von Schleswig-Holstein.<br />

Jeweils für ein Jahr übernimmt<br />

einer der 16 Länderchefs die Aufgabe,<br />

der Länderkammer vorzustehen;<br />

nach Bundespräsident, Bundestagspräsident<br />

und Kanzlerin immerhin<br />

das vierthöchste Amt im<br />

Land. Das machen die Ministerpräsidenten<br />

alle gern. Die Bühne ist<br />

dann doch meist ein wenig größer<br />

und glamouröser als zuhause. Da<br />

wird man gerne beim Ortstermin<br />

auch mal nach dem Planungsstand<br />

der Ortsumgehungsstraße gefragt<br />

oder nach der fehlenden Schaukel<br />

auf dem Spielplatz.<br />

Günthers Präsidenten-Jahr geht<br />

langsam zu Ende.Also Zeit, ein bisschen<br />

Bilanz zu ziehen. Das Jazz-Trio<br />

in der Ecke legt für einen Moment<br />

die Instrumente zur Seite. Großartige<br />

Erfahrung, tolle Reisen, sagt<br />

Günther. Ein bisschen stolz ist er,<br />

dass er die elektronische Abstimmung<br />

im Bundesrat durchsetzte.<br />

Beim Handauszählen sei es ja nicht<br />

immer einfach, den Überblick zu<br />

wahren. „In den Ländern gibt es inzwischen<br />

13 verschiedene Koalitionen“,<br />

sagt Günther. Inihren Vorbesprechungen<br />

tun SPD und CDU aber<br />

immer noch so, als ob Voten allein<br />

von ihnen abhängen, wundert er<br />

sich ein wenig.<br />

Während er redet, bringen<br />

freundliche Kellner natürlich Flensburger<br />

Pils (das mit dem Plopp) und<br />

Grauburgunder. „Dabei hat Schleswig-Holstein<br />

einen eigenen Wein“,<br />

sagt Günther. Seit immerhin zehn<br />

Jahren wird imhohen Norden Wein<br />

angebaut. Damals hat man Rheinland-Pfalz<br />

von den deutschen Anbauflächen<br />

zehn Hektar abgeluchst.<br />

EinBlick ins Netz: Vorallem die Rebsorte<br />

Solaris wird angebaut, bei der<br />

sind laut Wiki „die Lageansprüche<br />

sehr gering“. RauerNorden eben.<br />

Seit etwa zwei, drei Jahren sei das<br />

Ergebnis sogar sehr gut trinkbar,<br />

versichert Günther. Man könnte<br />

also sagen, seit er Ministerpräsident<br />

ist. EinPolitiker,der aus PlörreWein<br />

machen kann? In der CDU gilt Günther<br />

als Mann mit Zukunft. Vielleicht<br />

liegt es beim Wein dann aber<br />

doch eher am Klimawandel. Das<br />

Statistische Bundesamt registriert<br />

in seinem Weinmost-Bericht zwar<br />

keine Einträge in den Sparten Qualitäts-<br />

oder Prädikatswein, aber den<br />

Landwein hätte man schon gerne<br />

probiert.<br />

DerWein nennt sich„Somookt wi<br />

dat“. Nun sind noch mal vier Hektar<br />

dazugekommen, erzählt Justizministerin<br />

Sabine Sütterlin-Waack, die<br />

als Verbraucherschutzministerin für<br />

den Wein zuständig ist. Sie hat Günther<br />

nach Berlin begleitet. Und so<br />

langsam werde es schwierig in<br />

Schleswig-Holstein mit dem Wein,<br />

sagt sie. „Uns gehen die Hanglagen<br />

aus.“

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