ocean7 6/2019
Islas Baleares: Mallorca, Menorca, Ibiza – so geht Inselhopping auf spanisch. Charter-News: Wie war 2019, was kommt 2020? Experten geben Auskunft. The Austrian Ocean Race Project: Mit „Sisi" geht die österreichische VO 65 um die Welt. Best of Boats 2019: Frauscher, Marian, Silent Yachts: drei Austro-Boote im Finale. Bavaria C50: Deutsches Engeneering trifft italienisches Design. Jeanneau NC 37: Familienappartement mit viel PS. Tuche für die Persenning: Die passende Wahl, die richtige Pflege. Der Mond und das Meer: Im Bann der Gezeiten.
Islas Baleares: Mallorca, Menorca, Ibiza – so geht Inselhopping auf spanisch.
Charter-News: Wie war 2019, was kommt 2020? Experten geben Auskunft.
The Austrian Ocean Race Project: Mit „Sisi" geht die österreichische VO 65 um die Welt.
Best of Boats 2019: Frauscher, Marian, Silent Yachts: drei Austro-Boote im Finale.
Bavaria C50: Deutsches Engeneering trifft italienisches Design.
Jeanneau NC 37: Familienappartement mit viel PS.
Tuche für die Persenning: Die passende Wahl, die richtige Pflege.
Der Mond und das Meer: Im Bann der Gezeiten.
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Sailing Poetry<br />
Herr Goethe segelt<br />
nach Palermo<br />
Mit der Katawa folgen wir Goethes Kurs, von Neapel vorbei am Stromboli nach Sizilien,<br />
wo er beginnt, Nausikaas kleine Liebesgeschichte mit Odysseus umzuschreiben.<br />
In der Bibliothek der Casa di<br />
Goethe schreibe ich am Rom<br />
Kapitel meines eben publizierten<br />
Buchs „Flaneurgeschichten aus der<br />
imaginären Metropole Europas“;<br />
die Katawa liegt in der Marina di<br />
Porto di Roma, südlich der Tibermündung,<br />
dort wo einst Aeneas<br />
landete, Rom zu gründen.<br />
„Et in Arcadia ego“ notiert<br />
Goethe in seiner „Italienischen<br />
Reise“ und wendet sich wieder dem<br />
„Faust“ zu, verliebt sich zudem in<br />
eine junge Römerin aus dem Volk:<br />
Oft hab ich schon in ihren Armen<br />
gedichtet/und des Hexameters<br />
Maß/leise mit fingernder Hand/ihr<br />
auf den Rücken gezählt.<br />
Goethe reist nach Neapel, Nea<br />
Polis, wie diese griechische Stadtgründung<br />
einst hieß, besteigt dort<br />
ein Segelschiff, das Sizilien anläuft,<br />
eine Korvette, militärisch gerüstet<br />
der Seeräuber wegen. Goethe, ihn<br />
Landratte zu nennen verbietet mir<br />
der Respekt, schreibt: Eine Seereise<br />
fehlte mir ganz in meinen Begriffen,<br />
diese Überfahrt wird meiner Einbildungskraft<br />
nachhelfen und mir<br />
die Welt erweitern.<br />
Als Goethe ablegt weht kein förderlicher<br />
Nordost, sondern ein lauer<br />
Südwest; und so erfuhren wir denn<br />
wie der Seefahrer vom Eigensinn<br />
des Wetters abhängt … bei Tagesanbruch<br />
fanden wir uns zwischen Ischia<br />
und Capri, mit halbem Winde<br />
setzten wir unsern Weg fort, der<br />
Vesuv verlor sich gegen vier Uhr<br />
aus den Augen, auch Ischia und Kap<br />
Minerva verschwanden … nachts<br />
ein Sturm, die Segel werden gestrichen,<br />
Goethe ist seekrank …<br />
anderntags fanden wir uns Palermo<br />
ALFRED ZELLINGER<br />
ist Schriftsteller und<br />
erlernte das Segeln in<br />
der O-Jolle des Vaters<br />
auf dem Traunsee. Dort<br />
segelt er heute einen<br />
30er-Schärenkreuzer,<br />
auf dem Meer eine 46er<br />
Grand Soleil.<br />
kolumne@<strong>ocean7</strong>.at<br />
In der Bucht von Neapel.<br />
gegenüber, mit Not gelangten wir<br />
nachmittags in den Hafen. Ich eilte<br />
sogleich, einen Homer zu kaufen, jenen<br />
Gesang wieder zu lesen und die<br />
Geschichte der Nausikaa als Tragödie<br />
zu schreiben … Homers so leichte<br />
Liebes geschichte als schwere deutsche<br />
Tragödie zu fassen hat Goethe<br />
zum Glück wieder verworfen.<br />
Für die Überfahrt von Neapel<br />
nach Sizilien, die ich mit der Katawa,<br />
zugegeben mit Motorunterstützung,<br />
einen Tag und eine Nacht segelte,<br />
war Goethe vier Tage<br />
unterwegs. Seine Rückfahrt erfolgt<br />
von Messina aus: zu Scylla und<br />
Charybdis merkt er an: Man hat<br />
sich über die Fabelei des Poeten<br />
beschwert, die beiden in der Natur<br />
weit auseinander stehenden Merkwürdigkeiten<br />
so nah zusammenzurücken;<br />
Goethe wusste nicht, wie<br />
rasch bei Strömung und widrigem<br />
Wind das Land dem Boot gefährlich<br />
nahe kommen kann.<br />
„Ich wurde wieder seekrank und<br />
so stellte ich seekranke Betrachtungen<br />
an, eines auf der Woge des<br />
Lebens hin und wider Geschaukelten<br />
… nachts bedrohte uns ein<br />
Unheil, wir befanden uns schon in<br />
der Strömung, die sich um die Insel<br />
bewegt und uns langsam nach den<br />
schroffen Felsen hinzieht, nicht die<br />
geringste Bewegung war in der Luft<br />
zu bemerken, die Brandung schien<br />
sich zu vermehren … aufgeweckt<br />
ward ich durch ein Getöse über mir,<br />
ich konnte vernehmen, dass es die<br />
großen Seile waren, die man auf<br />
dem Deck hin und wieder schleppte,<br />
dies gab mir die Hoffnung, dass<br />
man von den Segeln Gebrauch<br />
machte, nach einer Weile erfuhr ich,<br />
dass man gerettet sei, der gelindeste<br />
Windhauch habe sich erhoben …<br />
nun ich alle diese Küsten und Vorgebirge,<br />
Golfe und Buchten und das<br />
alles umgebende Meer im Geiste gegenwärtig<br />
habe, nun ist mir erst die<br />
Odyssee ein lebendiges Wort“,<br />
schreibt Goethe. Wie es das, werter<br />
Homer-Entdecker aus dem Norden,<br />
für jeden Segler ist, der in Odysseus<br />
Meeren sich herumtreibt.<br />
Der Nausikaa-Geschichte habe<br />
übrigens auch ich mich gewidmet –<br />
nachzulesen in <strong>ocean7</strong> 5/2018. <br />
Im nächsten Sailing Poetry, meine<br />
Damen und Herren, werden wir die<br />
Segelsaison auf der Themse in London<br />
beschließen, mit einer Wayfarer<br />
Jolle des Shadwell Segelclubs. Und<br />
ich werde die Fabel vom Londoner<br />
Stadtfuchs Romeo erzählen.<br />
82 6/<strong>2019</strong>