Seminarfacharbeit - Kampfsport - Shotokan Dojo Jena eV
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Wut führt immer zu einer körperlichen Anstrengung: Bauch- und Armmuskulatur<br />
versteifen sich, Blutdruck und Atemfrequenz steigen etc. Weiterhin bewirkt die<br />
intensive gedankliche Fixierung auf eine Bewegung, dass die an der reellen<br />
Ausführung beteiligten Muskelpartien einer (geringen) Anspannung unterliegen. Dieses<br />
Phänomen ist als ideomotorische Reaktion oder Carpenter-Effekt bekannt.<br />
Andererseits wirkt auch eine physische Spannung auf die Psyche zurück. Wenn man<br />
einen Zwirnsfaden in ein Nadelöhr einführen will und dies nicht beim ersten Mal gelingt,<br />
verkrampfen sich nach kurzer Zeit Finger und Hände. Die Folge: Man ist frustriert.<br />
In sämtlichen Weg-Künsten Japans und Chinas wird deshalb größter Wert auf eine<br />
eigentlich ganz natürliche Sache gelegt: das Atmen. Hintergrund dieser<br />
Schwerpunktsetzung ist folgender Sachverhalt. Durch die Atmung wird permanent der<br />
Entspannungszustand des Körpers geregelt. Bei erschreckenden Erlebnissen<br />
beispielsweise kommt es immer wieder zu Atemaussetzern. Es verschlägt einem<br />
sprichwörtlich den Atem. Das bewirkt, dass Muskeln sich verkrampfen und demzufolge<br />
auch eine psychische Aggression aufgebaut werden kann. Atemübungen reduzieren<br />
die Reize der Umwelt auf ein Minimum. Meist werden die Augen geschlossen. In dieser<br />
Situation merkt man zum ersten Mal ganz bewusst, wie komplex jeder von uns<br />
vollbrachte Vorgang ist. Denn schon beim bloßen Atmen gehen dem Ungeübten<br />
tausende unterschiedliche Gedanken durch den Kopf. Wie soll sich aber jemand bei<br />
den weitaus aufwendigeren Vorgängen und Bewegungsabläufen entspannen können,<br />
wenn er es nicht einmal beim Atmen vermag?<br />
In allen Dō-Künsten, also auch im Kempo, ist nicht nur die Atmung von größter<br />
Wichtigkeit, sondern auch die körperliche Organisation, die Haltung. „Das Skelett des<br />
Menschen ist so gebaut, daß es fast unmöglich ist, die Atmung richtig zu organisieren,<br />
wenn nicht auch das Skelett […] zweckmäßig organisiert ist.“ 91 Dieses Zitat stammt<br />
von Moshé Feldenkrais, dem Menschen, den Kano berufen hat, das Judō in Europa<br />
einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.<br />
Für Feldenkrais ist Haltung die optimale, stabile Abstimmung der Körperelemente<br />
aufeinander. Sie ist nicht statisch, sondern muss jeder Situation neu angepasst<br />
werden. Protagonist ist die Beckenpartie, da sie die im Durchmesser größten Muskeln<br />
beherbergt. Aufgrund der Tatsache, dass Muskelkraft und -durchmesser in einem<br />
direkten Verhältnis stehen, ist die Beckenmuskulatur diejenige, die am meisten leisten<br />
kann und soll. In der Kampfkunst-Literatur liest man immer wieder, dass jede<br />
Bewegung ihren Ursprung im Dantian haben muss, d.h. nach Feldenkrais, jede<br />
Bewegung muss ihren Ursprung im optimalen Einsatz des Unterleibs haben.<br />
91 Feldenkrais: Bewusstheit durch Bewegung, S. 64<br />
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