advantage Nr 1 März 2019
Vorteil in Wirtschaft und Leben
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Foto: Hilfswerk Kärnten<br />
Den Menschen<br />
helfen, fit zu bleiben<br />
Der Anteil alter Menschen wird in den nächsten Jahren<br />
sukzessive steigen. Das stellt die Gesellschaft vor eine<br />
Fülle von Herausforderungen.<br />
„Man ist so alt, wie man sich fühlt“, lautet<br />
der landläufige Spruch. Die WHO belässt<br />
es allerdings nicht bei dieser subjektiven<br />
Einschätzung, sondern hat klare Gruppen<br />
definiert. 60- bis 75-Jährige finden sich<br />
demnach in der Gruppe der „Älteren“, zwischen<br />
75 und 90 ist man „alt“, von 90 bis<br />
100 gehört man zu den „Hochbetagten“. Bei<br />
jenen jenseits der 100 spricht man von<br />
„Langlebigen“.<br />
Die Anzahl der älteren Mitbürgerinnen und<br />
Mitbürger, die in eine diese Gruppe fallen,<br />
wird in den nächsten Jahrzehnten sukzessive<br />
steigen. So geht die Bevölkerungsprognose<br />
der Statistik Austria, erstellt im Jahr 2010,<br />
davon aus, dass im Jahr 2030 der Anteil der<br />
über 65-Jährigen fast 24 Prozent der Be <br />
völkerung ausmachen wird, 2010 waren es<br />
17,6 Prozent. Die Lebenserwartung soll<br />
weiter steigen und sich bei Männern von<br />
79,27 Jahren (2017) auf 85,9 Jahre (2050)<br />
und bei Frauen von 83,89 (2017) auf 89,5<br />
Jahre (2050) erhöhen. Laut Statistik Austria<br />
wird es im Jahr 2050 in Österreich bereits<br />
41.000 Menschen geben, die über 95 Jahre<br />
alt sind. Mit 1. Jänner 2018 wurden 1.019<br />
Langlebige, also Frauen und Männer über<br />
100 Jahre, gezählt.<br />
Zusätzlich kommen immer weniger Junge<br />
nach, immer mehr Menschen leben allein.<br />
In den nächsten Jahren und Jahrzehnten<br />
kommt die Baby-Boom-Generation der<br />
1950er und 1960er Jahre in ein Alter, in<br />
dem sie unter Umständen Unterstützung in<br />
der einen oder anderen Form brauchen wird.<br />
Diesen Herausforderungen muss sich die<br />
Gesellschaft stellen.<br />
In verschiedenen Untersuchungen und<br />
Studien sind die Wünsche der älteren Generation<br />
mehrfach erhoben worden. Und stets<br />
stand der Wunsch, in den eigenen vier<br />
Wänden bleiben zu können, an erster Stelle.<br />
„Daher ist es ganz wichtig, niederschwellig<br />
anzusetzen und den Menschen möglichst<br />
früh Hilfe zukommen zu lassen. So bleiben<br />
sie länger fit und agil“, erklärt Mag.<br />
Elisabeth Scheucher-Pichler, die als Präsidentin<br />
des Hilfswerks Kärnten seit mehr als<br />
zwei Jahrzehnten den Bereich beobachtet<br />
und aktiv mitgestaltet.<br />
Angebote, wie Essen auf Rädern, mobile<br />
Pflegedienste oder Hilfestellungen im Haushalt,<br />
zielen darauf, Menschen zu Hause zu<br />
unterstützen und deren Selbstständigkeit<br />
möglichst lang zu erhalten. Auch betreutes<br />
Reisen ist mittlerweile möglich. Damit diese<br />
Angebote auch angenommen, sprich: von<br />
den Betroffenen finanziert werden können,<br />
sollten die Pflegestufen 1 bis 3 erhöht<br />
werden, fordert die Hilfswerk-Präsidentin.<br />
„Das spart langfristig Kosten. Denn es verbessert<br />
nicht nur die Lebensqualität, sondern<br />
verzögert den Verlauf hin zu dauerhafter<br />
Pflege oder macht sie im besten Fall<br />
gar nicht notwendig. Denn ein Pflegeheim<br />
ist die teuerste Form der Versorgung.“<br />
Etwa 80 Prozent der rund 451.000 Pflegegeldbezieherinnen<br />
und -bezieher werden<br />
von Angehörigen betreut, 73 Prozent davon<br />
Frauen. Viele Pflegende sind selbst nicht<br />
mehr jung, das Durchschnittsalter liegt bei<br />
knapp über 60 Jahren. Ihre Situation wurde<br />
in einer Studie erhoben, die das Institut für<br />
Pflegewissenschaft in Kooperation mit dem<br />
Institut für Soziologie im Auftrag des<br />
Bundes ministeriums für Arbeit, Soziales,<br />
Gesundheit und Konsumentenschutz<br />
(BMASGK) erstellte. Aufgrund dieser<br />
Erhebungen wird geschätzt, dass rund<br />
950.000 Personen in Österreich in die<br />
Pflege und Betreuung einer pflegebedürftigen<br />
Person auf irgendeine Art und Weise<br />
involviert sind. Das sind neben der Haupt<br />
pflegeperson auch Personen aus deren privatem<br />
Umfeld, die auf die eine oder andere<br />
Art ebenfalls Verantwortung übernehmen.<br />
Für diese Gruppe sollte in Zukunft mehr<br />
getan werden, denn derzeit nehmen nur<br />
rund 30 Prozent von ihnen zusätzlich Hilfe<br />
in Anspruch, so Mag. Scheucher-Pichler.<br />
„Pflegende Angehörige leiden häufig unter<br />
Überforderung und brauchen umfassende<br />
Beratung und Unterstützung.“ Das können<br />
neben verschiedenen mobilen Diensten<br />
unter anderem auch Hol- und Bringdienste<br />
sein. Teilstationäre Angebote, wie Tagesstätten<br />
für pflegebedürftige Menschen oder<br />
die Kurzzeitpflege, bei der Pflegebedürftige<br />
für einen festgelegten Zeitraum in einer Einrichtung<br />
untergebracht werden, können<br />
Angehörige ebenfalls entlasten und unterstützen.<br />
Daher sollten solche Angebote<br />
rasch ausgebaut werden.<br />
Eine starke Präsenz in der öffentlichen Diskussion<br />
erlebte in den vergangenen Jahren<br />
die 24-Stunden-Betreuung, auch wenn<br />
lediglich rund fünf Prozent aller österreichischen<br />
Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher<br />
– in Summe rund 25.000 Personen –<br />
davon Gebrauch machen. Laut Erhebung<br />
der Wirtschaftskammer Österreich gibt es<br />
etwa 600 Agenturen, die rund 62.000 Pflegerinnen,<br />
hauptsächlich aus der Slowakei,<br />
vermitteln. Für eine bessere Transparenz<br />
und Qualitätssicherung dieser Betreuungsform<br />
wird schon seit längerem ein Qualitätssiegel<br />
verlangt, das an die Gewährung<br />
der Bundesförderung gekoppelt sein sollte.<br />
Ein entsprechender Antrag wurde im<br />
Ministerium eingereicht.