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RCKSTR Mag. #173

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VATER- UND MUTTER-<br />

SCHAFTSURLAUB<br />

Am 18. Oktober 2017 hatte der Bundesrat die Initiative<br />

«Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen<br />

der ganzen Familie» dem Parlament zur Ablehnung empfohlen.<br />

Als Hauptgrund führte er das Mehr an Kosten auf,<br />

welche die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft beeinträchtigen<br />

würden. Am selben Tag fasste der Bundesrat<br />

den Entschluss, das Projekt «Sion 2026» – die Schweizerische<br />

Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2026<br />

– zu unterstützen, und zwar mit einem Budget von rund<br />

einer Milliarde Franken. Die Frage wurde laut, für wen der<br />

Bundesrat eigentlich Politik mache – für Mütter, Väter, Kinder<br />

und Familien oder für Olympia-Sponsoren und Sportmillionäre.<br />

Wie ging diese Geschichte weiter? Was können<br />

wir in Zukunft erwarten? Und wie schlägt sich die Schweiz<br />

im Ländervergleich?<br />

Bislang war einzig der Mutterschaftsurlaub gesetzlich<br />

geregelt. Ist eine erwerbstätige Frau neun Monate vor<br />

der Geburt bei der AHV versichert und hat während fünf<br />

Monaten ihrer Schwangerschaft gearbeitet, so erhält<br />

sie einen Mutterschaftsurlaub von mindestens 98 Tagen<br />

(14 Wochen) und 80 Prozent des Lohnes in der Form<br />

von Taggeldern. Väter hingegen erlaubte die gesetzliche<br />

Regelung 1-2 Tage, beim Bund angestellte erhielten<br />

deren zehn. Die Initiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub<br />

– zum Nutzen der ganzen Familie» verlangte<br />

vier Wochen Vaterschaftsurlaub. Unterstützt wurde der<br />

Vorstoss von vier Dachverbänden (Travail.Suisse, Männer.<br />

ch als Dachverband von Mütter- und Väterorganisationen,<br />

Alliance F und Pro Familia Schweiz) sowie über 160 Organisationen.<br />

Vielen Politikerinnen und Politikern waren<br />

die vier Wochen jedoch zu viel. Da aber auch ein Tag zu<br />

wenig ist, kam es zu einem Gegenentwurf von zwei Wochen<br />

Vaterschaftsurlaub. Im Mai 2019 hat der Ständerat<br />

entgegen der Empfehlung des Bundesrates diesen mit 26<br />

zu 16 Stimmen angenommen. Im September 2019 folgte<br />

der Nationalrat mit 129 zu 62 Stimmen. Daraufhin hat das<br />

Komitee seine Initiative zurückgezogen und vom Bundesrat<br />

die Umsetzung des neuen Gesetzes innert neun Monaten<br />

(per 1. Juni 2020) gefordert. Zu den weiteren Gegnerinnen<br />

und Gegnern des Vaterschaftsurlaubs gehören vor<br />

allem SVP-Parteiangehörige, einzelne FDP-Räte sowie die<br />

Wirtschaftsverbände. Indes war sogar die Finanzkommission<br />

des Nationalrates der Auffassung, dass die durch den<br />

zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub zusätzlich entstehenden<br />

Kosten von jährlich ca. 229 Millionen Franken tragbar<br />

seien.<br />

<strong>#173</strong> | DEZ ’19 & JAN ’20<br />

17<br />

Grafiken von Luisa Bider mit flourish.studio<br />

Doch mit den gewonnenen zwei Wochen ist das Thema<br />

noch nicht vom Tisch. Die Rede ist von einer gemeinsamen<br />

Elternzeit. Bereits 2016 wurde diesbezüglich schon<br />

ein Vorstoss gemacht. Die vier Dachorganisationen haben<br />

derzeit jedoch noch unterschiedliche Vorstellungen der<br />

genauen Dauer einer solchen. Fest steht jedoch, dass es<br />

fix reservierte Anteile für beide Elternteile gäbe (bei Müttern<br />

mindestens 14 Wochen) und einen Teil, der unter den<br />

Eltern nach eigenem Willen aufgeteilt werden könne. Dies<br />

ist bereits schon in Schweden, Dänemark und Frankreich<br />

der Fall. Hier haben Väter neben der Elternzeit das Recht<br />

auf weitere Freistellungstage. In England beläuft sich der<br />

Vaterschaftsurlaub auf zwei Wochen, in Spanien auf 13<br />

Tage beim ersten, bzw. 15 Tage ab dem zweiten Kind. In<br />

Deutschland und Österreich gibt es dagegen keinen gesetzlichen<br />

Anspruch auf einen Vaterschaftsurlaub. Noch<br />

schlechter geregelt ist es in den USA. Hier existiert nicht<br />

einmal ein gesetzlich geregelter Mutterschaftsurlaub. Das<br />

führt dazu, dass viele Mütter bereits zwei Wochen nach<br />

der Geburt auf den Arbeitsmarkt zurückkehren. In der<br />

Schweiz ist das Müttern frühestens acht Wochen nach der<br />

Geburt erlaubt. (vhu)

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