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REVIEWS<br />
DANCE POP<br />
GEORGIA<br />
SEEKING THRILLS<br />
<strong>#173</strong> | DEZ ’19 & JAN ’20<br />
28<br />
Wenn man in Berlin tanzt, dann bleibt das nicht ohne langfristige Wirkung.<br />
Es kann sogar die Welt auf den Kopf stellen: «Total! Wir waren<br />
in der Renate und im Berghain und dann wieder in der Renate … ich<br />
habe vier Tage nicht geschlafen. Dabei war ich nüchtern! Aber das geht<br />
dort, denn alle sind wirklich da, um zu tanzen.» Dass sich das auf ihre<br />
Musik auswirken würde, hat Georgia nicht überrascht – auch wenn es<br />
auf etwas subtilerer Weise durchscheint. Denn «Seeking Thrills» ist kein<br />
Techno- sondern ein Popalbum, das auf einem massiven Fundament von<br />
Beats aufblüht, die sich eher auf die Wurzeln dieser Szene beziehen,<br />
den funkelnden House der 80er. Und bei einem Musiknerd wie Georgia<br />
geht das sogar noch tiefer: Wer erinnert sich denn an den belgischen<br />
Beitrag mit u.a. Front 242 und der Electric Body Music? Aber klar, wenn<br />
man die Tochter von Neil Barnes von Leftfield ist, wächst man mit einer<br />
Spur mehr Wissen auf. «Popmusik lebt heute auf den Beats, die damals<br />
entstanden sind. Wenn du einen Dua-Lipa-Song hörst, dann geht der<br />
letztlich auf Frankie Knuckles zurück.» Und genau dieses Essenz wollte<br />
sie mitnehmen. «Wie hat Frankie mit nur drei Elementen einen Track<br />
konstruiert? Ich weiss nicht genau warum, aber ich glaube, ich wollte so<br />
Freiraum für meine Stimme entstehen lassen. Auf meinem ersten Album<br />
dachte ich noch nicht, dass ich eine Sängerin bin. Ich hatte kein Vertrauen<br />
in meine Stimme.» Jetzt hingegen hat sie die Stimme zu einem<br />
Feature gemacht. «Die Leute wollen einen interessanten Gesang hören<br />
und eine gute Bassline und einen klaren Beat. Und das wurde in den<br />
Achtzigern perfektioniert von Bands wie Depeche Mode und eben bei<br />
Chicago House. Es ist simpel – aber komplex.» Und vor allem: Man kann<br />
sich dazu bewegen. Man muss sogar. Denn was Georgia letztlich mir<br />
ihrem neuem Album erreichen will, ist doch wirklich ganz einfach: Du<br />
sollst dich empowerd fühlen und gefälligst tanzen als wärst du im Berghain,<br />
du Musiknerd! (fis)<br />
wwwwv<br />
Für Fans von: Robin, Olga Bell, Róisí<br />
LIVE: 28.2., Exil, Zürich<br />
SYNTHIGER INDIE-<br />
DREAM-POP<br />
VIVIN<br />
KAOS<br />
Aus klassischem Indie-Pop<br />
werde Indie-Electro-Pop,<br />
das haben sich wahrscheinlich<br />
Vivin gedacht, als sie ihrer ersten Band Giantree<br />
den Rücken kehrten. Die zwei Damen und der<br />
Herr aus Wien haben ihren Stil nicht wirklich<br />
verändert, sondern eher verschoben. Was vorher<br />
gitarrenlastig war, ist jetzt synthielastig. Mit<br />
ihrem Debütalbum unter neuem Namen hat<br />
das Trio ein Stück Musik geschaffen, das nicht<br />
unbedingt neue Wellen schlägt im Genre, aber<br />
durchaus schön anzuhören ist. Zur elektronischen<br />
Mischung aus Dream-Pop und Indie lässt<br />
es sich auf jeden Fall gut tanzen. (desi)<br />
wwwwv<br />
Für Fans von:<br />
Foxygen, Tame Impala, Neon Indian<br />
POPSOUND-BASAR<br />
COLDPLAY<br />
EVERYDAY LIFE<br />
Garantierte Radio-Hits<br />
wollen<br />
Coldplay auf ihrem<br />
achten Album nicht<br />
anhäufen (Ausnahme: «Orphans»), sie haben<br />
ja auch schon genug davon. Stattdessen schürfen<br />
die Engländer nach neuen Inspirationen,<br />
Genres, Stimmungen. Und davon haben sich<br />
in der vierjährigen Studio-Pause eine Menge<br />
angesammelt: Mal zupft Lo-Fi-Chris solo an der<br />
Jack-Johnson-Gedenkgitarre, dann beschwört<br />
der Gospelchor eine vorweihnachtliche Stimmung<br />
oder rollen orientalische Rhythmen den<br />
Coldplay-typischen Wohlfühlteppich aus. Mit<br />
«Everyday Life» bricht die Band definitiv aus<br />
ihrem musikalischen Alltag aus. (rec)<br />
wwwwv<br />
Für Fans von:<br />
Florence + The Machine, Gotye, elbow<br />
APOKALYPTISCHER<br />
SCI-FI-STONER-PUNK<br />
MONO VOID<br />
REFLECTIONS<br />
Wenn wir eine selbstverschuldete<br />
Apokalypse<br />
vertonen<br />
müssten, hätten wir den perfekten Soundtrack<br />
bereits gefunden. Geliefert wird dieser<br />
nämlich von den Zürchern Mono Void. Starke<br />
Gitarren-Riffs mit harten Drums, eingängigem<br />
Bass und einer rotzigen Stimme, die dir Geschichten<br />
vom Weltuntergang ächzt, so muss<br />
Stoner-Punk-Rock – oder wie sie selbst noch<br />
anfügen Sci-Fi-Rock – klingen. «Reflections» ist<br />
ein Album, das nur so strotzt vor subtiler Gesellschaftskritik<br />
und einer Wucht an Musik, die<br />
einem umhaut. Wo das herkommt, gibt es bestimmt<br />
noch mehr! (desi)<br />
wwwwv<br />
Für Fans von: Liars, Clinic, Kyuss