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Snowtimes Davos 2020

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alt. «Die Gegend war hoch katholisch. Die

Kirche führte sich auf, als könne sie alles

machen», berichtet Buser. Davon wollte er

sich lösen. Am meisten stört ihn rückblickend:

«Sex galt als etwas schmutziges. Vor

der Heirat war es keinesfalls toleriert.» So

kam es, wie es kommen musste: Als er selbst

noch im Alter «der Mädchen» war, «durften

wir diese nicht haben. Wahrscheinlich

ist dies die Erklärung, warum ich es heute

nachholen möchte.»

Nicht überall stossen Busers öffentlich

zur Schau gestellten Gelüste auf Gegenliebe.

Mit dem Feminismus hat er es gar nicht.

Über Emanzipation diskutiert Peter Buser

besonders gerne. Seine Meinung ist gespickt

von Kampfansagen. Darin sieht er Glücksgefühle.

Er könne es sich leisten, habe das

entsprechende Alter, sei unabhängig und

müsse sich bei niemandem rechtfertigen.

Ganz nach Friedrich Nietzsche: «Krieg und

Kampf ist Freude.» Stets will Buser ausbrechen

aus der Gewöhnlichkeit.

Einmal im Lehrerseminar wäre beinahe

die ganze Geschichte anders verlaufen.

An einer Semesterabschluss-Feier verschwand

der Lebemann – oder verwenden wir

hier den von Buser selbst vorgeschlagenen

Begriff «Frauenschwarm» – vom Fest. Mit

Damenbegleitung. Kaum zurück, soll der

Schulleiter bemerkt haben, wie sein Gesicht

voller Lippenstift belebt. Die Folge: Ein Disziplinarverfahren

mit Antrag auf Ausschluss

aus der Lehrerschmiede. «Ich wäre verloren

gewesen, es war damals alles, was ich hatte»,

fasst Buser zusammen. Nur ganz knapp

habe er dieses Szenario abwenden können.

Provokation. Ironie. Kampf. Auch

in Davos funktioniert der Plan kurz nach

Bekanntgabe des Sponsorings bereits vorzüglich.

Zumindest sieht sich der HCD

gezwungen, wenige Stunden nach der Medienorientierung

«eine Richtigstellung» zu

verfassen: Es seien lediglich die frei gewordenen

Vaillant-Werbeflächen mit dem Logo

des neuen Partners «World Music Forum»

versehen, weshalb bei der eingegangenen

Partnerschaft kein klassisches Naming

Right vorliege. So oder so – für Peter Buser

ist ein Ziel bereits erreicht: Enorm gesteigerter

Bekanntheitsgrad.

Doch damit nicht genug. Das Schweizer

Fernsehen will es ebenfalls genauer

wissen. Buser World Music Forum Foundation.

Was heisst das genau? Die Journalistin

stösst allerdings gar nicht bis zu dieser Frage

vor. Beim Klavierspiel von Peter Buser

– ein Akt der wohlgemeinten seelischen

Offenbarung, bemerkt sie die am Boden

sitzende Frau. «Gabriela», eine langjährige

Freundin aus Peter Busers Garten, lauscht

gespannt den Klängen des Mäzens und liest

seine Gedichte. Fortan ist es das Zentrum

der Berichterstattung. Die Journalistin konfrontiert

den HCD-Präsidenten Gaudenz

Domenig mit den eingefangenen Bildern,

vereinbart dafür eigens ein Interview mit

dem Club-Magistraten. Die betroffene Frau

selbst kommt nicht zu Wort.

Jann Billeter, langjähriger Moderator

beim Schweizer Fernsehen und Ur-Davoser,

kommentiert den Beitrag im Sportpanorama:

«Da soll sich jeder selbst eine Meinung

bilden.» Er war einst Eishockey-Spieler

beim HC Davos, musste sich wegen einer

Krankheit neu orientieren und die Sportkarriere

abbrechen. Peter Buser, verwegen, die

Auseinandersetzung suchend, wird später

auf Facebook bemerken: «Auch Journalisten

sind hochgradig ängstlich.» Und: «Wenn die

Querschläger ausbleiben, leidet die Gesellschaft

und geht schliesslich zu Grunde.»

Ausserdem thematisiert Buser als Reaktion

auf sein vorweihnachtliches Medienecho

die «Verweiblichung der Gesellschaft».

Diese vollziehe sich in Europa tatsächlich

und bringe zwei Probleme: Erstens, die

Liebe verliert Pfeffer und Salz. Zweitens,

die Männer laufen in Gefahr, mit Waschlappen

zu winken, statt bei Bedrängnis in

Wehrmachtposition zu gehen und sich der

Herausforderung zu stellen.

Groteske Züge erhält die Boulevardschau

zu Busers Engagement beim HCD,

als sich Klatschtante Flavia Schlittler aus

dem Hause Ringier meldet. Insbesondere

weil Königin Silvia von Schweden bei einer

Ausserordentlicher Vermögensverwalter ab 5 Millionen. Das System «Convertible Bond Arbitrage» perfektionierte

Peter Buser während 25 Jahren.

Wohltätigkeits-Zeremonie von Peter Buser

30 Sekunden auf ihn wartete. Eine einfache

Recherche – zum Beispiel auf Peter Busers

öffentlicher Webseite – hätte genügt, um an

die Information zu gelangen, dass der selbsternannte

Womanizer aufgrund einer Gehbehinderung

eine geeignete Wohltäterin sucht.

Der Arbeitsplatz ist offiziell deklariert. Peter

Buser beschreibt das Problem in dichterischer

Form, untermauert es musikalisch,

verdeutlicht es in Bildern. «Mir wird, wenn

ich Dich sehe, so bitter elend, der ich walle.

Zum Nichts, zum dunklen Abgrund hin, ich

wein um Dich. Um mich. Uns alle». Martin

Walser, angesehener Deutscher Schriftsteller,

wohnhaft am Bodensee, attestiert Buser

ausserordentliche dichterische Fähigkeiten.

Das ehrliche Urteil des Profis – es übertrifft

den Boulevard freilich.

Zur Rekapitulation: Der Stiftungszweck

von Busers Forum – Erhalt des

Gedankengutes von Nietzsche – soll über

der Persönlichkeit Peter Buser stehen. Die

Davoser Eishockey-Welt ist gefordert, Friedrich

Nietzsche ein besonderer Affront. «Er

philosophiert, stellt fest, bringt Thesen.

Relativiert diese aber auch», so Buser. «Seine

Schriften als Philosophen machten ihn

weltberühmt, im Nebenwerk schuf er Dichtungen

und musikalische Kompositionen.»

Ob die Agentur, welche mit der Vergabe der

Namenrechte vom Eisstadion Davos warb,

sich tiefgründig mit ihrem auserwählten

Vertragspartner befasste? Oder kratzte sie

bloss an der Oberfläche? Für Peter Buser ist

Letzteres ein Graus.

Er verlangt von der philosophischen

Auseinandersetzung mit Nietzsche zumindest

SNOWTIMES 2020

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