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*<br />
POLITIK<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Von<br />
Jan Sternberg<br />
Achtung, der Chef<br />
Eine Bewegung<br />
namens Luisa<br />
Das neue Jahr ist noch<br />
nicht einmal drei Wochen<br />
alt, und Luisa Neubauer<br />
von Fridays forFuture dominiert<br />
schon die Nachrichten.<br />
Ganz ohne Massendemos<br />
oder Klimastreik.Die jungen<br />
Klimarebellen haben ihre<br />
Strategie verändert und mal<br />
wieder alles richtig gemacht.<br />
Die Bewegung ändert ihre<br />
Vorgehensweise: Sie sucht<br />
sich Adressaten, Verbündete<br />
und variiert die Protestformen.<br />
Die weltweite Kampagne<br />
gegen die Adani-Kohlemine<br />
in Australien läuft schon<br />
lange –Aufmerksamkeit hierzulande<br />
bekam sie erst, als<br />
mit Siemens ein Konzern attackiert<br />
wurde, der eigentlich<br />
versucht, sich an die Spitze<br />
grüner Technologien zu setzen.<br />
Auch die „Klimaklagen“<br />
gegen die Bundesregierung<br />
laufen schon lange –die Allianz<br />
mehrerer Umweltverbände<br />
bekommt durchNeubauer<br />
zusätzliche Aufmerksamkeit.<br />
Fridays for Future ist immer<br />
stärker das, was Luisa Neubauer<br />
tut. Das kann zum<br />
Problem werden. Das liegt<br />
weniger an ihr –die Hamburgerin<br />
ist zur Vollzeit-Aktivistin<br />
geworden undspielt ihre<br />
Karten beeindruckend klug.<br />
Doch die Entfernung zu den<br />
Schülerinnen undSchülern<br />
im Land könnte wachsen.<br />
MANN DESTAGES<br />
Armin Laschet<br />
Angesichts zunehmender Gewalt<br />
und Hetze gegen Amtsträger<br />
hat NRW-Ministerpräsident<br />
Armin Laschet<br />
(CDU, 58)<br />
eine größere<br />
Wehrhaftigkeit<br />
der Demokratie<br />
angemahnt.<br />
Die Selbstbewaffnung<br />
eines Bürgermeisters<br />
sei nicht die<br />
richtige<br />
Antwort auf Bedrohungen<br />
durch Rechtsextremisten,<br />
sagte er der „Neuen Westfälischen“.<br />
Es müsse aber alle<br />
alarmieren, dass sich der<br />
Bürgermeister von Kamp-<br />
Lintfort bewaffnen will.<br />
Foto: imago/Becker&Bredel<br />
Foto: M. Gann/Imago Images, Annette Riedl/dpa<br />
zählt die Stunden<br />
Heil (SPD) bereitet Arbeitszeiterfassungsgesetz vor.Betriebe müssen Überstunden dokumentieren<br />
Berlin – Betriebe müssen<br />
schon bald die Arbeitszeiten<br />
ihrer Mitarbeiter lückenlos<br />
erfassen. So will es ein Urteil<br />
des Europäischen Gerichtshofs<br />
(EuGH) aus dem vorigen<br />
Sommer. Das Bundesarbeitsministerium<br />
von Hubertus<br />
Heil (SPD) arbeitet nun an<br />
einem entsprechenden Gesetz.<br />
Wird es auf pingelige<br />
Kontrollen oder den Schutz<br />
vor Ausbeutung hinauslaufen?<br />
Experten warnen vor<br />
einer Überregulierung.<br />
Die meisten Deutschen müssen<br />
bisher nur Überstunden und<br />
Sonn- und Feiertagsarbeit dokumentieren<br />
(Regelarbeitszeit:<br />
maximal 48 Stunden/Woche).<br />
Eine vollständige Erfassung der<br />
Arbeitszeit ist bisher nur bei<br />
LKW-Fahrern, Bauarbeitern,<br />
in Gaststätten und in der<br />
Fleischwirtschaft vorgeschrieben.<br />
„Es muss nicht alles komplett<br />
auf den Kopf gestellt werden,<br />
aber einzelne Elemente<br />
müssen angepasst werden“, erklärte<br />
eine Sprecherin von Heil.<br />
Die Umsetzung des Urteils solle<br />
verhältnismäßig geschehen<br />
und übermäßige Bürokratie<br />
solle vermieden werden, hatte<br />
der Bundesarbeitsminister versprochen.<br />
Der Rechtswissenschaftler<br />
Frank Bayreuther schlägt in<br />
einem Gutachten folgende Vorschrift<br />
vor: „Der Arbeitgeber ist<br />
verpflichtet, Beginn, Ende und<br />
Dauer der täglichen Arbeitszeit,<br />
jeweils am Tag der<br />
Arbeitsleistung aufzuzeichnen.“<br />
Er solle den Arbeitnehmer<br />
damit beauftragen können.<br />
Die Arbeitnehmer sollen das<br />
Recht auf Einsicht in die über<br />
sie geführtee Zeiterfassung bekommen.<br />
Möglich seien etwa<br />
eine Aufzeichnung in Papierform,<br />
eine Erfassung in elektro-<br />
durch Compu-<br />
nischer Form,<br />
terprogramme oder über elekt-<br />
Laut<br />
des Instituts für<br />
ronische Zutrittsausweise.“<br />
Arbeitsmarkt und Berufsfor-<br />
die Beschäf-<br />
schung machten<br />
tigten in Deutschland alleine im<br />
dritten Quartal 2019 im Durchbezahlte<br />
und 5,4 un-<br />
schnitt 6,2 bezahlte<br />
Überstunden. Der<br />
Deutsche Gewerkschaftsbund<br />
hatte das EuGH-Urteil beder<br />
grüßt, weil „Flat-<br />
Arbeitsminister Hubertus Heil<br />
(SPD) bereitet für Deutschland ein<br />
Arbeitszeiterfassungsgesetz vor.<br />
rate-Arbeit“ damit ein Riegel<br />
vorgeschoben werde.<br />
„Es ist kein Zufall, dass der<br />
arbeitsbedingte Stress in<br />
Deutschland über dem Durchschnitt<br />
der OECD-Länder liegt.<br />
Viele Arbeitnehmer haben das<br />
Gefühl, ständig erreichbar<br />
und auf dem<br />
Sprung sein zu<br />
müssen“, sagt<br />
Arbeitsmarktfor-<br />
scher Alexander Spermann<br />
dem RedaktionsNetzwerk<br />
Deutschland (RND). „Der Gesetzgeber<br />
hat jahrelang geschlafen.<br />
Wir brauchen dringend<br />
eine Anpassung des<br />
Arbeitszeitgesetzes an die digitale<br />
Dienstleistungsgesellschaft<br />
des 21. Jahrhunderts.“<br />
Spermann fordert: „Wir<br />
müssen uns lösen vom starren<br />
8-Stunden-Tag des Industriezeitalters.<br />
Sinnvoller wäre es,<br />
eine Wochen- oder sogar Monatsarbeitszeit<br />
zu definieren,<br />
die aber große Flexibilität zulässt.<br />
Ein schwerer Fehler wäre<br />
es, bei der Zeiterfassung alles<br />
minutiös regeln und überwachen<br />
zu wollen. Wir brauchen<br />
keine Orwellschen Verhältnisse.<br />
Ohne Vertrauen wird es<br />
auch künftig nicht zwischen<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
gehen.“<br />
Der Experte will auch die<br />
Freizeit neu regeln: „Innovativ<br />
wäre es, auch eine verbindliche<br />
,Vertrauensruhezeit‘ ins Gesetz<br />
aufzunehmen –ein klar definiertes<br />
Zeitfenster, in dem<br />
Mails checken, im Netz recherchieren<br />
und dienstlich telefonieren<br />
tabu ist. Das würde<br />
die gesellschaftliche<br />
Akzeptanz für echte<br />
Ruhephasen<br />
erhöhen –und<br />
den Stress reduzieren.“