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Berliner Kurier 04.02.2020

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POLITIK<br />

MEINE<br />

MEINUNG<br />

Von<br />

Peter<br />

Neumann<br />

Langes Warten<br />

auf die Grüne Welle<br />

Das <strong>Berliner</strong> Mobilitätsgesetz<br />

verheißt das<br />

Paradies auf Erden –zumindest<br />

für Fahrradfahrer.<br />

Was sich die Hauptstadt-<br />

Radler wünschen, hier wird<br />

es versprochen: breite Radfahrstreifen<br />

an jeder<br />

Hauptverkehrsstraße,<br />

100000 neue Stellplätze,<br />

100 Kilometer Radschnellverbindungen<br />

in den kommenden<br />

Jahren –das sind<br />

nur einige Beispiele. Kein<br />

Wunder, dass die Radlerlobby<br />

begeistert war, als das<br />

Gesetz 2018 vom Abgeordnetenhaus<br />

verabschiedet<br />

wurde. Sie hat den Riesen-<br />

Wunschzettel schließlich<br />

mitverfasst.<br />

Sicher ist es strategisch<br />

richtig, Ziele zu definieren,<br />

um Politik und Verwaltung<br />

auf Trab zu bringen. „Druck<br />

auf den Kessel“ lautet eine<br />

beliebte Formulierung, die<br />

kernigen Aktivismus demonstrieren<br />

soll. Doch immer<br />

wieder wird deutlich,<br />

dass das Mobilitätsgesetz<br />

zu viel verspricht. Die schöne<br />

neue Verkehrswelt, die<br />

es in den schönsten Farben<br />

und mit Jan-van-<br />

Eyck’scher Detail-Liebe<br />

ausmalt, passt leider nicht<br />

zum Zustand der Verwaltung.<br />

Ausgemergelt und demotiviert<br />

nach rot-roten<br />

Sparrunden, gefangen in einem<br />

Regeldickicht, das eigenständiges,<br />

zügiges Handeln<br />

nicht begünstigt, bleibt<br />

sie hinter den Ansprüchen<br />

hoffnungslos zurück.<br />

Das zeigt sich jetzt erneut.<br />

Bereits ein Jahr nach der<br />

Verabschiedung des Gesetzes<br />

sollte das Vorrangnetz<br />

für den Radverkehr fertig<br />

sein, zu dem auch Grüne<br />

Wellen für den Radverkehr<br />

gehören, heißt es in einem<br />

Paragrafen. Doch im Senat<br />

gibt es keinen Zeitplan,<br />

wann das Grundkonzept<br />

für die besonders wichtigen<br />

Verbindungen vorgelegt<br />

werden kann. Wenig verwunderlich,<br />

dass Radfahrer<br />

verärgert sind. Wieder einmal<br />

zeigt sich, dass das Mobilitätsgesetz<br />

toxischen<br />

Charakter hat. Bislang jedenfalls<br />

war es für den rotrot-grünen<br />

Senat eher<br />

schädlich als nützlich.<br />

Mehr zum Thema lesen<br />

Sie auf Seite 12<br />

Berlin – Zwei Kilo Hähnchenschenkel<br />

für nur 3,99 Euro –<br />

ist das fair? Im Konkurrenzkampf<br />

um Kunden locken Supermärkte<br />

regelmäßig mit<br />

Schnäppchen-Aktionen für<br />

Lebensmittel. Das bringt<br />

Landwirte auf die Palme, die<br />

seit Monaten in der ganzen<br />

Republik protestieren. Im<br />

Kampf um angemessene<br />

Preise für Lebensmittel lud<br />

Angela Merkel (CDU) Einzelhandel<br />

und Ernährungsindustrie<br />

zum Gipfel ins Kanzleramt.<br />

Fotos: dpa<br />

GipfelzuDumping-Preisenbei Lebensmitteln<br />

Unser Essen soll<br />

teurer werden<br />

Kanzlerin will mehr Fairnesszwischen Handel<br />

und Bauern, lehnt aber Mindestpreise ab<br />

Neue Auflagen und Kosten<br />

beim Umwelt- und Tierschutz<br />

belasten, aber auch die mangelnde<br />

Wertschätzung für sich<br />

und ihre Produkte durch Preisdumping<br />

wurmt die Bauern.<br />

„Unsere Mittel zum Leben sind<br />

mehr wert“, mahnte Bauernverbands-Präsident<br />

Joachim<br />

Rukwied. Der Handel müsse<br />

seinen Teil dazu beitragen, dem<br />

Verbraucher zu verdeutlichen,<br />

„dass höhere Standards im Stall<br />

oder auf dem Feld einen höheren<br />

Preis erfordern.“<br />

Faire Geschäftsbeziehungen<br />

Günstige Preise im<br />

Supermarkt –Handelsriesen<br />

verteidigen diese,<br />

weil sie auch Ärmeren<br />

eine gesunde Ernährung<br />

ermöglichten.<br />

will. Wer<br />

diese nicht<br />

Merkel forderte vomHandel Fairnessgegenüber den Bauern.<br />

einhalte,<br />

müsse mit<br />

Bußgeldern<br />

mit den Landwirten verlangt<br />

auch Kanzlerin Angela Merkel<br />

vom Handel, staatlich festgesetzte<br />

Mindestpreise lehnte sie<br />

jedoch ab. Es gehe darum, gute<br />

Lebensmittel zu verkaufen und<br />

dafür zu sorgen, dass Landwirte<br />

„auskömmlich“ ihr Geld verdienten,<br />

sagte Merkel. Dazu gebe<br />

es verschiedene Gesetzgebungsvorhaben<br />

„in der Pipeline“.<br />

rechnen, drohte Klöckner. Billig-Lebensmittel<br />

in den Supermärkten<br />

würden auf Dauer zulasten<br />

aller Verbraucher gehen,<br />

da am Ende regionale Produktion<br />

verschwinde und mehr Nahrung<br />

importiert werden müsse,<br />

gab sie zu bedenken.<br />

Der Einzelhandel wehrte sich<br />

gegen die Vorwürfe, Lebensmittel<br />

zu verram-<br />

Wie die eigentlich erst für schen. „Die<br />

2021 geplante nationale Umsetzung<br />

der EU-Richtlinie zu unlauteren<br />

Handelspraktiken, die<br />

Preise werden<br />

absolut nicht<br />

gedrückt“,<br />

Agrarministerin Julia Klöckner hielt Stefan<br />

(CDU) nun schnell umsetzen Genth vom<br />

Supermärkte werben<br />

regelmäßig mit umstrittenen<br />

Schnäppchen-Angeboten.<br />

Am Kanzleramt gab’sProteste gegen Ramschpreise.<br />

deutschen Handelsverband dagegen.<br />

Insgesamt liege<br />

Deutschland bei den Lebensmittelpreisen<br />

rund zwei Prozent<br />

über dem EU-Durchschnitt.<br />

Auch Rewe-Chef Lionel<br />

Souque verteidigte die<br />

Preisgestaltung des Handels.<br />

„In Deutschland leben rund 13<br />

Millionen Menschen in Armut<br />

oder an der Armutsgrenze.<br />

Günstige Lebensmittelpreise<br />

ermöglichen diesen Menschen<br />

eine gesunde und sichere Ernährung.“<br />

Nach dem Treffen<br />

sprach Souque von einem „offenen<br />

und kritischen Dialog“. Er<br />

habe zugesagt, die direkte Zusammenarbeit<br />

mit kleinen Lieferanten<br />

und Erzeugergemeinschaften<br />

weiter auszubauen.

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