Ausgabe 04-2009
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Recht so?<br />
Fortsetzung<br />
Arbeitgeberfalle Arbeitsrecht<br />
bb) Kündigungsgründe im Anwendungsbereich des<br />
KSchG<br />
Wie bereits im letzten Teil dieses Beitrags dargestellt wurde,<br />
führt die Anwendbarkeit der Regelungen über den Kündigungsschutz<br />
dazu, dass auch eine ordentliche Kündigung des<br />
Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber eines Kündigungsgrundes<br />
bedarf. Auch wurde bereits darauf hingewiesen, dass<br />
das Gesetz insoweit zwischen einer personenbedingten, verhaltensbedingten<br />
und betriebsbedingte Kündigung differenziert,<br />
vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG. Ausgehend davon gibt es also<br />
letztlich zwei Gruppen von Kündigungen, nämlich diejenigen,<br />
die in der Sphäre des Arbeitnehmers ihre Ursache haben (personen-<br />
und verhaltensbedingte Kündigungen) und diejenigen<br />
Kündigungen, die ihre Ursache in der Sphäre des Arbeitgebers<br />
haben (betriebsbedingte Kündigungen). Ausgehend von<br />
diesem unterschiedlichen Ursprung des Kündigungsgrundes,<br />
sind auch die Voraussetzungen in den beiden Fallgruppen zu<br />
unterscheiden.<br />
(1) Kündigungsgründe aus der Sphäre des Arbeitnehmers<br />
Kündigungsgründe aus der Sphäre des Arbeitnehmers können<br />
zu einer personen- oder verhaltensbedingten Kündigung des<br />
Arbeitgebers führen. Beide Gruppen von Kündigungsgründen<br />
müssen gegeneinander abgegrenzt werden. In beiden Fallgruppen<br />
ist allerdings zu beachten, dass gegebenenfalls auf<br />
entsprechende Gründe nicht sogleich mit einer Kündigung<br />
durch den Arbeitgeber reagiert werden kann. Vielfach erfordert<br />
eine Kündigung nämlich eine vorherige Abmahnung des<br />
Arbeitnehmers wegen eines vergleichbaren Vorkommnisses.<br />
(a) personenbedingte Kündigung<br />
Genießt ein Mitarbeiter Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz<br />
kann eine Kündigung aus personenbedingten<br />
Gründen erfolgen. Wie sich bereits aus der Bezeichnung<br />
ergibt, müssen in diesem Falle Gründe in der Person<br />
des Arbeitnehmers vorliegen beziehungsweise eingetreten<br />
sein, die dazu führen, dass der Arbeitnehmer für eine Weiterbeschäftigung<br />
nicht geeignet erscheint. Die Gründe dafür<br />
können vielfältig sein.<br />
In Betracht kommen beispielsweise dauerhafte körperliche<br />
Einschränkungen aufgrund von Verletzungen oder Erkrankungen<br />
des Arbeitnehmers. Insoweit ist nicht entscheidend, ob<br />
diese durch oder während der Arbeit eingetreten sind. Maßgeblich<br />
ist allein, dass infolge der Erkrankung oder Verletzung<br />
der Arbeitnehmer (dauerhaft) nicht mehr die körperlichen<br />
(oder auch die seelischen) Voraussetzungen erfüllt, die an ihn<br />
gestellt werden. Zu denken ist beispielsweise an körperliche<br />
Einschränkungen aufgrund von Arbeitsunfällen, aber auch<br />
von Unfällen in der Freizeit, beispielsweise Sportverletzungen.<br />
Als Erkrankungen seien beispielsweise Bandscheiben- beziehungsweise<br />
Rückenleiden genannt, die dazu führen können,<br />
das der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage ist, bestimmte<br />
körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten auszuführen.<br />
Wenn dies auch weniger häufig vorkommen dürfte, können<br />
auch seelische Erkrankungen dazu führen, dass der Arbeitnehmer<br />
für eine Weiterbeschäftigung ungeeignet erscheint. Das<br />
Thema Depressionen, das derzeit in aller Munde ist, sei hier<br />
nur beispielsweise erwähnt.<br />
Eine in Praxis häufig auftretende Konstellation sind Mitarbeiter<br />
mit „Alkoholproblemen“. Entschließt sich der Arbeitgeber,<br />
einem Mitarbeiter wegen dieser Probleme zu kündigen, kann<br />
sich bereits die Einordnung in die Systematik der Kündigungsgründe<br />
als schwierig erweisen. In Betracht kommt, dass es<br />
sich insoweit um einen verhaltensbedingten Grund handelt,<br />
es kann sich aber auch um einen personenbedingten Grund<br />
handeln. Es ist heutzutage anerkannt, dass „Alkoholsucht“<br />
eine Krankheit darstellt. Ist der Mitarbeiter in diesem Sinne<br />
alkoholabhängig (entsprechendes würde natürlich bei einem<br />
drogenabhängigen Mitarbeiter gelten) ist dies ein personenbedingter<br />
Grund, auf den eine Kündigung gegebenenfalls<br />
gestützt werden kann.<br />
Legt demgegenüber der Arbeitnehmer lediglich ein „undiszipliniertes“<br />
Trinkverhalten an den Tag, das heißt, kommt er<br />
beispielsweise nach durchzechter Nacht alkoholisiert an seinen<br />
Arbeitsplatz oder verstößt gegen ein betriebliches Verbot,<br />
während der Arbeitszeit Alkohol zu trinken, stellt dies einen<br />
verhaltensbedingten Grund dar. In solchen Fällen kann nämlich<br />
grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es sich<br />
um für den Arbeitnehmer steuerbares Verhalten handelt, was<br />
bei einem tatsächlich Alkoholkranken gerade nicht mehr der<br />
Fall ist.<br />
Desweiteren hat für die Praxis die Frage Bedeutung, ob beziehungsweise<br />
unter welchen Voraussetzungen häufige (krankheitsbedingte)<br />
Fehlzeiten des Arbeitnehmers eine personenbedingte<br />
Kündigung rechtfertigen können. War der Arbeitnehmer<br />
tatsächlich wiederholt und über längere Zeiträume erkrankt,<br />
kommt gegebenenfalls eine personenbedingte Kündigung in<br />
Betracht. (Anderes hat selbstverständlich dann zu gelten, wenn<br />
den häufigen Fehlzeiten tatsächlich gar keine Erkrankungen zu<br />
Grunde liegen, sondern der Arbeitnehmer nur „krank feiert“.<br />
Dann allerdings wäre eine verhaltensbedingte Kündigung in<br />
Betracht zu ziehen, siehe dazu sogleich.)<br />
Anknüpfungspunkt für eine Kündigung können in solchen<br />
Fällen häufiger Erkrankung die finanziellen Auswirkungen im<br />
Hinblick auf die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung<br />
sein. Insoweit ist aber stets zu beachten, dass nur<br />
die Fehlzeiten hinsichtlich der jeweiligen Erkrankung bis einschließlich<br />
der sechsten Krankheitswoche relevant sein können,<br />
weil danach ja die Verpflichtung des Arbeitgebers zur<br />
Entgeltfortzahlung entfällt. Neben erheblichen Fehlzeiten ist in<br />
solchen Fällen auch eine begründete und belegte negative<br />
Zukunftsprognose erforderlich. D. h., es muss davon auszugehen<br />
sein, dass es auch in Zukunft zu häufigen krankheitsbedingten<br />
Fehlzeiten kommen wird.<br />
Es müssen aber nicht zwingend Erkrankungen oder Verletzungen<br />
sein, die einen Arbeitnehmer für die Weiterbeschäftigung als<br />
ungeeignet erscheinen lassen. Vielmehr kann auch der (dauerhafte<br />
oder über einen längeren Zeitraum andauernde) Verlust<br />
einer für die Erfüllung der Anforderungen des Arbeitsplatzes<br />
erforderlichen Qualifikation die Eignung entfallen lassen. Zu<br />
denken ist beispielsweise an den Verlust der Fahrerlaubnis bei<br />
einem als Kraftfahrer beschäftigten Mitarbeiter.<br />
RO-KA-TECH Journal <strong>04</strong> / <strong>2009</strong> | 65