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Ausgabe 04-2009

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Recht so?<br />

(b) verhaltensbedingte Kündigung<br />

Fast noch mannigfaltiger sind die Konstellationen, in denen<br />

eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht kommt. Allgemein<br />

formuliert ist dies bei den Gründen der Fall, die den Mitarbeiter<br />

für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aufgrund<br />

seines Verhaltens ungeeignet erscheinen lassen und eine Weiterbeschäftigung<br />

für den Arbeitgeber aus solchen Gründen<br />

also unzumutbar ist. Die Kündigung stellt in diesen Fällen keine<br />

Sanktion dar, der Arbeitgeber schützt sich durch sie nur vor<br />

weiterem Fehlverhalten.<br />

Als Beispiele für solche Gründe seien genannt der unsachgemäße<br />

Umgang mit Gerätschaften und Arbeitsmitteln entgegen<br />

den Arbeitsanweisungen oder sonstigen Vorgaben. Auch die<br />

Nichteinhaltung von Vorschriften des Arbeitsschutzes und der<br />

Arbeitssicherheit gehören hierher. Aber auch darüber hinaus<br />

kommt eine verhaltensbedingte Kündigung stets, wenn auch<br />

als letztes Mittel, dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer<br />

sich den Vorgaben des Arbeitgebers wiedersetzt. Dies gilt gleichermaßen,<br />

egal ob es sich um einzelne Anordnungen oder<br />

um generelle Vorgaben, beispielsweise in Form von allgemeinen<br />

Arbeitsanweisungen, handelt.<br />

Eine weitere wichtige Fallgruppe sind hier Verfehlungen des<br />

Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber oder seinen Kollegen.<br />

Genannt seien hier Tätlichkeiten bis hin zu körperlichen<br />

Auseinandersetzungen, aber auch verbale Entgleisungen, wie<br />

beispielsweise Verunglimpfungen, Beleidigungen etc. Entsprechendes<br />

gilt auch bei Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und<br />

Untreue des Arbeitnehmers.<br />

Nicht weniger wichtig in der Praxis sind die Fälle, in denen<br />

sich der Arbeitnehmer selbst „beurlaubt“ oder „krank feiert“.<br />

Dabei stellt sich im letztgenannten Fall vor allen Dingen das<br />

Problem der Beweisbarkeit für den Arbeitgeber. Leider zeigt<br />

die tägliche Praxis, dass Arbeitnehmer selbst bei „angekündigten“<br />

Erkrankungen, nicht selten zur Überraschung des Arbeitgebers,<br />

in der Lage sind, ein ärztliches Attest vorzulegen, das<br />

ihnen ihre Erkrankung bescheinigt. Dann ist es dem Arbeitgeber<br />

faktisch fast unmöglich, noch den Beweis anzutreten, dass<br />

der Arbeitnehmer tatsächlich nicht erkrankt ist. Die Gerichte<br />

legen jedenfalls dem ärztlichen Attest einen erheblichen Beweiswert<br />

bei, der durch den Arbeitgeber kaum zu erschüttern<br />

sein wird. Daher kann es sich in Fällen, in denen der Arbeitgeber<br />

den Verdacht hat, dass der Arbeitnehmer tatsächlich<br />

nicht erkrankt ist, empfehlen, noch während der „krankheitsbedingten<br />

Fehlzeit“ den medizinischen Dienst der Krankenkassen<br />

einzuschalten. Dieser wird dem Verdacht nachgehen und<br />

eigene Ermittlungen anstellen. Der medizinische Dienst hat ein<br />

Interesse daran, solche Fälle aufzudecken, kostet doch jede<br />

„Erkrankung“ die Kassen Geld.<br />

(c) Abmahnung als Kündigungsvoraussetzung<br />

Bei einer Kündigung aus Gründen, die ihre Ursache in der<br />

Sphäre des Arbeitnehmers haben, ist zu beachten, dass eine<br />

Kündigung grundsätzlich nur als so genannte „ultima ratio“,<br />

also als „(der Weisheit) letzter Schluss“ in Betracht kommt. Dies<br />

kann dazu führen, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist,<br />

bereits das erste Vorkommnis oder die erste Verfehlung zum<br />

Anlass zu nehmen, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu<br />

beenden. Er muss vielmehr gegebenenfalls durch (eine oder<br />

mehrere) Abmahnung(en) dem Arbeitnehmer zuvor erfolglos<br />

die Gelegenheit gegeben haben, dafür zu sorgen, dass solche<br />

beziehungsweise entsprechende Vorkommnisse oder Verfehlungen<br />

sich nicht wiederholen.<br />

Etwas vereinfacht ausgedrückt wird man sagen können, dass<br />

dann, wenn die Anlässe, die als Kündigungsgrund dienen<br />

sollen, vom Arbeitnehmer beherrschbar oder beeinflussbar<br />

sind, eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung(en) rechtlich<br />

in aller Regel nicht zulässig sein wird. Daher spielt das<br />

Erfordernis vorheriger Abmahnung(en) vor allem im Bereich<br />

verhaltensbedingter Kündigungen eine Rolle. Auch bestimmte<br />

Fallgruppen, die den Grund für eine personenbedingte Kündigung<br />

liefern können, sind aber in dem Sinne vom Arbeitnehmer<br />

beeinflussbar, dass eine Kündigung grundsätzlich eine<br />

Abmahnung voraussetzt. Dies ist etwa dann denkbar, wenn<br />

die (bestehenden) Gründe in der Person des Arbeitnehmers<br />

durch diesen beziehungsweise mit dessen Mitwirkung beseitigt<br />

werden könnten. Gedacht sei in diesem Zusammenhang beispielsweise<br />

an behandelbare Erkrankungen in Fällen, in denen<br />

der Arbeitnehmer sich keiner Behandlung unterzieht. Dies<br />

kann beispielsweise in der oben genannten Konstellation der<br />

Alkoholerkrankung des Mitarbeiters der Fall sein.<br />

Leider kann keine allgemein gültige Regelung dazu aufgestellt<br />

werden, wann eine Kündigung nur nach vorheriger Abmahnung<br />

erforderlich ist und ob eine Abmahnung ausreicht oder<br />

gegebenenfalls sogar mehrere erfolglose Abmahnungen der<br />

Kündigung vorausgegangen sein müssen. Allgemein kann<br />

festgehalten werden, dass je schwerer die Vorkommnisse oder<br />

Verfehlungen sind, die zum Anlass für die Kündigung genommen<br />

werden, umso geringer die Anforderungen in Bezug auf<br />

das Thema Abmahnung sind; gegebenenfalls ist eine solche<br />

dann sogar entbehrlich. Umgekehrt kann in Fällen, in denen<br />

das Gewicht des einzelnen Anlasses nicht erheblich ist, sich<br />

solche Vorkommnisse oder Verfehlungen aber häufen und<br />

Ausdruck des Ungehorsams und der Disziplinlosigkeit des Arbeitnehmers<br />

sind, erforderlich sein, zunächst mehrere erfolglose<br />

Abmahnungen auszusprechen, bevor dann eine Kündigung<br />

erfolgen kann.<br />

Weiterhin kann zum Thema Abmahnung festgehalten werden,<br />

dass das Vorkommnis, welches Anlass für die Abmahnung war<br />

und dasjenige, welches später zum Anlass für die Kündigung<br />

genommen werden soll, nicht unbedingt identisch sein müssen.<br />

Dies gilt etwa dann, wenn der Arbeitnehmer immer wieder<br />

gegen – allerdings jeweils unterschiedliche – Anweisungen<br />

des Arbeitgebers verstoßen hat und deswegen abgemahnt<br />

worden ist. Auch in einem solchen Fall konnten die Abmahnungen<br />

die ihnen zugedachte Warnfunktion erfüllen, nämlich<br />

Arbeitnehmer anzuhalten, künftig die Arbeitsanweisungen des<br />

Arbeitgebers strikt zu befolgen, so dass sie für die spätere Kündigung<br />

„verwertbar“ sind.<br />

Allerdings ist zu beachten, dass frühere Abmahnungen nicht<br />

unbegrenzt lange zur Begründung einer späteren Kündigung<br />

herangezogen werden können. Im Laufe der Zeit verlieren diese<br />

nämlich ihre „Warnfunktion“, indem sie schlicht und einfach<br />

dem Arbeitnehmer nicht mehr präsent, also in Erinnerung<br />

sind.<br />

Darauf hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch noch-<br />

66 | RO-KA-TECH Journal <strong>04</strong> / <strong>2009</strong>

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