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Ausgabe 04-2009

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Recht so?<br />

Geschäftsführerhaftung<br />

Einleitung<br />

Der Geschäftsführer ist für die Ausrichtung und den Kurs der<br />

Gesellschaft verantwortlich. In gleichem Maße wie er für die<br />

interne Unternehmensführung und die Mitprägung des Bildes<br />

des Unternehmens in der Öffentlichkeit in der Verantwortung<br />

steht, ist er bei seinem Handeln vielfältigen Haftungsrisiken<br />

ausgesetzt. So kann er bei Verletzung seiner Pflichten unter<br />

Umständen von den Gesellschaftern einer GmbH, von Behörden<br />

oder sonstigen Dritten in Anspruch genommen werden.<br />

Der Geschäftsführer sollte daher wissen, welche Verpflichtungen<br />

ihn treffen und wie er ihnen nachkommen kann. Nur<br />

durch die Kenntnis dieses grundsätzlichen Pflichtenkreises<br />

sind umsichtiges, vorausschauendes Handeln und eine planmäßige<br />

Unternehmensführung möglich. Gleichzeitig können<br />

durch die Beachtung dieser Regeln Fehler vermieden und kostenintensive<br />

Haftungsfälle ausgeschlossen bzw. auf ein Mindestmaß<br />

reduziert werden.<br />

Sicherlich birgt auch das Umweltrecht für die Geschäftsführung<br />

mit den Strafvorschriften der §§ 324 ff StGB große Risiken<br />

für die betriebliche Praxis. Gerade solche Unternehmen,<br />

die engen Bezug zum Umweltrecht haben, müssen insbesondere<br />

auch die zu wahrenden Zuverlässigkeitskriterien verschiedener<br />

umweltbezogener Gesetze im Auge halten. Sowohl<br />

Rechtsprechung wie auch diverse Vollzugshilfen aus dem exekutiven<br />

Apparat erweitern jedoch die Beurteilungsgrundlage<br />

der Zuverlässigkeit auch auf andere, nicht umweltbezogene<br />

Delikte. So eröffnen sich in der Praxis vielfach Risiken, die<br />

allgemeineren Deliktsgruppen, beispielsweise Betrug, Insolvenzverschleppung,<br />

Steuerhinterziehung oder -verkürzung zuzuordnen<br />

sind. Die folgenden Ausführungen berücksichtigen<br />

dieses Spektrum.<br />

I. Die Pflichten des Geschäftsführers<br />

Der Geschäftsführer ist dasjenige Organ einer Gesellschaft,<br />

dem die Führung der Geschäfte obliegt. Nach § 43 Abs. 1<br />

GmbHG hat der Geschäftsführer bei der Erfüllung dieser<br />

Pflicht „die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden“.<br />

Das GmbH-Gesetz regelt stellenweise zwar einzelne<br />

Ausprägungen dieser Pflicht, eine abschließende Regelung<br />

fehlt jedoch.<br />

Zum einen treffen den Geschäftsführer Sorgfaltspflichten<br />

gegenüber der Gesellschaft. Diese erschöpfen sich zu einem<br />

großen Teil darin, bei rechtsgeschäftlichem Handeln die finanzielle<br />

Interessenslage der Gesellschaft zu beachten. In diesem<br />

Zusammenhang war der Bundesgerichtshof beispielsweise im<br />

Jahre 2008 mit der Frage befasst, wie es mit Blick auf die<br />

Sorgfaltspflichten eines Geschäftsführers zu bewerten ist, wenn<br />

dieser den Preis für einen Auftrag zu niedrig kalkuliert. Der<br />

Bundesgerichtshof hat die Frage dahingehend beantwortet,<br />

dass grundsätzlich die klagende Gesellschaft die Darlegungsund<br />

Beweislast dafür trifft, dass und inwieweit ihr durch ein<br />

möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers<br />

ein Schaden entstanden ist. Im Gegenzug muss der beklagte<br />

Geschäftsführer aber beweisen, dass er bei der Parteivereinbarung<br />

die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften<br />

Geschäftsleiters angewandt hat, der Preis folglich nicht für ihn<br />

erkennbar zu niedrig kalkuliert wurde.<br />

Zum anderen trifft den Geschäftsführer die Überwachungspflicht<br />

(compliance) gegenüber den Geschäftsleiterkollegen<br />

bei organinterner Arbeitsteilung und den nachgeordneten<br />

Unternehmensebenen. Die letztgenannte (vertikale) Überwachungspflicht<br />

verlangt von jedem Geschäftsführer, dass er in<br />

seinem Verantwortungsbereich für ein gesetzestreues Verhalten<br />

seiner Untergebenen sorgt. Dies regelt übrigens auch der<br />

für deutsche börsennotierte Gesellschaften geltende deutsche<br />

Corporate-Governance-Kodex. Unter Ziffer 4.1.3 wird ausdrücklich<br />

hervorgehoben, dass der Vorstand für die Einhaltung<br />

der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen<br />

Richtlinien zu sorgen und auf deren Beachtung durch die<br />

Konzernunternehmen hinzuwirken hat.<br />

Als Organ der Gesellschaft ist der Geschäftsführer der Gesellschaft<br />

gegenüber dazu verpflichtet, in allen Angelegenheiten,<br />

die das Interesse der Gesellschaft berühren, allein deren Wohl<br />

und Wehe und nicht seinen eigenen Nutzen oder den Vorteil<br />

anderer im Auge zu haben. Der Geschäftsführer verletzt seine<br />

Treuepflicht nicht nur bei einem „Griff in die Kasse“, sondern<br />

nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann,<br />

wenn er darauf hinwirkt, sich eine ihm nach dem Anstellungsvertrag<br />

nicht zustehende Vergütung von der Gesellschaft anweisen<br />

zu lassen, vgl. BGH, NZG 2008, 103.<br />

Zentrale Pflicht des Geschäftsführers ist die Legalitätspflicht.<br />

Die Gesetzestreue steht gleichsam an der Spitze der ihm obliegenden<br />

Pflichten. Einen Verstoß gegen seine Legalitätspflicht<br />

begeht etwa derjenige Geschäftführer, der die Zuständigkeit<br />

der Gesellschafterversammlung (§ 46 GmbHG) und somit<br />

die Wahrung der innergesellschaftlichen Kompetenzverteilung<br />

missachtet (interne Legalitätspflicht). Gleiches gilt, wenn<br />

er durch Einrichtung verdeckter Kassen dem Unternehmen<br />

erhebliche Vermögenswerte entzieht. Letzteres führt zu einer<br />

Strafbarkeit wegen Untreue im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB.<br />

Daran ändert auch die wohlgemeinte Absicht nichts, diese<br />

Geldmittel bei späterer Gelegenheit im Interesse des Unternehmens<br />

einzusetzen. Eine Theorie des effizienten Gesetzesbruchs<br />

(„efficient breach of law“) gibt es nicht.<br />

II. Die zivilrechtliche Haftung des Geschäftsführers<br />

Der Geschäftsführer haftet grundsätzlich nur der Gesellschaft<br />

gegenüber, d. h. von Gläubigern der Gesellschaft kann er<br />

grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden. Gläubiger<br />

müssen sich deshalb an die Gesellschaft halten.<br />

Dennoch gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz:<br />

• Begeht der Geschäftsführer im Zusammenhang mit seiner<br />

dienstlichen Tätigkeit, etwa bei Abschluss eines Vertrages<br />

mit einem Dritten, eine Straftat, aus der diesem Dritten ein<br />

Schaden entsteht, so kann sich dieser Dritte nicht nur an die<br />

Gesellschaft halten, sondern zusätzlich den Geschäftsführer<br />

zivilrechtlich in Anspruch nehmen. Zu denken ist etwa<br />

an Fälle, in denen der Geschäftsführer im Namen der Gesellschaft<br />

einem Handwerker einen Auftrag erteilt, obwohl<br />

er erhebliche Zweifel daran hat, dass die Gesellschaft die<br />

Rechnung begleichen kann. Der Geschäftsführer begeht in<br />

diesem Fall einen Eingehungsbetrug und setzt sich einem<br />

zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch aus § 823<br />

Abs. 2 BGB aus. Der Handwerker kann nun zwar grund-<br />

68 | RO-KA-TECH Journal <strong>04</strong> / <strong>2009</strong>

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