Ausgabe 04-2009
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Recht so?<br />
Geschäftsführerhaftung<br />
Einleitung<br />
Der Geschäftsführer ist für die Ausrichtung und den Kurs der<br />
Gesellschaft verantwortlich. In gleichem Maße wie er für die<br />
interne Unternehmensführung und die Mitprägung des Bildes<br />
des Unternehmens in der Öffentlichkeit in der Verantwortung<br />
steht, ist er bei seinem Handeln vielfältigen Haftungsrisiken<br />
ausgesetzt. So kann er bei Verletzung seiner Pflichten unter<br />
Umständen von den Gesellschaftern einer GmbH, von Behörden<br />
oder sonstigen Dritten in Anspruch genommen werden.<br />
Der Geschäftsführer sollte daher wissen, welche Verpflichtungen<br />
ihn treffen und wie er ihnen nachkommen kann. Nur<br />
durch die Kenntnis dieses grundsätzlichen Pflichtenkreises<br />
sind umsichtiges, vorausschauendes Handeln und eine planmäßige<br />
Unternehmensführung möglich. Gleichzeitig können<br />
durch die Beachtung dieser Regeln Fehler vermieden und kostenintensive<br />
Haftungsfälle ausgeschlossen bzw. auf ein Mindestmaß<br />
reduziert werden.<br />
Sicherlich birgt auch das Umweltrecht für die Geschäftsführung<br />
mit den Strafvorschriften der §§ 324 ff StGB große Risiken<br />
für die betriebliche Praxis. Gerade solche Unternehmen,<br />
die engen Bezug zum Umweltrecht haben, müssen insbesondere<br />
auch die zu wahrenden Zuverlässigkeitskriterien verschiedener<br />
umweltbezogener Gesetze im Auge halten. Sowohl<br />
Rechtsprechung wie auch diverse Vollzugshilfen aus dem exekutiven<br />
Apparat erweitern jedoch die Beurteilungsgrundlage<br />
der Zuverlässigkeit auch auf andere, nicht umweltbezogene<br />
Delikte. So eröffnen sich in der Praxis vielfach Risiken, die<br />
allgemeineren Deliktsgruppen, beispielsweise Betrug, Insolvenzverschleppung,<br />
Steuerhinterziehung oder -verkürzung zuzuordnen<br />
sind. Die folgenden Ausführungen berücksichtigen<br />
dieses Spektrum.<br />
I. Die Pflichten des Geschäftsführers<br />
Der Geschäftsführer ist dasjenige Organ einer Gesellschaft,<br />
dem die Führung der Geschäfte obliegt. Nach § 43 Abs. 1<br />
GmbHG hat der Geschäftsführer bei der Erfüllung dieser<br />
Pflicht „die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden“.<br />
Das GmbH-Gesetz regelt stellenweise zwar einzelne<br />
Ausprägungen dieser Pflicht, eine abschließende Regelung<br />
fehlt jedoch.<br />
Zum einen treffen den Geschäftsführer Sorgfaltspflichten<br />
gegenüber der Gesellschaft. Diese erschöpfen sich zu einem<br />
großen Teil darin, bei rechtsgeschäftlichem Handeln die finanzielle<br />
Interessenslage der Gesellschaft zu beachten. In diesem<br />
Zusammenhang war der Bundesgerichtshof beispielsweise im<br />
Jahre 2008 mit der Frage befasst, wie es mit Blick auf die<br />
Sorgfaltspflichten eines Geschäftsführers zu bewerten ist, wenn<br />
dieser den Preis für einen Auftrag zu niedrig kalkuliert. Der<br />
Bundesgerichtshof hat die Frage dahingehend beantwortet,<br />
dass grundsätzlich die klagende Gesellschaft die Darlegungsund<br />
Beweislast dafür trifft, dass und inwieweit ihr durch ein<br />
möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers<br />
ein Schaden entstanden ist. Im Gegenzug muss der beklagte<br />
Geschäftsführer aber beweisen, dass er bei der Parteivereinbarung<br />
die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften<br />
Geschäftsleiters angewandt hat, der Preis folglich nicht für ihn<br />
erkennbar zu niedrig kalkuliert wurde.<br />
Zum anderen trifft den Geschäftsführer die Überwachungspflicht<br />
(compliance) gegenüber den Geschäftsleiterkollegen<br />
bei organinterner Arbeitsteilung und den nachgeordneten<br />
Unternehmensebenen. Die letztgenannte (vertikale) Überwachungspflicht<br />
verlangt von jedem Geschäftsführer, dass er in<br />
seinem Verantwortungsbereich für ein gesetzestreues Verhalten<br />
seiner Untergebenen sorgt. Dies regelt übrigens auch der<br />
für deutsche börsennotierte Gesellschaften geltende deutsche<br />
Corporate-Governance-Kodex. Unter Ziffer 4.1.3 wird ausdrücklich<br />
hervorgehoben, dass der Vorstand für die Einhaltung<br />
der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen<br />
Richtlinien zu sorgen und auf deren Beachtung durch die<br />
Konzernunternehmen hinzuwirken hat.<br />
Als Organ der Gesellschaft ist der Geschäftsführer der Gesellschaft<br />
gegenüber dazu verpflichtet, in allen Angelegenheiten,<br />
die das Interesse der Gesellschaft berühren, allein deren Wohl<br />
und Wehe und nicht seinen eigenen Nutzen oder den Vorteil<br />
anderer im Auge zu haben. Der Geschäftsführer verletzt seine<br />
Treuepflicht nicht nur bei einem „Griff in die Kasse“, sondern<br />
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann,<br />
wenn er darauf hinwirkt, sich eine ihm nach dem Anstellungsvertrag<br />
nicht zustehende Vergütung von der Gesellschaft anweisen<br />
zu lassen, vgl. BGH, NZG 2008, 103.<br />
Zentrale Pflicht des Geschäftsführers ist die Legalitätspflicht.<br />
Die Gesetzestreue steht gleichsam an der Spitze der ihm obliegenden<br />
Pflichten. Einen Verstoß gegen seine Legalitätspflicht<br />
begeht etwa derjenige Geschäftführer, der die Zuständigkeit<br />
der Gesellschafterversammlung (§ 46 GmbHG) und somit<br />
die Wahrung der innergesellschaftlichen Kompetenzverteilung<br />
missachtet (interne Legalitätspflicht). Gleiches gilt, wenn<br />
er durch Einrichtung verdeckter Kassen dem Unternehmen<br />
erhebliche Vermögenswerte entzieht. Letzteres führt zu einer<br />
Strafbarkeit wegen Untreue im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB.<br />
Daran ändert auch die wohlgemeinte Absicht nichts, diese<br />
Geldmittel bei späterer Gelegenheit im Interesse des Unternehmens<br />
einzusetzen. Eine Theorie des effizienten Gesetzesbruchs<br />
(„efficient breach of law“) gibt es nicht.<br />
II. Die zivilrechtliche Haftung des Geschäftsführers<br />
Der Geschäftsführer haftet grundsätzlich nur der Gesellschaft<br />
gegenüber, d. h. von Gläubigern der Gesellschaft kann er<br />
grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden. Gläubiger<br />
müssen sich deshalb an die Gesellschaft halten.<br />
Dennoch gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz:<br />
• Begeht der Geschäftsführer im Zusammenhang mit seiner<br />
dienstlichen Tätigkeit, etwa bei Abschluss eines Vertrages<br />
mit einem Dritten, eine Straftat, aus der diesem Dritten ein<br />
Schaden entsteht, so kann sich dieser Dritte nicht nur an die<br />
Gesellschaft halten, sondern zusätzlich den Geschäftsführer<br />
zivilrechtlich in Anspruch nehmen. Zu denken ist etwa<br />
an Fälle, in denen der Geschäftsführer im Namen der Gesellschaft<br />
einem Handwerker einen Auftrag erteilt, obwohl<br />
er erhebliche Zweifel daran hat, dass die Gesellschaft die<br />
Rechnung begleichen kann. Der Geschäftsführer begeht in<br />
diesem Fall einen Eingehungsbetrug und setzt sich einem<br />
zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch aus § 823<br />
Abs. 2 BGB aus. Der Handwerker kann nun zwar grund-<br />
68 | RO-KA-TECH Journal <strong>04</strong> / <strong>2009</strong>