Taxi Times München - 1. Quartal 2020
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
WETTBEWERB<br />
EIN URTEIL<br />
UND KEINE<br />
FOLGEN<br />
Kurz vor Weihnachten spricht ein<br />
Frankfurter Gericht ein<br />
Wettbewerbsverbot für Uber aus. Doch<br />
über dieses Geschenk konnte sich das<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe nur sehr kurz freuen.<br />
Hinter diesen Türen wurde das Urteil gefällt.<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, <strong>Taxi</strong> Kocer<br />
Für viele Taxler war der 19. Dezember<br />
wie eine verfrühte Bescherung.<br />
An diesem Tag verbot das Landgericht<br />
Frankfurt dem Unternehmen Uber,<br />
weiterhin Aufträge zu vermitteln, weil man<br />
erstens über keine eigene Mietwagengenehmigung<br />
verfüge, zweitens es technisch<br />
ermögliche, dass Aufträge direkt ins Fahrzeug<br />
der Partner vermittelt werden, und<br />
drittens keine ausreichenden Kontrollmaßnahmen<br />
einsetze, um die Partner von den<br />
Verstößen der Rückkehrpflicht abzuhalten.<br />
Solange diese Missstände nicht aufgehoben<br />
sind, wird Uber eine weitere Fahrtenvermittlung<br />
untersagt.<br />
Zur Urteilsverkündung waren Dieter<br />
Schlenker und Rechtsanwalt Herwig Kollar<br />
erschienen, beide vom Kläger <strong>Taxi</strong><br />
Deutschland, dem Zusammenschluss der<br />
größten und wichtigsten <strong>Taxi</strong>zentralen. Die<br />
Uber-Anwälte waren gar nicht erst aufgetaucht,<br />
dafür hatten sich vier Unternehmer<br />
aus <strong>München</strong> auf den Weg nach Frankfurt<br />
gemacht. Sie wollten live dabei sei, wenn<br />
es zum Verbot kommt, und sie sollten<br />
nicht enttäuscht werden. Zumindest nicht<br />
im Gerichtssaal. Die Ernüchterung kam in<br />
den nächsten Tagen und sie kam in zwei<br />
Etappen. Zunächst, weil auf den Straßen<br />
<strong>München</strong>s noch genauso viele Uber-Wagen<br />
herumfuhren wie vorher. Der nächste Tiefschlag<br />
kam dann kurz vor Weihnachten, als<br />
Uber sehr medienwirksam erklärte, man<br />
habe sein Geschäftsmodell umgestellt und<br />
erfülle nun alle im Urteil bemängelten<br />
Punkte.<br />
Zu diesem Zeitpunkt war das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
noch damit beschäftigt, die vom Gericht<br />
geforderte Sicherheitsleistung zu hinterlegen,<br />
um damit überhaupt erst die Voraussetzung<br />
zu schaffen, dass jenes Urteil auch<br />
vollstreckt werden kann.<br />
BERUFUNG IST MÖGLICH<br />
Rechtsanwalt Kollar erklärte das Prozedere<br />
in einem Interview mit dem Veröffentlichungsorgan<br />
„Report“ des Bundesverbands<br />
<strong>Taxi</strong> und Mietwagen e. V.: „Es handelte sich<br />
hier um ein Urteil der ersten Instanz, gegen<br />
das natürlich Berufung eingelegt werden<br />
kann“, sagt Kollar. „Damit ist es nicht<br />
rechtskräftig. Das heißt in der Praxis, man<br />
kann es nicht endgültig vollstrecken. Da<br />
gibt es bestimmte Voraussetzungen, dazu<br />
Freude über ein<br />
gerechtes Urteil:<br />
Diese vier Münchner<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
sind am<br />
19. Dezember<br />
zum Frankfurter<br />
Landgericht<br />
gefahren, um<br />
live bei der<br />
Urteilsverkündung<br />
dabei zu<br />
sein.<br />
gehört die Sicherheitsleistung.“ Deren<br />
Höhe werde vom Landgericht bestimmt, so<br />
Kollar weiter. Dabei habe es sich um eine<br />
Summe von 150.000 Euro gehandelt, die<br />
<strong>Taxi</strong> Deutschland als Klägerin bei Gericht<br />
einzahlen musste.<br />
„Da muss erst die Gerichtskasse nach<br />
einem Beschluss angewiesen werden“,<br />
blickt Kollar hinter die Kulissen. „Die Formalitäten<br />
geschahen auch relativ schnell,<br />
einen Tag vor Weihnachten war das Geld<br />
hinterlegt. Durch die Feiertage und den Jahreswechsel<br />
habe ich am 10. Januar die Hinterlegungsbescheinigung<br />
bekommen. Dann<br />
habe ich mir eine vollstreckbare Ausfertigung<br />
des Urteils von der Geschäftsstelle des<br />
Landgerichts erteilen lassen. Das ist mehr<br />
als das einfache Urteil. Und damit sowie<br />
der Hinterlegungsbescheinigung über die<br />
150.000 Euro bin ich dann zu der Kanzlei<br />
in Berlin gegangen, die Uber vertritt.“<br />
Kollar beschreibt die Übergabe der vollstreckbaren<br />
Ausfertigung am 15. Januar<br />
als unspektakulär. Wichtig sei, dass man<br />
nun dem Gericht die Verstöße anzeigen<br />
könne, denn die angekündigte Änderung<br />
des Geschäftsmodells reiche aus Kollars<br />
Sicht nicht aus.<br />
Genau das wird aber nun wieder das<br />
Landgericht Frankfurt entscheiden müssen<br />
– anhand der Anzeigen und dokumentierten<br />
Beweise, die ab dem 16. Januar in<br />
ganz Deutschland gesammelt wurden. In<br />
<strong>München</strong> hatte dafür der TVM die Federführung<br />
übernommen. Was genau erforderlich<br />
war, um gerichtsfeste Beweise zu<br />
sammeln, erfahren <strong>Taxi</strong>unternehmer und<br />
-fahrer beim <strong>Taxi</strong>verband <strong>München</strong> (Kontaktdaten<br />
siehe Seite 12). Eines sei an dieser<br />
Stelle schon mal verraten. Für die<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer und -unternehmer wird es noch<br />
ein langer Kampf gegen Uber und Free Now.<br />
Bis zur nächsten Bescherung wird man<br />
abermals viel Geduld brauchen. jh<br />
TAXI <strong>1.</strong> QUARTAL <strong>2020</strong><br />
9