Nr.65 - Winter 2017 / 18

ON REGARDE
Komödie/Drama
Das Leben ist stärker als alles andere
Benjamin hat haufenweise Pläne und einen
guten Sinn für Humor. Auch Farid hatte einiges
vor, doch vor einigen Jahren landete er
durch einen Unfall im Rollstuhl. Die beiden treffen
sich in einem Reha-Zentrum, in das Benjamin verlegt
wird, nachdem er sich einen Halswirbel gebrochen
hat. Er wird lebenslang behindert sein, heißt
es. Ob telefonieren, Wasser lassen oder essen, nichts
geht bei Benjamin mehr ohne die Hilfe der ungeschickten
Schwester Christiane und des immer viel
zu gut gelaunten Pflegers Jean-Marie. Trotzdem
gibt Benjamin nicht auf, er reißt einen Witz nach
dem anderen: über die Reha-Psychologin oder über
die unzumutbaren Stützstrümpfe. Benjamin und
Farid machen die Bekanntschaft von Toussaint und
Steve, ebenfalls Patienten, die die große Kunst beherrschen,
das Unglück einfach
von der lustigen Seite
zu nehmen. Und dann ist da
noch die bildhübsche Samia,
in die sich Benjamin auf den
ersten Blick verliebt. Eine
Gruppe voller Knallköpfe
und Kämpfer – versehrte
Helden, die gemeinsam die
Verzweiflung ignorieren und
jeden Millimeter Bewegung
feiern. Eine wunderbare
Lektion fürs Leben, bei der
Schmerz und Humor nahe beieinanderliegen, die
jedoch immer den richtigen Ton trifft. Man fühlt
sich danach einfach stärker!
Lieber leben • Frankreich 2016, 111 min • Originaltitel: Patients • Ein Film von Grand Corps Malade und
Mehdi Idir, mit Pablo Pauly, Soufiane Guerrab, Moussa Mansaly, u. a. • Ab 14. Dezember 2017 im Kino.
Drama
Dokumentarfilm
Die Besessenheit eines
ganzen Lebens
Der Film kreist um eine
Obsession von seltener
Intensität: Er erzählt die
Geschichte des Franzosen Raymond
Borremans, der Ende der
20er-Jahre nach Afrika auf bricht.
Mit dem Wunsch nach An er ken nung über seinen Tod hinaus
ver schreibt er sich der Erstellung der ersten Enzyklopädie
über diesen fremden Kontinent. Als Borremans stirbt, ist er erst
beim Buch staben « N » angelangt. Nun irrt sein Geist ruhelos
und verzweifelt durch das vom Bürgerkrieg gebeutelte
Westafrika. Der Doku men tarfilm erzählt davon, wie er aus
dem Jenseits heraus versucht, sein Lebenswerk zu vollenden.
Zwischen Traum und Realität schwebend spielt er mit dem
Gegensatz von westlicher Rationalität und afrikanischer
Spiritualität. Ein ausgezeichneter Dokumentarfilm über das
erstaunliche Schicksal eines Franzosen, von dem viele seiner
Landsleute bis heute nichts gehört haben.
N – Der Wahn der Vernunft • Deutschland/Belgien/
Niederlande, 2014, 102 min • Ein Film von Peter Krüger •
Sprachen: Bambara, Französisch, Untertitel: Deutsch, Englisch,
Französisch, Niederländisch • Ab sofort im Handel.
Musik als Hoffnungsfunke
Der französische Regisseur Rachid Hami erzählt in seinem
Langspielfilmdebüt die Geschichte des Violinisten Simon Daoud
(Kad Merad), der einer Schulklasse in einem Pariser Vorort das
Geigenspiel nahebringen will und an dieser Herausforderung
zunächst beinahe zerbricht. Doch Simon trifft in diesem rauen
Umfeld auf unerwartete Talente wie den jungen Arnold, und es
gelingt ihm, seine Schüler durch Disziplin, Fleiß und Leidenschaft
zu Höchstleistungen zu animieren und ihnen den Zauber der
Musik nahezubringen. Der Film erscheint wie eine Mischung
aus Brassed Off - Mit Pauken und Trompeten (Mark Herman,
1997), Billy Elliot (Stephen Daldry, 2000), Die Kinder des Monsieur
Mathieu (Christophe Barratier, 2004) und Verstehen Sie die
Béliers? (Eric Lartigau, 2015). Allen diesen Filmen ist es gelungen,
ein breites Publikum zu berühren und aufzuzeigen, dass keiner
von uns automatisch zum Scheitern verurteilt ist. Im Gegenteil.
Wenn Musik Talente aufdeckt und Hoffnungen weckt, dann
können wir nicht anders, als Beifall zu spenden!
La Mélodie - Der Klang
von Paris • Frankreich 2017,
102 min • Originaltitel: La
Mélodie • Ein Film von
Rachid Hami, mit Kad
Merad, Samir Guesmi,
Renély Alfred u. a. • Ab 21.
Dezember 2017 im Kino.
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