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Nr.65 - Winter 2017 / 18

Géoparc de Haute-Provence, eine erstaunliche Reise in die Vergangenheit der ErdeVal de Loire: Chédigny, ein Dorf wird zum Garten Grand-Est: Mondial Air Ballons, der poetische Aufstieg von 456 Heißluftballons Occitanie: Die große Höhle von Cabrespine, ein unterirdisches Abenteuer Chantals Rezept: la blanquette de saumon

Géoparc de Haute-Provence, eine erstaunliche Reise in die Vergangenheit der ErdeVal de Loire: Chédigny, ein Dorf wird zum Garten
Grand-Est: Mondial Air Ballons, der poetische Aufstieg von 456 Heißluftballons
Occitanie: Die große Höhle von Cabrespine, ein unterirdisches Abenteuer
Chantals Rezept: la blanquette de saumon

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UNTERWEGS IN FRANKREICH<br />

Auf den ersten Blick ist er ein ganz normaler Parkplatz. Nicht<br />

mehr und nicht weniger. Er taucht plötzlich hinter einer Kurve<br />

der D900A auf. Diese kleine Straße führt von Digne-les-Bains<br />

nach Norden in Richtung Barles, einem kleinen Dorf ganz oben in den<br />

Bergen. Einige Hundert Meter vor dem Parkplatz konnten wir auf<br />

einem Schild lediglich den Hinweis Dalle aux ammonites lesen. Ohne<br />

genau zu wissen, um was es sich dabei handelt, halten wir an und steigen<br />

aus. Angesichts dessen, was wir sehen, stockt uns der Atem. Direkt neben<br />

der Straße ragt eine auf den ersten Blick banale Felswand in die<br />

Höhe. Beim Näherkommen wird der Blick jedoch von zahlreichen Erhebungen<br />

an der Oberfläche angezogen. Wie wir später erfahren, sind<br />

mehr als 1550 dieser « Blasen » über eine 320 m² große Felsplatte verstreut.<br />

Es handelt sich dabei um Fossilien von Weichtieren (vor allem<br />

um Perlboote und Ammoniten), die mit Kalmaren und Kraken verwandt<br />

sind. Sie zeugen davon, dass auch diese Region vor circa 200 Millionen<br />

Jahren, zu Beginn des Jura, – ebenso wie große Teile Frankreichs<br />

und Europas – vom Meer bedeckt war. Im Wasser lebten zahlreiche<br />

Organismen – sowohl Wirbeltiere (Fische, Meeresreptilien) und Wirbellose<br />

(Mollusken, Krebstiere) als auch Pflanzen –, die heute versteinert<br />

sind. Die Ammonitenplatte gehört zu den spektakulärsten und berühmtesten<br />

Funden dieser Art. Man schätzt, dass sie sich ursprünglich 250<br />

Meter unter dem Meeresspiegel befand und durch die allmähliche Erhebung<br />

der Alpen nach Osten verschoben wurde.<br />

Diese Dalle aux ammonites hat einen nicht unwesentlichen Anteil<br />

daran, dass 1991 knapp 200 Geologen und Fachleute aus rund dreißig<br />

Ländern unter der Schirmherrschaft der UNESCO nach Digne<br />

kamen. Sie hielten hier ein internationales Symposium zum Schutz<br />

weltweit bedeutender geologischer Stätten ab. Zum ersten Mal in der<br />

Geschichte versuchte die internationale Gemeinschaft, die Öffentlichkeit<br />

für das geologische Kulturerbe zu sensibilisieren und aufzuzeigen,<br />

dass dessen Erhaltung mehr als nur eine wissenschaftliche Arbeit ist.<br />

Die Bewahrung derartiger Stätten ist vielmehr global im Rahmen der<br />

Geschichte unserer Erde zu sehen. So wurde damals, nur wenige Kilometer<br />

von der berühmten Felsplatte entfernt, die Declaration of the<br />

Rights of the Memory of the Earth verabschiedet, besser bekannt unter<br />

dem Namen « Deklaration von Digne ». Damit war in Digne-les-Bains<br />

eine neue Art von Weltkulturerbe geboren: das geologische Erbe.<br />

Einige Jahre später setzte die UNESCO den Schutz dieses Erbes<br />

in die Praxis um und schuf in der Hochprovence den ersten Geopark.<br />

Er umfasst rund 60 Gemeinden im Departement Alpes-de-Haute-<br />

Provence und basiert im Wesentlichen auf einer Schutzzone, die bereits<br />

1984 an der Grenze zwischen den Departements Alpes-de-Haute-<br />

Provence und Var als Réserve Naturelle Nationale Géologique de Haute-<br />

Provence, also als Nationales Naturschutzgebiet, eingerichtet worden<br />

war. Inzwischen sind auf der ganzen Welt mehr als 100 Geoparks<br />

entstanden. Doch der Géoparc de Haute-Provence, dessen Sitz in Digne<br />

liegt – einer friedlichen kleinen Stadt, in der die Präfektur des Departements<br />

ansässig ist –, wird auf der ganzen Welt als die Wiege aller<br />

Geoparks angesehen.<br />

Das Faszinierende dabei ist, dass man sich mit dem Géoparc de Haute-Provence<br />

nicht nur für den Schutz eines geologischen Erbes einsetzt,<br />

sondern dass es darüber hinaus gelungen ist, eine auf den ersten Blick<br />

für die Allgemeinheit eher schwer zugängliche Wissenschaft – nämlich<br />

die Geologie – sehr lebendig zu gestalten, sodass es ein richtiges<br />

Erlebnis ist, sie zu entdecken. Man muss kein Fachmann sein, um von<br />

den Fossilien der Dalle aux ammonites beeindruckt zu sein. Besonders<br />

26 · Frankreich erleben · <strong>Winter</strong> <strong>2017</strong>/<strong>18</strong>

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