Nr.65 - Winter 2017 / 18
Géoparc de Haute-Provence, eine erstaunliche Reise in die Vergangenheit der ErdeVal de Loire: Chédigny, ein Dorf wird zum Garten Grand-Est: Mondial Air Ballons, der poetische Aufstieg von 456 Heißluftballons Occitanie: Die große Höhle von Cabrespine, ein unterirdisches Abenteuer Chantals Rezept: la blanquette de saumon
Géoparc de Haute-Provence, eine erstaunliche Reise in die Vergangenheit der ErdeVal de Loire: Chédigny, ein Dorf wird zum Garten
Grand-Est: Mondial Air Ballons, der poetische Aufstieg von 456 Heißluftballons
Occitanie: Die große Höhle von Cabrespine, ein unterirdisches Abenteuer
Chantals Rezept: la blanquette de saumon
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire<br />
Chédigny ist auf den ersten<br />
Blick ein kleines Dorf, wie es<br />
in Frankreich viele gibt. Es<br />
besaß zwar immer einen gewissen<br />
Charme, trotzdem wanderten seit<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts immer<br />
mehr Geschäfte ab, und die Hauptstraße,<br />
die das Dorf in seiner ganzen<br />
Länge durchquert, verödete zunehmend.<br />
Dagegen hielten im Laufe der Zeit immer<br />
mehr Autos, Lastkraftwagen, Stromkabel, Antennen<br />
und Verkehrsschilder Einzug, die das<br />
Aussehen langsam, aber sicher verunstalteten. Ende der<br />
90er-Jahre hatte jedoch der ehemalige Bürgermeister von<br />
Chédigny, Pierre Louault (der im September dieses Jahres<br />
zum Senator gewählt wurde), eine Idee, mit der er hoffte,<br />
dieser Entwicklung Einhalt gebieten und sie sogar ins Gegenteil<br />
kehren zu können. Er war gerade mit seiner Frau<br />
von einem Aufenthalt in der Drôme zurückgekehrt, wo sie<br />
in Grignan dem Charme der Kletterrosen, die viele Häuserfassaden<br />
dieser Gemeinde schmücken, erlegen waren.<br />
Sie dachten sich, dass etwas, was in Grignan möglich war,<br />
auch in Chédigny möglich sein musste: Das Schöne sollte<br />
die Oberhand über das Hässliche gewinnen, Pflanzen<br />
sollten das Schicksal des Dorfes verändern.<br />
Entschlossen und mit Überzeugungskraft gelang es<br />
Pierre Louault, seine Mitbürger mit ins Boot zu holen.<br />
Alle krempelten die Ärmel hoch und waren bereit, sich<br />
in das – zugegebenermaßen etwas verrückte – Abenteuer<br />
zu stürzen, Chédigny in ein regelrechtes Village Jardin,<br />
ein Gartendorf, zu verwandeln. Das gab es bis dato noch<br />
nicht. Innerhalb weniger Monate erfolgten die ersten Anpflanzungen.<br />
Als im Rahmen eines Flächennutzungsplans<br />
Bauarbeiten durchgeführt wurden, um Kabel in die Erde<br />
zu verlegen, nutzte die Gemeinde dies, um eine mutige<br />
Entscheidung zu treffen und umzusetzen: Die Gehwege<br />
wurde abgeschafft und die Geschwindigkeit von 50 km/h<br />
auf 20 km/h gesenkt. Es gelang sogar, eine Umgehung<br />
des Dorfzentrums für den Fahrzeugverkehr einzurichten,<br />
dank derer Fußgänger nun in Ruhe durch das Dorf flanieren<br />
können. Für Autos wurden an den Eingängen des<br />
Dorfes Parkplätze eingerichtet. Die Gemeinde pflanzte<br />
Büsche, einjährige- und mehrjährige Pflanzen, Gräser<br />
und vieles mehr, vor allem aber sehr viele Rosen, alte<br />
und wohlriechende Sorten: Heute kann man mit Sicherheit<br />
800 Stöcke zählen, vermutlich sind es sogar an die<br />
1000 …<br />
Sehr schnell ließen sich die Dorfbewohner begeistern,<br />
und jeder trug auf seine Weise zur Begrünung und Verschönerung<br />
bei. In der Folge häuften sich die Auszeichnungen.<br />
2002 verlieh die Region Centre Chédigny den<br />
Premier prix de Fleurissement. 2004 erhielt das Dorf im<br />
Rahmen des berühmten Concours national des Villes et Villages<br />
fleuris – eine Referenz im Hexagon (siehe Frankreich<br />
erleben Nr. 28, August 2010) – die erste Blume, 2005 die<br />
zweite und 2007 dann die dritte. Heute besitzt Chédigny<br />
die maximale Anzahl von vier Blumen, eine Anerkennung,<br />
die nur 234 anderen Dörfern in Frankreich zuteilwurde.<br />
Vorherige Doppelseite und oben: Die Hauptstraße von Chédigny war früher stark befahren.<br />
Heute ist aus ihr eine Promenade für Spaziergänger geworden.<br />
Rechts: Der öffentliche Waschplatz des Dorfes wurde umgestaltet, nun gedeihen hier Wasserpflanzen, zum Beispiel Schachtelhalm.<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Winter</strong> <strong>2017</strong>/<strong>18</strong>