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HAUS- & WOHNUNGSBAU<br />
Unterlassungsanspruch bei Blendung durch Solaranlage<br />
Rechtliche Information durch die Rechtsanwaltskanzlei „Weiskopf/Kappacher/Kössler“<br />
Der Eigentümer einer Liegenschaft<br />
kann dem Nachbarn<br />
die von dessen Liegenschaft<br />
ausgehenden Immissionen<br />
(z.B. Abwässer, Rauch, Geruch,<br />
Lärm, und ähnliche) insoweit<br />
untersagen, als sie das nach den<br />
örtlichen Verhältnissen gewöhnliche<br />
Maß überschreiten und<br />
die ortsübliche Benutzung des<br />
Grundstückes wesentlich beeinträchtigen.<br />
Die Grenze zulässiger<br />
Immission ist durch die Ortsüblichkeit<br />
der Immission und<br />
die ortsübliche Benützung des<br />
Grundstückes gegeben, welche<br />
durch den Eingriff nicht wesentlich<br />
beeinträchtigt werden darf.<br />
Einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof<br />
(OGH) entschiedenen<br />
Rechtssache lag nachfolgender Sachverhalt<br />
zu Grunde: Die Streitteile<br />
sind Eigentümer benachbarter Wohngrundstücke.<br />
Im Jahr <strong>20</strong>12 errichteten<br />
die Beklagten einen Wintergarten<br />
mit Terrasse, auf welchem eine Solaranlage<br />
montiert wurde, wobei zwei<br />
Solarpaneele in Richtung des Hauses<br />
des Klägers geneigt sind. Von diesen<br />
Solarpaneelen gehen – bei entsprechendem<br />
Sonnenstand und Einfallswinkel<br />
– Sonnenlichtreflexionen aus,<br />
die unter anderem den (südseitigen)<br />
Balkon und eine (westseitige) Terrasse<br />
des Nachbarhauses des Klägers erreichen,<br />
und zwar von Mitte April bis<br />
Ende September für einen Zeitraum<br />
von etwa zwei bis drei Stunden. In<br />
dieser Zeit wandert das durch die<br />
Reflexionen verursachte etwa <strong>20</strong> cm<br />
breite Lichtband über den Balkon des<br />
Hauses nach unten. Da die Solarpaneele<br />
niedrig angebracht sind, kommt<br />
Dr. Michael Kössler, Dr. Rainer Kappacher und Mag. Stefan Weiskopf (v. l.) verfolgen ein Ziel: die Interessen ihrer Mandanten<br />
bestmöglich zu vertreten. Kompetenter Ansprechpartner für Unternehmen, Banken, Gebietskörperschaften und Privatpersonen.<br />
das Licht dabei – anders als natürliches<br />
Sonnenlicht – aus waagrechter<br />
Richtung bzw. „von unten“. Die Bestrahlungsintensität<br />
entspricht einer<br />
Blendung, wie sie bei einem direkten<br />
Blick in die Sonne gegeben ist. Während<br />
der Reflexionen ist ein Aufenthalt<br />
und eine Benützung des Balkons<br />
ohne Sonnenschutz nicht möglich,<br />
weil auch ein kurzer (unwillkürlicher)<br />
Blick in das reflektierte Sonnenlicht<br />
zu einer Augenschädigung führen<br />
kann. Ein Abwehren dieser Strahlung<br />
wäre etwa durch das Aufstellen eines<br />
Sonnenschutzes (z.B. Sonnenschirms)<br />
auf der Westseite des Balkons des Klägers<br />
möglich. Eine Reduktion der<br />
Blendwirkung könnte auch durch das<br />
Versehen der Solarpaneele mit einem<br />
Anstrich erreicht werden.<br />
Das Erstgericht erkannte die Beklagten<br />
entsprechend dem Urteilsantrag<br />
für schuldig, es zu unterlassen,<br />
im Wege der unmittelbaren Reflexion<br />
Sonnenlicht bzw. Sonnenenergie<br />
vom Grundstück der Beklagten auf<br />
das Grundstück des Klägers zuzuleiten,<br />
soweit dies das nach den örtlichen<br />
Verhältnissen gewöhnliche<br />
Maß überschreitet und die ortsübliche<br />
Benützung des Grundstücks<br />
des Klägers wesentlich beeinträchtigt.<br />
Hingegen wies das Berufungsgericht<br />
die Klage ab. Dagegen erhob der Kläger<br />
Revision an den OGH, welcher<br />
im Ergebnis das Urteil des Erstgerichtes<br />
wiederherstellte.<br />
Begründend führt der OGH aus,<br />
dass die vorliegenden, von der Solaranlage<br />
der Beklagten ausgehenden<br />
Einwirkungen auf das Grundstück des<br />
Klägers (Immissionen) nicht als örtsüblich<br />
qualifiziert werden können. Zudem<br />
seien die Paneele in ungewöhnlich<br />
niedriger Höhe angebracht und<br />
damit die besonders unangenehme Art<br />
der Blendwirkung überhaupt erst herbeigeführt<br />
worden. Dies stelle einen<br />
objektiven Fehler in der Sphäre der<br />
Beklagten dar. Je mehr aber die schädlichen<br />
Immissionen auf ein Manko in<br />
der Sphäre des Störers zurückzuführen<br />
seien, umso weniger könne dem<br />
Gestörten zugemutet werden, selbst<br />
Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.<br />
Dem Kläger könne daher nicht zugemutet<br />
werden, Sonnenschirme zu erwerben,<br />
diese an bestimmten Stellen<br />
seiner Liegenschaft zu platzieren und<br />
(täglich) vor Beginn der gesundheitsgefährdenden<br />
Blendwirkung in Funktion<br />
zu setzen, insbesondere auch deshalb,<br />
da die Beklagten ohne weiteres selbst<br />
auf ihrer Liegenschaft die Initiative zu<br />
einem vergleichbaren Schutz ergreifen<br />
können. Abgesehen von der schon<br />
vom Erstgericht festgestellten Möglichkeit<br />
der Verringerung der Blendwirkung<br />
durch Aufbringen eines Anstrichs<br />
wäre etwa an die Montage eines<br />
Sonnensegels an der östlichen Kante<br />
des Wintergartendachs zu denken,<br />
das senkrecht montiert und in den<br />
kritischen Zeiten aufgespannt wird.<br />
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13./14. Mai <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
RUNDSCHAU Seite 25