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LA KW 20

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Was wann getan wurde<br />

Land stellt Ischgler Coronavirus-Chronologie zur Verfügung<br />

(dgh) Aufgrund der Kritik, die Gesundheitsbehörden hätten<br />

in Ischgl keine oder zu spät Maßnahmen gesetzt, stellt das Land<br />

folgende Coronavirus-Chronologie von 5. bis 13 März zur Verfügung.<br />

Diese Chronologie wurde vom<br />

Land aufgrund der Ermittlungen<br />

der Staatsanwaltschaft auch an die<br />

Landespolizeidirektion übermittelt.<br />

Jedes einzelne genannte Detail kann<br />

seitens der Gesundheitsbehörden<br />

mit Belegen untermauert werden,<br />

teilt das Land mit. Demnach trafen<br />

am 5. März erste Infos aus Island ein.<br />

Da die Daten der an Covid-19 erkrankten<br />

isländischen Urlaubsgäste<br />

nicht zur Verfügung standen, ordnete<br />

die BH Landeck als zuständige<br />

Gesundheitsbehörde an, die persönlichen<br />

Daten aller Gäste aus Island,<br />

An- und Abreiseart sowie die Dauer<br />

des Aufenthalts in Ischgl ab Mitte<br />

Februar zu erheben. Über den Ischgler<br />

Arzt wurde geprüft, ob Isländer<br />

mit grippeähnlichen Symptomen<br />

behandelt worden waren – bei zwei<br />

von 90 war dies der Fall, bei beiden<br />

bestand aber kein Zusammenhang<br />

mit einer Covid-19-Erkrankung. Am<br />

6. März vormittags wurde der Arzt<br />

von der Gesundheitsbehörde angehalten,<br />

bei ausnahmslos allen Patienten,<br />

bei denen die Symptomatik<br />

eines Infektes festgestellt wird, einen<br />

Rachenabstrich durchzuführen. Am<br />

Nachmittag des 6. März erhielt die<br />

Polizei in Ischgl Namen und Aufenthaltsdaten<br />

der an Covid-19 erkrankten<br />

isländischen Urlaubsgäste.<br />

Anhand dieser Informationen wurden<br />

Kontaktpersonen in den betreffenden<br />

Hotels ermittelt. Lediglich<br />

bei einer wurden leichte grippeähnliche<br />

Symptome festgestellt. Diese<br />

wurde sofort isoliert und getestet –<br />

sie war negativ.<br />

(dgh) Rund 1000 Seiten umfasst<br />

der Corona-Bericht, den die Staatsanwaltschaft<br />

Innsbruck vergangene<br />

Woche von der Polizei erhalten hat.<br />

Wie Staatsanwaltschaftspressesprecher<br />

StA Mag. Hansjörg Mayer via<br />

ORF erklärt hat, geht‘s vor allem<br />

darum, wer wann worüber Bescheid<br />

gewusst und wie reagiert hat. Die<br />

Anklagebehörde prüft den Bericht<br />

nun und entscheidet, ob z.B.<br />

Nacherhebungen nötig sind und ob<br />

13./14. Mai <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BARKEEPER. Im Zuge der vorsorglich<br />

begonnenen Überprüfung<br />

von Patienten mit grippeähnlichen<br />

Symptomen wurde am 7. März vormittags<br />

am Barkeeper des „Kitzloch“<br />

ein Rachenabstrich durchgeführt<br />

und dessen Absonderung veranlasst.<br />

Noch am Abend desselben Tages<br />

wurde die Bezirkshauptmannschaft<br />

Landeck verständigt, dass das Ergebnis<br />

des Abstrichs dieser Person<br />

positiv ist – das erste positive Testergebnis<br />

in Ischgl. „Festzuhalten<br />

ist, dass die Tiroler Gesundheitsbehörde<br />

mit der oben beschriebenen<br />

Vorgangsweise zusätzliche, über die<br />

gängigen Vorgaben hinausgehende<br />

Maßnahmen angeordnet hat. Eine<br />

Testung war nach den damals geltenden<br />

Regelungen des Bundes in<br />

Fällen, in denen nur grippeähnliche<br />

Symptome ohne zusätzliche Risikoindikatoren<br />

festgestellt werden (z.B.<br />

Aufenthalt in einer Region, in der<br />

bereits laufend neue Fälle aufgetreten<br />

sind) nicht vorgesehen“, teilt<br />

das Land Tirol mit. In Tirol wurden<br />

diese Testungen dennoch durchgeführt,<br />

wodurch der Barkeeper als<br />

Covid-19-positiv erkannt wurde. Es<br />

wurden umgehend Erhebungen zur<br />

Ermittlung von Kontaktpersonen<br />

durchgeführt: 19 Kontaktpersonen<br />

aus dem Kreis der Arbeitskollegen<br />

und Urlaubsgäste im Lokal wurden<br />

abgesondert. Die Bar wurde zudem<br />

vorübergehend behördlich gesperrt,<br />

es wurde angeordnet, die gesamte<br />

Belegschaft auszutauschen und<br />

die Bar zu desinfizieren, was am 8.<br />

März passierte. Nach Austausch des<br />

Personals wurde der Barbetrieb vorerst<br />

fortgesetzt. Am 9. März lagen<br />

dann die Ergebnisse der Testungen<br />

vor: 16 Mitarbeiter und Kontaktpersonen<br />

waren positiv. Das „Kitzloch“<br />

wurde dann mit Bescheid der<br />

BH Landeck am selben Tag mit sofortiger<br />

Wirkung geschlossen. Kurz<br />

darauf hat das Land Tirol dann alle<br />

Wer, wann, was<br />

ein Ermittlungsverfahren weiterzuführen<br />

ist. Der mögliche Vorwurf<br />

lautet Gefährdung durch übertragbare<br />

Krankheiten. Mehr als 300<br />

Corona-Betroffene schließen sich<br />

dem Ermittlungsverfahren als Opfer<br />

an. Von politischer Seite ist eine Expertenkomission<br />

vorgesehen. Auch<br />

LH Günther Platter will „eine klare<br />

und tiefgreifende Analyse“, etwa der<br />

Unterschiede der Vorgangsweise der<br />

Bezirkshauptmannschaften.<br />

Das Land unter LH Günther Platter legt seine Ischgl-Coronavirus-Chronologie vor.<br />

Après-Ski-Lokale in Ischgl behördlich<br />

geschlossen und wenige Tage<br />

später die touristische Wintersaison<br />

für beendet erklärt, indem behördlich<br />

alle Liftanlagen und Hotelbetriebe<br />

geschlossen wurden. Tirol<br />

war das erste Bundesland in ganz<br />

(dgh) Der Verbraucherschutzverein<br />

VSV zog am 5. Mai Zwischenbilanz<br />

der Sammelaktion „Corona-<br />

Virus-Tirol-Opfer“: Bislang haben<br />

sich 5380 gemeldet – mit 3680<br />

die meisten aus Deutschland (65<br />

Prozent). Aus nahezu jedem europäischen<br />

Land, aber auch aus den<br />

USA, aus Israel, aus Russland, aus<br />

Singapur oder Hongkong kommen<br />

Meldungen. 75 Prozent geben an,<br />

in Ischgl auf Urlaub gewesen zu<br />

sein, 73 Prozent wurden bei der<br />

Heimkehr Corona-positiv getestet,<br />

Kritik der Opposition<br />

(dgh) „Das Sozialministerium und<br />

die Tiroler Landesregierung haben am<br />

5. März <strong>20</strong><strong>20</strong> deutlich umfassendere<br />

Informationen aus Island erhalten, als<br />

bisher bekannt war – das Nachrichtenmagazin<br />

Profil berichtet in seiner<br />

neuesten Ausgabe“, sagt ist Liste Fritz-<br />

<strong>LA</strong> Markus Sint. Die Einsetzung der<br />

unabhängigen Untersuchungskommission<br />

zur Corona-Krise in Tirol<br />

nehme Fahrt auf – eine der zentralen<br />

zu klärenden Fragen sei: Warum hat<br />

der Innsbrucker Stadtmagistrat, nach<br />

Bekanntwerden erster Corona-Fälle<br />

in Innsbruck am 25. Februar, so viel<br />

drastischer durchgegriffen, als es die<br />

Foto: Land Tirol<br />

Österreich, das derart weitreichende<br />

Schritte gesetzt hat. Zudem wurde<br />

das gesamte Paznaun am 13. März<br />

unter Quarantäne gestellt. Am 18.<br />

März hat das Land Tirol dann eine<br />

Quarantäneverordnung für alle 279<br />

Tiroler Gemeinden verfügt.<br />

Bezirkshauptmannschaft Landeck<br />

bei den Fällen in Ischgl getan hat?<br />

Sint verlangt volle Transparenz und<br />

Aufklärung. Dr. Georg Dornauer,<br />

SP-Landesparteivorsitzender und<br />

Klubobmann der SPÖ, betont die<br />

Wichtigkeit der ehestmöglichen Einsetzung<br />

einer unabhängigen Untersuchungskommission.<br />

FP-Landeschef<br />

Markus Abwerzger hält es „für absolut<br />

möglich, dass bei rascherem Handeln<br />

man möglicherweise den Shutdown<br />

verhindern hätte können“. Für ihn ist<br />

ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss<br />

des Nationalrats zur Covid-<br />

19-Pandemie dringlich.<br />

5500 Meldungen<br />

VSV hat fast 5500 „Corona-Opfer“ erfasst – 25 Todesopfer<br />

sagt Peter Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereines<br />

(VSV). Für<br />

die Masse hieß das Heimquarantäne,<br />

aber 2,5 Prozent kamen ins<br />

Krankenhaus oder sogar auf die<br />

Intensivstation. Inzwischen sind<br />

auch 25 Tote zu beklagen. „Die Ablehnung<br />

jeder Verantwortung durch<br />

Tirol und der Bundesregierung ist<br />

angesichts dieser Fakten ungeheuerlich“,<br />

meint Peter Kolba, „wir<br />

werden alles tun, um diesen Fall<br />

von Verantwortungslosigkeit aufzuklären“.<br />

RUNDSCHAU Seite 33

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