SchlossMagazin Juni 2020 Bayerisch-Schwaben und Fünfseenland
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
14 | REGION | WIR WOLLEN…, WIR MÜSSEN…, WIR WERDEN…
SEBASTIAN SEIDEL, Sensemble Theater · FOTO wikipedia
Tourismusdirektor GÖTZ BECK · FOTO Regio Augsburg
eine wichtige Inspirationsquelle verloren. Um sein Ensemble fit zu halten,
spendierte Augsburgs Ballettchef Ricardo Fernando jedem seiner
Tänzer zwei Quadratmeter Tanzteppich fürs Trainieren zuhause, denn
nicht auf jedem Boden lässt sich professionell tanzen. Bei der (Ballett-)
Stange gehalten wurden die Ensemblemitglieder durch regelmäßige Videokonferenzen.
Als Glück im Unglück erwies sich die bereits vorangetriebene
VR-Idee, dank derer während Corona eine Tanzchoreografie der
besonderen Art realisiert werden konnte: shifting_perspective. Tänzer
und Tänzerinnen betraten einzeln die Bühne, wurden beim Tanz gefilmt
und machten dann Platz für den Kollegen/die Kollegin, der/die dann wiederum
einzeln aufgenommen wurde/n. Später legte man die Sequenzen
übereinander und schuf einen Film, bei dem der Zuschauer mittels VR-
Brille quasi auf der Tanzfläche mitten in der Aktion dabei sein kann.
Ricardo Fernando: „Die Tatsache, wieder einmal auf einer Bühne performen
zu können, wenn auch ohne Publikum, ließ bei manchen Tänzer*innen
die Freudentränen fließen.“ Für die Zukunft hat Ricardo Fernando einen
großen Wunsch: „Wir hoffen, dass es uns so bald wie möglich gelingt, das
Publikum zum Besuch unserer Aufführungen zu motivieren.“
„DAS ERKLÄRTE ZIEL:
DAS PUBLIKUM ZUM
KOMMEN ZU MOTIVIEREN“
RICARDO FERNANDO
Kleinere, privat betriebene Kulturstätten,
die stets unter dem Zwang ökonomischen
Erfolgs stehen, sind noch stärker
betroffen von der Krise als das
subventionierte Staatstheater. Zu den
Kleinen zählt das Sensemble Theater unter der Leitung von Sebastian
Seidel. Nie hätte der sich vorstellen können, dass es zwei Monate lang
keine Vorstellungen und damit keine Einnahmen geben könnte – und
schon gar nicht ausgerechnet in der Jubiläumsspielzeit. Am 27. Mai vor
genau 20 Jahren war das Stück „Die Gottesanbeterin“ erstmals über die
Bühne gegangen. Seither hat der Theaterleiter und Autor über 100
Stücke aufgeführt. Für die freien Künstler, die das Sensemble Theater
beschäftigt, tut es Sebastian Seidel besonders leid. Aber auch für ihn
selbst gestaltet sich die Zukunft fraglich. „In dem relativ kleinen Theaterraum
mit Platz für normalerweise rund 100 Zuschauer könnten derzeit
nur maximal 25 Zuschauer sitzen und auch sonst sind die strengen
Hygienevorschriften nur schwer umzusetzen. Wie soll sich das auf Dauer
rechnen?“ klagt Seidel. Doch grundsätzlich ist er positiv gestimmt: „Mit
der Stadt haben wir noch für vier Jahre einen Fördervertrag und auch der
Mietvertrag für die Kulturfabrik läuft noch zehn Jahre.“ Und seit kurzem
strahlt Licht am Ende des Tunnels: Voraussichtlich ab 2. Juli darf dann auf
der Wiese neben der Kulturfabrik wieder gespielt werden. Auf der Agenda
stehen bis 25. Juli zwölf Vorstellungen der Komödie „Barbie, schieß
doch!“. Außerdem werden neue Folgen der Improvisations-Komödie „Die
Wohngemeinschaft“ live zu sehen sein (www.sensemble.de). Die Wartezeit
verkürzen auch beim Sensemble Videos zum Online-Gucken. Das
neue Spielzeitprogramm steht ebenfalls bereits online, unter dem Motto
„Die Richtung stimmt“, was eigentlich das Motto der Jubiläums-Gala sein
sollte. Und ein großes Anliegen hat Seidel an die Politik: Theater sollten
die Möglichkeit bekommen, aus Fördergeldern Rücklagen, einen Risiko-
Kapital-Fonds, bilden zu können. Bislang muss das Gros an Förderbeträgen
sofort ausgegeben werden. Diese Konsequenz sollte aus Corona
gezogen werden.
„DER REIZ LIEGT AUF LIVE“
SEBASTIAN SEIDEL
Spuren hat die Corona-Krise nicht nur
im kulturellen Bereich hinterlassen,
sondern auch bei vielen Wirtschaftsunternehmen.
Dabei waren die verschärften Hygienemaßnahmen im
Handel oft der Knackpunkt. Länger als Friseure musste die Kosmetik-
Branche den Lockdown erdulden, was Ariane Grandel, Geschäftsführerin
der Augsburger Cosmetic Gallery und Mitverantwortliche im Familienunternehmen
Dr. Grandel GmbH, Anfang Mai zu einer Petition an den Bundeswirtschaftsminister
veranlasste, um für die zeitnahe Wiedereröff-