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Gewässerrestaurieren in Rahlstedt - rahlstedter kulturverein

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Abbildung 6:<br />

Weiblicher Akt im Wasser, 1971,<br />

Aquarell, 31x24 cm<br />

Abbildung 7:<br />

Sie sehen das Grauen, Farbholzschnitt<br />

Ölmalerei nahebrachten.<br />

Als Expressionistenverehrer war 1938 die befohlene Ausstellung<br />

„Entartete Kunst“ e<strong>in</strong> entsetzliches Erlebnis für Werner Thiele. Die<br />

Grundlagen se<strong>in</strong>es Stiles wurden erschüttert und geschmäht. Das von<br />

ihm erstrebte „Bild der Wahrheit“ wurde hier zur verzerrten Lügenfratze<br />

gestempelt. Dabei hatte schon Matisse zu bedenken gegeben: „Es lässt<br />

sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em allzu ordentlichen Haushalt nicht leben. Also bricht man<br />

<strong>in</strong> die Wildnis auf, um sich e<strong>in</strong>fachere Mittel zu schaffen, die den Geist<br />

nicht ersticken!“<br />

Das war auch Thieles Richtung und es muss ihn ähnlich getroffen<br />

haben, wie den damals 14-jährigen Hanno Edelmann, der sich den Zugang<br />

zur Ausstellung „Entartete Kunst“ regelrecht erschlichen hatte,<br />

denn nur Erwachsene waren zugelassen. „Der Zufall (des E<strong>in</strong>tritts)<br />

machte mir e<strong>in</strong> Geschenk. Dieses Geschenk war e<strong>in</strong> Hauch von Kunst,<br />

der mich berührte. ... Dieses entartete Bild (Die W<strong>in</strong>dsbraut) von Kokoschka<br />

kam wohl zur rechten Zeit, denn vielleicht wäre ich sonst von<br />

der glatten, naturalistischen Malerei bee<strong>in</strong>flusst worden. E<strong>in</strong>e Katastrophe,<br />

vor der es mich bewahrt hat!“ 6<br />

Was <strong>in</strong> dem jungen Hanno Edelmann künstlerisch so heranreifte,<br />

vollzog sich beim 27-jährigen Werner Thiele vermutlich als Weichenstellung<br />

zu späterer ganz bewusster Stellungnahme: Thiele strebte e<strong>in</strong>e<br />

Synthese aus mehreren Standpunkten an. Durch Fauves und Expressionismus<br />

durchströmt ihn die „Wahrheit durch Farbkraft“, unterstützt<br />

durch die „Wahrheit der Form“ des Kubismus. Gerade das wurde se<strong>in</strong> Anliegen<br />

als Maler: Das S<strong>in</strong>nliche mit dem Geistigen <strong>in</strong> Balance zu br<strong>in</strong>gen und gegen<br />

die Drahtverhaue der starren Regeln des automatisierten Lebensablaufs den<br />

Bildern sozusagen e<strong>in</strong>e belebende Unregelmäßigkeit beizumischen. Vielleicht<br />

auch als gezielte Unwucht des Gegenstücks zur notwendigen Genauigkeit als<br />

Fe<strong>in</strong>mechaniker. Doch diese Genauigkeit ist es, die ihn hier z.B. se<strong>in</strong>e<br />

Malgründe penibel vorbereiten lässt.<br />

Wie er den <strong>in</strong>nerlichen Kampf gegen die verordnete Reichskunstdoktr<strong>in</strong><br />

ausgehalten hat, können wir nur ahnen. Da er damals <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Bescheidenheit kaum an die Öffentlichkeit trat, malte er <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

aus dem Empf<strong>in</strong>den se<strong>in</strong>er Begabung, „...weil die Malerei schon mit mir<br />

da war, solange ich denken kann.“ 7 Diesem se<strong>in</strong>em Bekenntnis zum lebenslangen<br />

künstlerischen Selbststudium wird er nach langer Unterbrechung<br />

erst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em zweiten Leben nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

wieder folgen können.<br />

Zunächst musste er 1939 Soldat werden und nahm am Frankreichfeldzug<br />

teil. Später wurde er im Osten mit der E<strong>in</strong>heit des Generals<br />

Schörner auf der Krim e<strong>in</strong>geschlossen, hatte aber das Glück, dass er mit<br />

e<strong>in</strong>er JU ausgeflogen wurde. Zum Kriegsende geriet er <strong>in</strong> der Tschechoslowakei<br />

<strong>in</strong> Kriegsgefangenschaft und verbrachte lange Jahre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

sibirischen Bleibergwerk unter schwerster körperlicher Arbeit und<br />

schlimmsten Entbehrungen. Versuche zeichnerischer Arbeiten über den<br />

erlebten Alltag <strong>in</strong> der dortigen Hölle bezahlte er bei e<strong>in</strong>er Kontrolle fast<br />

mit se<strong>in</strong>em Leben.<br />

Da er wie viele Spätheimkehrer kaum über se<strong>in</strong>e Lagererlebnisse<br />

sprach, 8 wissen wir heute verbal nichts Genaues über diese Geschehnisse.<br />

Um so stärker zeigte er diese Jahre <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Bildern, denn die Kriegsund<br />

Lagerzeit beschäftigte ihn bis zu se<strong>in</strong>em Lebensende.<br />

Erst 1949 kehrte der 38-jährige Werner Thiele nach Hamburg-<strong>Rahlstedt</strong> zu<br />

se<strong>in</strong>er Frau zurück. Zehn Jahre verbrachte er <strong>in</strong> den Verwirrungen und Straflagern<br />

des Krieges: e<strong>in</strong>e ungeheuerliche Zeit e<strong>in</strong>es lebendigen Todes, immer<br />

mit der Angst, den nächsten Tag nicht mehr erleben zu können oder doch<br />

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