Gewässerrestaurieren in Rahlstedt - rahlstedter kulturverein
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Abbildung 12:<br />
Der Gekreuzigte, 1971, Öl, 145x86 cm<br />
„Für mich als se<strong>in</strong> Drucker war es<br />
immer spannend, ihm die ersten Drucke<br />
vorzulegen. Thiele wusste auf Anhieb, ob<br />
se<strong>in</strong>e Arbeit gelungen war, und entschied<br />
dann, <strong>in</strong> welcher Ausführung er sich die<br />
weiteren Drucke wünschte.“<br />
Abbildung 13:<br />
Mann <strong>in</strong> der Großstadt (Selbstbildnis)<br />
1973, Öl, 114,5x82,4 cm<br />
„Unter den vielen religiösen Arbeiten ist<br />
besonders die Holzschnittfolge ,Apokalypse’<br />
(Offenbarung des Johannes) hervorzuheben,<br />
die aus 25 großformatigen<br />
Blättern besteht und die eigenen Leidenserfahrungen<br />
auf e<strong>in</strong>e religiöse<br />
Ebene transponierte.“ 12<br />
hagenhaus um, und die kommende Zeit war für Thiele und Kriete erfüllt<br />
von künstlerischen Zwiegesprächen im Austausch <strong>in</strong>nerer Spannungszustände.<br />
Sie beschäftigten sich mit den gleichen Themen: die Kriegserlebnisse,<br />
die Leidensgeschichte Jesu, der Mensch als e<strong>in</strong>sames Individuum <strong>in</strong><br />
Industrie- und Stadtlandschaft und als Gemütstrost immer wieder die<br />
Natur von sanft und üppig bis ruppig im Sturm. Der spätste<strong>in</strong>hagensche<br />
Stil, der beiden Malern zu dieser Zeit als geme<strong>in</strong>same Plattform diente,<br />
zeigte se<strong>in</strong> Erbe als Kraft der Entfaltung zu Neuem, das Eigenes werden<br />
könnte. In e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Ausstellung der „Herbstlichen Festtage <strong>in</strong><br />
<strong>Rahlstedt</strong>“ 1969 zeigten sich die Spuren der verschiedenen Wege, die sie<br />
bis dah<strong>in</strong> gegangen waren. 11<br />
1956 trat e<strong>in</strong> Mensch <strong>in</strong> Thieles Leben, der ihn lange begleiten sollte:<br />
Walter Me<strong>in</strong>hart, Jahrgang 1925, e<strong>in</strong> Kollege der Fe<strong>in</strong>mechanik, begann bei<br />
den Geyer-Werken mitzuarbeiten. Neben se<strong>in</strong>en geschickten Händen vere<strong>in</strong>te<br />
Walter Me<strong>in</strong>hart <strong>in</strong> sich die Tugenden der gebildeten Neugierde für Literatur,<br />
Kunst und Musik. Se<strong>in</strong> Vater hatte dafür gesorgt, dass sich der<br />
junge Walter besonders für Musik <strong>in</strong>teressierte: Klassische Musik ist viel zu<br />
schwer für K<strong>in</strong>der, also Radio aus! war dessen Motto, was dazu führte,<br />
dass das Verbotene heimlich kultiviert wurde. Schnell zeigte sich im Kontakt<br />
der beiden, dass auch bei Thiele neben der Kunst die Passionen Musik<br />
und Literatur zu se<strong>in</strong>em Lebensstil gehörten. E<strong>in</strong>e besondere Liebe pflegte<br />
Thiele zum großen Symphoniker Anton Bruckner, dessen orchestrale<br />
Klangfarbenpracht ihm e<strong>in</strong>e Offenbarung war. Die beiden Männer freundeten<br />
sich an und erkannten die Wertschätzung ihrer Geme<strong>in</strong>samkeiten.<br />
Da Thiele se<strong>in</strong>e Holzschnitte als e<strong>in</strong>zelne Handdrucke abzog, sprachen sie<br />
bald über Druckmöglichkeiten, und der geschickte Walter Me<strong>in</strong>hart baute für<br />
Thiele e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Kupferdruck-Presse, mit der Thiele nun Radierungen herstellen<br />
konnte. Bald folgte e<strong>in</strong>e größere, schwerere, und Me<strong>in</strong>harts technische Inspirationen<br />
regten Thiele zu e<strong>in</strong>er weiteren<br />
<strong>in</strong>tensiven Ausdrucksform auf diesem<br />
Gebiet an. Die Fähigkeit zum E<strong>in</strong>satz<br />
se<strong>in</strong>er beachtlichen graphischen Mittel<br />
erlaubten Thiele nun, die Arbeiten von<br />
Blatt zu Blatt unterschiedlich zu gestalten.<br />
Walter Me<strong>in</strong>hart wurde der autorisierte<br />
Drucker von Thiele. Als dessen<br />
künstlerische rechte Hand druckte<br />
Me<strong>in</strong>hart bald auch für Jens Cords,<br />
Horst Janssen, Gisela Röhn und den<br />
Ste<strong>in</strong>hagen-Nachlass. Thieles Möglichkeiten<br />
brachten ihn Anfang der 80er<br />
Jahre zu se<strong>in</strong>en farbigen Holzschnitten,<br />
bei denen er die verschiedenen Farben<br />
nache<strong>in</strong>ander im Druckvorgang presste,<br />
anstatt die nachträgliche Färbung mit<br />
dem P<strong>in</strong>sel aufzutragen. Die Farben-<br />
pracht der Drucke <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em letzten Lebensjahrzehnt<br />
wirft gebündelte Botschaften<br />
auf das staunende Auge des Betrachters.<br />
Wenn wir Werner Thieles Werk betrachten, fällt uns auf, dass er aus den<br />
dunklen „sibirischen Grau-Braun-Tönen“ der 50er Jahre kont<strong>in</strong>uierlich e<strong>in</strong> Bekenntnis<br />
zur Befreiung der Farbe <strong>in</strong> ungebrochen re<strong>in</strong>es Leuchten entwickelt.<br />
Wie die Fauvisten mied er bald die weichen, schimmernden Farben zugunsten<br />
von klaren und rhythmisch gesetzten Farbtönen. Schon hier wird „absehbar“,<br />
46<br />
Abbildung 14:<br />
Walter Me<strong>in</strong>hart, 1981, Öl, 100x80 cm