STADTBLATT_20.04
Das Osnabrück Magazin. Ausgabe April 2020
Das Osnabrück Magazin. Ausgabe April 2020
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(K)ein Platz<br />
zum Wohnen<br />
Der Wohnungsmarkt in Osnabrück ist angespannt.<br />
Die Mieten steigen, die Zahl der Sozialwohnungen sinkt,<br />
das Angebot an bezahlbarem Wohnraum ist knapp. Eine von<br />
Bürgerinnen und Bürgern durchgesetzte Kommunale Wohnungs -<br />
gesellschaft (KWG) kommt in der Gründungsphase nicht<br />
recht voran. Ihr Wie und Was ist stark umstritten.<br />
VON HARFF-PETER SCHÖNHERR | FOTO REBECCA BRASSE<br />
Gaben den offiziellen Startschuss für die<br />
Reihenhäuser-Vermarktung im Landwehrviertel<br />
(v.l.): Christoph Hüls (Stadtwerke), Thomas<br />
Trendelkamp (BPD), Oberbürger meister<br />
Wolfgang Griesert und Marcel Haselof (ESOS)<br />
wer zu Thomas Fillep will, Osnabrücks<br />
Finanzvorstand, muss im Stadthaus 1 bis<br />
rauf in den vierten Stock. Früher waren<br />
hier mal Krankenhausräume, und das passt irgendwie:<br />
Fillep, auch für die „Baulandoffensive“ verantwortlich,<br />
ope riert am offenen Herz der Stadt.<br />
Wohnraum ist knapp in Osnabrück. Je kostengünstiger,<br />
desto knapper. „Deutlich zu wenig“,<br />
sagt Stadtrat Fillep, „haben wir davon“. Dann präsentiert<br />
er Zahl um Zahl, listet Fakt auf Fakt. Er ist<br />
gut vorbereitet, und das zeigt er auch. Er selbst<br />
wohnt übrigens, „kleiner“, im Schinkel. „Zwischen<br />
Arbeitern und Angestellten. Da fühl ich mich wohl,<br />
geerdet.“ Das soll wohl beweisen: Stadtkämmerer<br />
Fillep ist Sozi.<br />
Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist überaus<br />
angespannt bis besorgniserregend. Extrem steigende<br />
Mieten, die bei wirtschaftlich Schwächeren<br />
bis zu 40 Prozent des Einkommens fressen. Luxussanierungen.<br />
Investoren, die nur auf die Rendite<br />
schauen statt auch auf die Sozialverträglichkeit,<br />
die nur Eigentumswohnungen hochziehen und<br />
Mietobjekte im Hochpreissektor. Zudem schmilzt<br />
bis 2022 die Zahl der Wohnungen mit Sozialbindung<br />
auf 570 ab. 2015 waren es noch 2.034.<br />
Trotzdem sieht Fillep Chancen. Da ist, zum Beispiel,<br />
die Sache mit der Verdichtung. „Osnabrück<br />
hat 1.380 Einwohner pro Quadratkilometer“, rechnet<br />
er vor, „Berlin 4.000, Paris sogar 23.000. Da haben<br />
wir Potenzial.“ Pause. „Natürlich dürfen wir<br />
dann nicht mehr so viele Einfamilienhäuser bauen<br />
wie in der Vergangenheit. Vier- oder fünfgeschossige<br />
Blockbauweise wäre besser, mit schönen Innenhöfen.“<br />
Fillep kritisiert auch. „Osnabrück hat nie Grundstücksbevorratungspolitik<br />
betrieben“, sagt er.<br />
„Fast alles an bebaubarem Land ist in Privatbesitz.“<br />
Platz für 4.500 neue Wohneinheiten gibt es<br />
in der Stadt, theoretisch. Aber die Kommune hat<br />
kaum Zugriff darauf. Fillep: „Da ist viel Überzeugungsarbeit<br />
nötig. In Osnabrück ist die Not-In-<br />
My-Backyard-Fraktion ja stark.“ Für 3.000 Wohneinheiten<br />
muss er planungsrechtlich Bauland entwickeln,<br />
bis Ende 2020, so will es der Rat. Eine<br />
schwere Aufgabe.<br />
Fillip hätte es leichter, hätte die Stadt nicht 2002<br />
auf Betreiben von CDU und FDP die kommunale<br />
Osnabrücker Wohnungsbaugesellschaft (OWG) mit<br />
ihren 3.750 Wohnungen der Privatwirtschaft überlassen.<br />
So aber muss er froh sein, dass es das<br />
„Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ gibt, das<br />
Mitte 2019 die Gründung einer „Kommunalen<br />
Wohnungsgesellschaft“ (KWG) durchgesetzt hat,<br />
im ersten Bürgerentscheid Osnabrücks, mit 56.506<br />
Ja-Stimmen. Mehr als 40 Organisationen hatten<br />
sich dafür stark gemacht, vom DGB bis zum Uni-<br />
AStA, von der Diakonie bis zum Kinderschutzbund.<br />
Gegen eine konservative Mehrheit im Rat.<br />
Die KWG könnte Filleps mächtigstes Mittel werden,<br />
Einfluß auf den örtlichen Wohnungsmarkt zu<br />
nehmen, der mehr und mehr überhitzt. Im Sommer<br />
steht ihre Gründung an, referiert Fillep. Ausgestattet<br />
mit 50 Millionen Euro, als Tochtergesellschaft<br />
F<br />
<strong>STADTBLATT</strong> 4.2020 15