STADTBLATT_20.04
Das Osnabrück Magazin. Ausgabe April 2020
Das Osnabrück Magazin. Ausgabe April 2020
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dort schon lange Tempo 30.“<br />
Manche Route ist zugleich auch Ein- und Ausfallstraße<br />
für rund 60.000 PKW, die täglich nach<br />
Osnabrück einpendeln, für Lieferverkehr und LKW,<br />
manche führen zur Autobahn – solange der motorisierte<br />
Verkehr nicht drastisch reduziert ist, wären<br />
solche Straßen selbst dann für Radfahrer unangenehm,<br />
wenn sie besser ausgebaut wären.<br />
Dazu zählt auch die Hannoversche Straße. Der<br />
hintere Teil der Meller Straße wäre hier die Alternative<br />
oder das, was Driehaus „Vorzugsroute“ für<br />
Radfahrer nennt: „Damit das vernünftig funktioniert,<br />
müsste man dort aber den Straßenraum neu<br />
aufteilen, also die Straße wieder umbauen. So, wie<br />
es jetzt ist, befinden sich die Radwege direkt hinter<br />
parkenden Autos“, argumentiert er.<br />
Oder die Hansastraße. Ausweichroute hier: Die<br />
Bramscher Straße. „Obwohl sie dafür viel zu eng<br />
ist, fahren dort neben PKW auch noch Busse.“ Das<br />
Problem hier, sagt Driehaus, sei das Nahverkehrskonzept,<br />
das der Rat zusätzlich zum „Radverkehrsplan<br />
2030“ beschlossen hat: „Das steht dem Radverkehr<br />
in weiten Teilen im Weg.“<br />
Daniel Doerk, Osnabrücks bekanntester Rad-Aktivist<br />
und Betreiber des Blogs „It started with a<br />
fight“, ist mit vielen Alternativ-Routen unzufrieden.<br />
Am schlimmsten, sagt er, sei für ihn die Liebigstraße<br />
als Ausweichstrecke zum Berliner Platz:<br />
„Die Schutzstreifen an den parkenden Autos sind<br />
eine Katastrophe und man wird ständig viel zu eng<br />
überholt.“<br />
Schutzstreifen, das ist ohnehin ein Reizwort für<br />
ihn. Egal, wo die sich befinden: „Wahrscheinlich<br />
gut gemeint, aber total schlecht gemacht“, sagt<br />
er. „Die Streifen, zum Beispiel an der Knollstraße,<br />
müssen weg“, sagt auch Wolfgang Driehaus. „Oder<br />
sie müssen so breit sein, dass ein Mindestabstand<br />
von 1,50 Meter zwischen Rad und PKW locker eingehalten<br />
werden kann.“<br />
Insgesamt aber seien die einfach am Straßenrand<br />
abmarkierten Radfahrstreifen „keinen Deut<br />
besser als die Hochbordradwege, weil sie viel zu<br />
schmal sind. Viel besser wären separate Radspuren<br />
oder Protected Bike Lanes.“ Solch einen geschützten<br />
Radweg gibt es am Heger-Tor-Wall: „Das muss<br />
Haseuferweg: Durchaus geeigneter Schleichweg, allerdings nicht immer ganz wetterfest<br />
Katharinenstraße: Sichere Vorzugsroute zur<br />
vielbefahrenen Martinistraße – ein wahrer Lebensretter<br />
für Biker jeglicher Couleur<br />
„Angst darf nicht ein<br />
Hinderungsgrund sein, mit<br />
dem Fahrrad zu fahren.“<br />
Daniel Doerk, Radblogger<br />
der Maßstab für die Zukunft sein“, sagt Doerk.<br />
Für die Zukunft hat Osnabrück sich einiges vorgenommen,<br />
wie im „Radverkehrsplan 2030“ festgehalten<br />
ist. Das Geld für die Umsetzung sei da,<br />
„allerdings mangelt es an personellen Kapazitäten“,<br />
sagt Daniel Doerk. Driehaus ergänzt: „Um aus<br />
Martinistraße: Für Radfahrer völlig<br />
unzumutbar und seit Jahren in puncto<br />
Umgestaltung ein Problemfall<br />
Osnabrück eine echte Fahrradstadt zu machen,<br />
reicht ein statischer Plan nicht aus – er muss angepasst<br />
werden an die Entwicklungen.“<br />
Was ihm ebenfalls fehlt, ist die Ausweisung von<br />
Vorzugsrouten: „Die müssten ausgeschildert werden,<br />
damit jeder sofort erkennt, wo er besser und sicherer<br />
fahren kann.“ Aber: „Insgesamt gibt es in<br />
Stadt und Landkreis durchaus einen Sinneswandel.“<br />
Fest steht jedenfalls: Die CDU ist bereit, Parkraum<br />
für PKW und LKW zugunsten von Radfahrern<br />
zu opfern. Zu allererst an der Pagenstecher Straße.<br />
Trauriger Anlass für diese kleine Sensation ist das<br />
jüngste in Osnabrück aufgestellte Ghostbike: Im<br />
Januar ist eine 18-jährige Radfahrerin dort von einem<br />
LKW überrollt und getötet worden.<br />
Sowohl für Wolfgang Driehaus als auch für Daniel<br />
Doerk ist diese Ausfallstraße „eine Katastrophe“.<br />
Kaum als solche erkennbare und viel zu<br />
schmale Radfahrstreifen sind dort eingequetscht<br />
zwischen der vierspurigen Fahrbahn und langen<br />
Parkstreifen, auf denen vorzugsweise LKW stehen.<br />
„Dabei sind die völlig überflüssig, denn die dort<br />
ansässigen Firmen verfügen alle über riesige Parkplätze“,<br />
sagt Driehaus.<br />
Immerhin hat die CDU in seltener Einigkeit mit<br />
den Grünen und dem als „Autofahrer-Partei“ bekannten<br />
Bund Osnabrücker Bürger (BOB) Mitte<br />
März im Rat beschlossen: Ein „umfassender Verzicht<br />
auf die vorhandenen öffentlichen Parkstreifen“<br />
werde geprüft. „Alle Parkplätze, die dem Ausbau<br />
dieser Radverkehrsverbindung zu Gute kommen,<br />
fallen weg.“<br />
Klingt tatsächlich nach Umdenken. „Angst darf<br />
in Osnabrück nicht länger der Begleiter und schon<br />
gar nicht ein Hinderungsgrund sein, mit dem Fahrrad<br />
zu fahren“, so Rad-Aktivist Daniel Doerk.<br />
<strong>STADTBLATT</strong> 4.2020 19