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VSAO JOURNAL Nr. 4 - August 2020

Prozess - Justiz, Religion, Evolution Gastroenterologie - Das Chamäleon Zöliakie Infektiologie - Urogynäkologische Infektionen Politik - Zurück in die Zukunft (?)

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Fokus<br />

Der PC erhält<br />

ein Gehirn<br />

Zugegeben, Computer können besser rechnen als Menschen. Aber<br />

viele für uns einfache Dinge sind für Computer kaum oder nur schwer<br />

lösbar. Solche Lernprozesse benötigen künstliche neuronale Netze.<br />

Prof. Panagiotis Pavlopoulos, ret. Venia Docendi, Institut für Physik, Universität Basel<br />

Die künstlichen neuronalen<br />

Netze (KNN) finden im Bereich<br />

des automatisierten<br />

Lernens Anwendung. Sie<br />

sind besonders hilfreich, wenn das analysierte<br />

Problem ein gewisses Mass an Unsicherheit<br />

aufweist, und funktionieren<br />

tendenziell besser, wenn die klassischen<br />

Berechnungsansätze keine robusten Modelle<br />

hervorgebracht haben. In allen Situationen,<br />

in welchen es eine nicht lineare<br />

Beziehung zwischen einer prädiktiven Variable<br />

und einer vorhergesagten Variablen<br />

gibt, sind KNN unerlässlich. Zahlreiche<br />

Applikationen könnten von ihrem Einsatz<br />

profitieren. Ein Beispiel für ein nicht<br />

lineares Problem ist das Gehen. Das Projekt<br />

SuaW 1 besteht darin, Paraplegiker<br />

dank Elektrostimulation der von einem<br />

KNN-System produzierten Muskeln und<br />

Nerven in den aufrechten Gang zu bringen.<br />

Die modernen digitalen Rechner übertreffen<br />

die Menschen in Sachen Rechnen.<br />

Die Menschen können jedoch ohne grosse<br />

Anstrengung komplexe Wahrnehmungsprozesse<br />

in einem Tempo und in einem<br />

Ausmass lösen, die auch den schnellsten<br />

Computer der Welt alt aussehen lassen.<br />

Das menschliche Hirn kann innerhalb<br />

von weniger als einer Sekunde mit einer<br />

Geschwindigkeit von 100 ms pro Zyklus<br />

eine Linie oder ein Individuum in einer<br />

Menschenmasse ausfindig machen. Umgekehrt<br />

braucht der Computer mit einer<br />

zehnmillionenfach höheren Geschwindigkeit<br />

(10 ns pro Zyklus) mehrere Stunden<br />

für die Berechnung. Weshalb besteht<br />

ein solch grosser Unterschied in den Leistungen?<br />

Die Antwort liegt im Aufbau der<br />

Denkweise. 1945 begründete der Mathematiker<br />

John von Neumann die Grundlage<br />

der Arbeitsweise der meisten heute bekannten<br />

Computer. Dieser Aufbau wurde<br />

als Von-Neumann-Architektur bekannt.<br />

Die Architektur des biologischen neuronalen<br />

Systems weicht komplett von der<br />

Von-Neumann-Architektur ab. Dieser Unterschied<br />

beeinträchtigt den Typ der<br />

Funktionen, die jedes Berechnungsmodell<br />

am besten ausführen kann.<br />

Die langfristige Evolution hat das<br />

menschliche Hirn mit zahlreichen Eigenschaften<br />

ausgestattet, die in der Von-Neumann-Architektur<br />

nicht vorhanden sind.<br />

Diese schliessen insbesondere ein:<br />

• den massiven Parallelismus,<br />

• die verteilte Darstellung und Berechnung,<br />

• die Fähigkeit, zu lernen,<br />

• die Fähigkeit, zu verallgemeinern,<br />

• die Adaptabilität,<br />

• die inhärente Bearbeitung von kontextuellen<br />

Informationen,<br />

• die Pannenverträglichkeit und<br />

• den geringen Energieverbrauch.<br />

Die auf biologischen KNN basierenden<br />

Instrumente sind stark parallele Informatiksysteme<br />

und bringen bestimmte dieser<br />

Charakteristika zusammen: Klassifikation<br />

nach Motiven, Gruppierung/Kategorisierung,<br />

Approximation der Funk tionen,<br />

Vorhersage/Prognose, Optimierung, inhaltsadressierbarer<br />

Speicher, Kontrolle,<br />

Modellierung des Hirns.<br />

McCulloch und Pitts 2 haben als Berechnungsmodell<br />

für eine künstliche Nervenzelle<br />

eine binäre Einheit vorgeschlagen.<br />

Diese mathematisch berechnete Nervenzelle<br />

berechnet eine gewichtete Sum­<br />

36<br />

4/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal

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