2000-5
2000-5
2000-5
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
von Bülow höflich zu den Choristinnen<br />
hinauf: »Meine Damen, darf ich Sie darauf<br />
aufmerksam machen, dass das Kapitol<br />
bereits gerettet ist?«<br />
Als Hans von Bülow die sechzigjährige<br />
Koloratursängerin Lola Artot als »Rosine«<br />
in Rossinis Oper »Der Barbier von Sevilla«<br />
gesehen hatte, sagte er: »Das ist keine<br />
Rosine mehr, das ist nur noch eine<br />
Backpflaume.«<br />
Von Bülows »charmante Art« wird auch<br />
durch folgende Aussprüche bestätigt.<br />
Über eine Sängerin meinte er: »Sie singt<br />
durchaus nicht so schön, wie sie ist.« Und<br />
über einen Dirigenten: »Er ist nicht so<br />
übel wie einem bei ihm wird.«<br />
Von Bülow war eingeladen. Die Tochter<br />
des Hauses sang einige Lieder vor, was<br />
Hans von Bülow zu der Bemerkung veranlasste:<br />
»Die würde ich in ein Kolonialwarengeschäft<br />
stecken: Große Rosinen<br />
im Kopf und bittere Mandeln im Hals!«<br />
Auf Gesanglehrer war von Bülow nicht<br />
gut zu sprechen und meinte: »Der eine<br />
Gesanglehrer hält den anderen für einen<br />
Trottel, der andere seinen Kollegen für einen<br />
Scharlatan: Beide haben sie recht!«<br />
Hans von Bülow urteilte über Mascagni:<br />
»Mascagni hat einen glänzenden Vorfahren<br />
namens Verdi, der noch lange sein<br />
Nachfolger bleiben wird.«<br />
Ein bekannter Kleiderfabrikant in Wien<br />
spielte recht gut Klavier und wollte von<br />
Bülows Urteil erfahren. Nachdem von Bülow<br />
einige Zeit zugehört hatte, legte dieser<br />
ihm den Arm um die Schulter und sagte:<br />
»Kein Zweifel, mein Lieber: Sie gehören<br />
ins Gewandhaus!«<br />
Ständig musste Bülow eine Probe<br />
unterbrechen, weil die Sopranistin zu tief<br />
sang. Verärgert rief er ihr zu: »Hätten Sie<br />
die Güte, uns einmal Ihr >A< anzugeben?«<br />
Robert Edler (1912-1986)<br />
Der Komponist und Chorleiter Robert Edler<br />
- in Heilbronn geboren am 10. November<br />
1912 und auch dort am 14. August<br />
1986 verstorben - komponierte unter<br />
seinem Namen anspruchsvolle Chorsätze,<br />
verwendete aber für die mehr volkstümlichen<br />
Kompositionen das Pseudonym<br />
»Max Orrel«. Den Namen Orrel hatte<br />
er aus der ersten Silbe seines Vor- und<br />
aus der zweiten Silbe seines Familiennamens<br />
- rückwärts gelesen - zusammengesetzt.<br />
Als sein Chor mit ihm einen Satz<br />
dieses unbekannten Orrel einstudierte,<br />
waren seine Sänger so begeistert, dass<br />
einer zum ihm sagte: »Siehst du, Robert,<br />
solche Sachen musst du schreiben, wie<br />
dieser Orrel. Das mögen die Leut'. Und<br />
nicht das krumme Zeug von Dir!«<br />
Hanns Eisler (1898-1962)<br />
Ein Freund wollte Hanns Eisler in den<br />
zwanziger Jahren mit Albert Einstein bekannt<br />
machen. Er lud beide zum Abendessen<br />
in seine Wohnung ein. Als Eisler in<br />
die Diele kam, sah er dort einen Geigenkasten<br />
liegen. Sofort erinnerte er sich,<br />
dass Einstein gern Geige spielte, und er<br />
ahnte bereits, wer den berühmten Physiker<br />
wohl am Klavier begleiten solle. Nach<br />
dem Essen war es soweit. Einstein<br />
kämpfte tapfer gegen die rhythmischen<br />
Tücken des Stücks. Schließlich fragte ihn<br />
Eisler: »Herr Professor, Sie werden doch<br />
bis drei zählen können!« Seit diesem<br />
Abend behauptete Eisler, einer der Mathematiklehrer<br />
Einsteins gewesen zu<br />
sein.<br />
Wilhelm Furtwängler (1886-1954)<br />
Wilhelm Furtwängler machte beim Dirigieren<br />
eigenartig fahrige Bewegungen.<br />
Einmal leitete er ein fremdes Orchester,<br />
und schon der erste Einsatz wollte nicht<br />
klappen. Da fragte der Konzertmeister<br />
bescheiden: »Herr Doktor, bei welchem<br />
Zacken von Ihrem Blitz sollen wir einsetzen?«<br />
Über einen Violinvirtuosen meinte Furtwängler:<br />
»Ich bewundere den Mann: Er<br />
spielt die leichtesten Stücke mit den größten<br />
Schwierigkeiten.«<br />
Christoph Willibald Gluck (1714-1787)<br />
Als Gluck einmal befragt wurde, welche<br />
irdischen Güter er am meisten schätze,<br />
erklärte er: »Am meisten das Geld, dann<br />
den Wein, dann den Ruhm.« - »Sie setzen<br />
Geld und Wein vor den Ruhm?« fragte<br />
man erstaunt. »Die Reihenfolge ist<br />
schon richtig«, erläuterte Gluck lächelnd.<br />
»Mit Geld kann ich mir den Wein beschaffen.<br />
Der Wein beflügelt meinen Genius,<br />
und der wiederum verhilft mir zum<br />
Ruhm. Also habe ich doch recht, wenn ich<br />
Geld an die erste Stelle setze?«<br />
Gluck hatte auf der Probe zur >Iphigenie<br />
in Aulis< viel Ärger mit dem Sänger<br />
PFÄLZER SÄNGER 5/<strong>2000</strong><br />
des Agamemnon, der ihm trotz aller Bemühungen<br />
die Rolle nicht gut genug<br />
spielte. Schließlich meinte dieser: »Meister,<br />
wenn ich erst mein Kostüm anhabe,<br />
werden Sie mich nicht wiedererkennen.«<br />
Die Generalprobe kam, Agamemnon begann<br />
in großartigem barockem Kostüm<br />
seine erste Arie. Da rief ihm Gluck vom<br />
Dirigentenpult aus zu: »Freunderl, ich erkenne<br />
dich wieder!«<br />
Gluck, der als Opernkomponist das Musikdrama<br />
wieder herstellte, spazierte einmal<br />
eines Nachts durch die Straßen von<br />
Paris. Er summte eine Melodie vor sich<br />
hin und schwenkte dabei übermütig seinen<br />
Stock. Plötzlich hatte er eine Fensterscheibe<br />
getroffen. Der Wohnungsinhaber<br />
kam sofort heraus und verlangte 30<br />
Sous Schadensersatz. Da der Komponist<br />
nur ein großes Geldstück bei sich hatte,<br />
gab er es dem Geschädigten. Auf dessen<br />
Einwand, dass er nicht herausgeben<br />
könnte, schlug Gluck mit dem Stock noch<br />
mehrere Scheiben ein und sagte: »Jetzt<br />
sind wir quitt!«<br />
Georg Friedrich Händel (1685-1759)<br />
Wenn Händel in den Zeiten seines Missgeschicks<br />
in London in seinen Opern und<br />
Oratorien fast gar keine Zuhörer hatte<br />
und seine Freunde klagten, dass das<br />
Haus so leer sei, suchte er sie zufriedenzustellen<br />
und sagte: »Das macht nichts<br />
aus, desto besser wird die Musik klingen.«<br />
Auf einer Reise nach Irland wurde Händel<br />
in Chester einige Tage aufgehalten.<br />
Da er einige von den Chören, die er in Irland<br />
aufzuführen willens war, probieren<br />
wollte, so wandte er sich an den Organisten<br />
Backer und erkundigte sich, ob es bei<br />
der Kathedralkirche Choristen gebe, die<br />
gleich vom Blatt weg singen könnten. Ba-<br />
14 9