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fertig darauf: »Nun, das ist recht; da<br />

hört's doch wenigstens jemand!«<br />

Als einmal Richard Wagner in Wien den<br />

»Tannhäuser« inszenierte, gelang es<br />

dem jungen Hugo Wolf, sich in einer Pause<br />

an ihn heranzudrängen. Er wollte dem<br />

großen Mann einige seiner Kompositionen<br />

zeigen. Wagner sagte freundlich abwehrend:<br />

»Ich verstehe nichts von Musik.«<br />

Worauf der Konservatorist Wolf<br />

rasch erwiderte: »O Meister, Sie sind zu<br />

bescheiden!«<br />

Eines Abends ging Wagner in Sorrent<br />

spazieren. Einer der vielen Drehorgelspieler,<br />

der ihn kannte, setzte sofort eine<br />

Walze mit dem Brautzug aus »Lohengrin«<br />

ein und begann, die Orgel so<br />

schnell zu drehen, dass die Musik bis zur<br />

Unkenntlichkeit verhetzt wurde. Zornig<br />

stürmte Wagner auf ihn zu, packte selbst<br />

die Drehorgel und dreht sie so langsam<br />

und bedächtig, dass der Chor im richtigen<br />

Tempo erklang. Dann gab er dem Alten<br />

ein gutes Trinkgeld mit der Weisung, immer<br />

in diesem Tempo zu spielen. Am andern<br />

Morgen hing an der Drehorgel ein<br />

Schild: »Schüler von Richard Wagner.«<br />

Carl Maria von Weber (1786-1826)<br />

Weber, der besser daran getan hätte, sich<br />

den Text seiner musikalischen Bühnenwerke<br />

selbst zu schreiben, führte nämlich<br />

eine gute Feder und war im Freundeskreis<br />

ein außerordentlich geistreicher und<br />

witziger Gesellschafter. In seinen Bestrebungen,<br />

die deutsche Oper in Dresden<br />

gegen die italienische durchzusetzen,<br />

wurde er heftig von einer gewissen Therese<br />

aus dem Winkel bekämpft, die die<br />

Partei der Italiener ergriffen hatte und fortgesetzt<br />

Webers Bemühungen in Form<br />

von wortreichen Kritiken durchkreuzte.<br />

Als gelegentlich einer größeren Gesellschaft<br />

die Rede auf diese Dame kam,<br />

zählte Weber ernsthaft eine Reihe ihrer<br />

vortrefflichsten Eigenschaften auf und<br />

schloss dann mit den Worten: »Nur schade,<br />

dass sie an einer ganz bösen Krankheit<br />

leidet.« Die Zuhörer, denen dieser<br />

Umstand vollkommen neu war, waren<br />

sehr überrascht und begehrten zu wissen,<br />

was ihr denn fehle. »Sie kann die<br />

Tinte nicht halten!« flüsterte Weber.<br />

Karl Friedrich Zelter (1758-1832)<br />

Karl Friedrich Zelter, Leiter der Berliner<br />

Singakademie, hatte schon in jungen<br />

Jahren einen guten Ruf als Komponist.<br />

Eines Tages erhielt er den Besuch eines<br />

jungen Mannes, der ihm seine neueste<br />

Komposition vorspielte. Zelter hörte ihm<br />

eine Weile zu. Dann öffnete er das Fenster,<br />

durch das die kalte Winterluft ins<br />

Zimmer strömte. Besorgt sah sich der<br />

Musiker um, aber Zelter bemerkte gelassen:<br />

»Ich schlafe immer bei offenem Fenster.<br />

«<br />

Eines Tages ging Zelter hinter einem<br />

Schusterjungen her, der immerfort<br />

»Schöner, grüner, schöner, grüner Jungfernkranz«<br />

sang und über diesen Anfang<br />

einfach nicht hinauskam. Den Musiker<br />

machte es nervös, dass das Lied nicht bis<br />

zum Ende gesungen wurde, und so fiel er<br />

plötzlich mit dem tiefsten Bass ein: »Veil-<br />

chenblaue Seide, veilchenblaue Seide!«<br />

Sofort drehte der Lausejunge sich um<br />

und sagte: »Wenn Se den >Jungfernkranz<<br />

schon sing'n, denn fang'n Se'n<br />

sich ooch selba an!« Karl Friedrich Zelter<br />

war geschlagen.<br />

PFÄLZER SÄNGER 5/<strong>2000</strong> 15 7

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