2000-5
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fertig darauf: »Nun, das ist recht; da<br />
hört's doch wenigstens jemand!«<br />
Als einmal Richard Wagner in Wien den<br />
»Tannhäuser« inszenierte, gelang es<br />
dem jungen Hugo Wolf, sich in einer Pause<br />
an ihn heranzudrängen. Er wollte dem<br />
großen Mann einige seiner Kompositionen<br />
zeigen. Wagner sagte freundlich abwehrend:<br />
»Ich verstehe nichts von Musik.«<br />
Worauf der Konservatorist Wolf<br />
rasch erwiderte: »O Meister, Sie sind zu<br />
bescheiden!«<br />
Eines Abends ging Wagner in Sorrent<br />
spazieren. Einer der vielen Drehorgelspieler,<br />
der ihn kannte, setzte sofort eine<br />
Walze mit dem Brautzug aus »Lohengrin«<br />
ein und begann, die Orgel so<br />
schnell zu drehen, dass die Musik bis zur<br />
Unkenntlichkeit verhetzt wurde. Zornig<br />
stürmte Wagner auf ihn zu, packte selbst<br />
die Drehorgel und dreht sie so langsam<br />
und bedächtig, dass der Chor im richtigen<br />
Tempo erklang. Dann gab er dem Alten<br />
ein gutes Trinkgeld mit der Weisung, immer<br />
in diesem Tempo zu spielen. Am andern<br />
Morgen hing an der Drehorgel ein<br />
Schild: »Schüler von Richard Wagner.«<br />
Carl Maria von Weber (1786-1826)<br />
Weber, der besser daran getan hätte, sich<br />
den Text seiner musikalischen Bühnenwerke<br />
selbst zu schreiben, führte nämlich<br />
eine gute Feder und war im Freundeskreis<br />
ein außerordentlich geistreicher und<br />
witziger Gesellschafter. In seinen Bestrebungen,<br />
die deutsche Oper in Dresden<br />
gegen die italienische durchzusetzen,<br />
wurde er heftig von einer gewissen Therese<br />
aus dem Winkel bekämpft, die die<br />
Partei der Italiener ergriffen hatte und fortgesetzt<br />
Webers Bemühungen in Form<br />
von wortreichen Kritiken durchkreuzte.<br />
Als gelegentlich einer größeren Gesellschaft<br />
die Rede auf diese Dame kam,<br />
zählte Weber ernsthaft eine Reihe ihrer<br />
vortrefflichsten Eigenschaften auf und<br />
schloss dann mit den Worten: »Nur schade,<br />
dass sie an einer ganz bösen Krankheit<br />
leidet.« Die Zuhörer, denen dieser<br />
Umstand vollkommen neu war, waren<br />
sehr überrascht und begehrten zu wissen,<br />
was ihr denn fehle. »Sie kann die<br />
Tinte nicht halten!« flüsterte Weber.<br />
Karl Friedrich Zelter (1758-1832)<br />
Karl Friedrich Zelter, Leiter der Berliner<br />
Singakademie, hatte schon in jungen<br />
Jahren einen guten Ruf als Komponist.<br />
Eines Tages erhielt er den Besuch eines<br />
jungen Mannes, der ihm seine neueste<br />
Komposition vorspielte. Zelter hörte ihm<br />
eine Weile zu. Dann öffnete er das Fenster,<br />
durch das die kalte Winterluft ins<br />
Zimmer strömte. Besorgt sah sich der<br />
Musiker um, aber Zelter bemerkte gelassen:<br />
»Ich schlafe immer bei offenem Fenster.<br />
«<br />
Eines Tages ging Zelter hinter einem<br />
Schusterjungen her, der immerfort<br />
»Schöner, grüner, schöner, grüner Jungfernkranz«<br />
sang und über diesen Anfang<br />
einfach nicht hinauskam. Den Musiker<br />
machte es nervös, dass das Lied nicht bis<br />
zum Ende gesungen wurde, und so fiel er<br />
plötzlich mit dem tiefsten Bass ein: »Veil-<br />
chenblaue Seide, veilchenblaue Seide!«<br />
Sofort drehte der Lausejunge sich um<br />
und sagte: »Wenn Se den >Jungfernkranz<<br />
schon sing'n, denn fang'n Se'n<br />
sich ooch selba an!« Karl Friedrich Zelter<br />
war geschlagen.<br />
PFÄLZER SÄNGER 5/<strong>2000</strong> 15 7