2000-5
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Er sagte deshalb einmal: »Je preiser ein<br />
Stück gekrönt ist, desto durcher fällt es.«<br />
Auch seinen besten Freunden gegenüber<br />
konnte Hellmesberger sehr kritisch<br />
sein. Als ihm Robert Fuchs eine seiner<br />
neuesten Kompositionen vorspielte, in<br />
der dem Zuhörer manches bekannt vorkam,<br />
fasste Hellmesberger sein Urteil in<br />
den variierten Kindervers: »Fuchs, die<br />
hast du ganz gestohlen ...«<br />
Hellmesberger war einmal bei einem<br />
befreundeten Komponisten zum Mittagessen<br />
im Familienkreis eingeladen worden.<br />
Nach dem Essen zog sich der Komponist<br />
zurück, um zu arbeiten. Da sagte<br />
Hellmesberger: »Kinder, tut's beten - der<br />
Vater geht stehlen!«<br />
Einmal half Hellmesberger mit, auf der<br />
Bühne einer österreichischen Provinzstadt<br />
eine neue Operette aus der Taufe<br />
zu heben. Nach der Generalprobe sagte<br />
er zum Dirigenten: »Den Mangel an Blech<br />
im Orchester gleicht das Textbuch völlig<br />
aus. «<br />
I n Wien tagte ein Lehrerkongress, dem<br />
zu Ehren auch eine Festvorstellung in der<br />
Hofoper gegeben wurde. Da sagte Hellmesberger:<br />
»Ich habe das Haus schon<br />
voller gesehen, ich habe das Haus schon<br />
leerer gesehen, aber noch nie so voller<br />
Lehrer!«<br />
Paul Hindemith (1895-1963)<br />
Der Inhaber eines Frankfurter Lebensmittelgeschäfts<br />
traf Paul Hindemith während<br />
der zwanziger Jahre am Vorabend<br />
zu einer Opernpremiere und begrüßte ihn<br />
lächelnd: »Na, Herr Hindemith, morgen<br />
haben Sie ja große Premiere. Wissen<br />
Sie, wo ich faule Eier kaufen kann?« -<br />
»Natürlich. Gehen Sie in Ihr Geschäft und<br />
verlangen Sie frische!«<br />
Herbert von Karajan (1908-1989)<br />
Als Karajan nach dem Krieg mit dem<br />
Londoner Philharmonia Orchestra in Berli<br />
n erschien, trauten die Berliner ihren Augen<br />
nicht: War er früher in der Philharmonie<br />
jugendlich und elastisch-federnd zum<br />
Podium hinuntergeschossen, erschien er<br />
jetzt zögernd-tastend, unsicher und mit<br />
geschlossenen Augen. Meinte der Bühnenmeister:<br />
»Wenn er det nächste Mal<br />
wiederkommt, müssen wa für Karajan<br />
een' Blindenhund anschaffn.«<br />
Karajan hatte sich in den letzten Jahren<br />
in zunehmendem Maße auch als Regisseur<br />
hervorgetan. Dabei wurde viel über<br />
seinen »dunklen Inszenierstil« gesprochen.<br />
Als man sich im Salzburger Festspielhaus<br />
Gedanken darüber machte,<br />
was man dem Maestro zum Geburtstag<br />
schenken könnte, schlug das technische<br />
Personal vor: »Einen schwarzen Scheinwerfer.«<br />
Eine Autogrammsammlerin bestürmte<br />
Herbert von Karajan um zwei Autogramme,<br />
die dieser ihr auch gab. Auf seine<br />
Frage, wozu sie eigentlich gleich zwei<br />
Unterschriften wolle, erklärte die Dame:<br />
»Für zwei Karajan bekomme ich einen<br />
Bernstein!«<br />
PFÄLZER SÄNGER 5/<strong>2000</strong><br />
Otto Klemperer (1885-1973)<br />
Der erste Dirigent, der grundsätzlich alles<br />
auswendig dirigierte, war Arturo Toscanini.<br />
Er tat das nicht aus Geltungssucht,<br />
sondern weil er sehr kurzsichtig war. Sein<br />
Beispiel wurde von vielen Kollegen nachgeahmt,<br />
was Otto Klemperer zu der Bemerkung<br />
veranlasste: »Nur weil dieser<br />
Mensch zu eitel ist, eine Brille aufzusetzen,<br />
können wir jetzt Partituren auswendig<br />
lernen!«<br />
Hans Knappertsbusch (1888-1965)<br />
Hans Knappertsbusch war kein großer<br />
Freund unnötiger Proben, was alle guten<br />
Orchester sehr angenehm empfanden.<br />
Als er ein Konzert mit den Berliner Philharmonikern<br />
hatte, dessen Programm mit<br />
der »Eroica« schloss, meinte »Kna«, es<br />
sei wohl nicht nötig, dieses Prunkstück<br />
des Orchesters noch einmal durchlaufen<br />
zu lassen. Daraufhin bat ihn der Orchestervorstand,<br />
es doch zu tun, weil man einen<br />
neuen Hornisten habe, der diese<br />
Beethoven-Symphonie noch nicht gespielt<br />
habe. Missmutig gab Knappertsbusch<br />
den Einsatz, lässt aber beim<br />
Wiederholungszeichen weiterspielen, um<br />
Zeit zu sparen. Abends beim Konzert läuft<br />
die »Eroica« an, aber ein Teil des Orchesters<br />
ist sich unschlüssig, ob die<br />
Wiederholung gespielt wird oder nicht: ein<br />
Teil wiederholt, der andere spielt weiter.<br />
Schließlich hatte man sich wieder gefangen<br />
und das Stück mit Bravour zu Ende<br />
gebracht. Nach der Symphonie frenetischer<br />
Beifall. »Kna« muss durchs Orchester<br />
zum Künstlerzimmer, kommt am<br />
ersten Bratschpult vorbei und zischelt<br />
dem Orchestervorstand zu: »Das haben<br />
Sie von Ihrer Scheiß-Proberei!«<br />
Clemens Krauss (1893-1954)<br />
Clemens Krauss, befragt, warum er nicht<br />
auswendig dirigiere, meinte nur: »Ich -<br />
auswendig? Warum? Ich kann doch Noten<br />
lesen!«<br />
Fritz Kreisler (1875-1962)<br />
Der bekannte Geiger und Komponist Fritz<br />
Kreisler spazierte mit einem Freund durch<br />
die Straßen. Vor einem Fischgeschäft<br />
blieb er stehen und sah auf die ausgestellten<br />
Fische mit ihren leeren Augen<br />
und den offenen Mäulern. Plötzlich packte<br />
Kreisler seinen Freund beim Arm. »Um<br />
Gottes willen, ich hätte beinahe vergessen,<br />
dass ich heute noch ein Konzert geben<br />
muss!«<br />
Franz Liszt (1811-1886)<br />
Die Abfertigung, die der Meister jenem<br />
Geldprotzen gab, der ihn gleich nach<br />
Tisch zum Klavier nötigte, ist zum geflügelten<br />
Worte geworden. Unwillig folgte<br />
Liszt dem Drängen des Gastgebers,<br />
schritt zum Klavier hin und vollführte ein<br />
perlendes Glissando von einem Ende der<br />
Klaviatur bis zum andern. »So«, sagte er,<br />
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