NFV_09_2010 - Rot Weiss Damme
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Justizia am Spielfeldrand<br />
Stau auf der Autobahn –<br />
klarer Fall von höherer Gewalt<br />
Mannschaft kam nicht rechtzeitig zum Spiel – Verbandssportgericht bestätigt Neuansetzung<br />
26<br />
Die lange Sommerpause im Amateurbereich<br />
ist nun vorbei und der Fußball<br />
rollt endlich wieder. Freude über Siege<br />
und Enttäuschungen über Niederlagen<br />
werden die Schlagzeilen des Lokalsports<br />
füllen. Mögen sich die Entgleisungen<br />
verbaler und körperlicher Art in Grenzen<br />
halten und das Fair Play die Oberhand<br />
behalten, damit die Sportgerichte<br />
nicht so häufig bemüht werden müssen.<br />
Das Fußball-Journal wird auch in<br />
Zukunft in unregelmäßigen Abständen<br />
Urteile aus Sportgerichtsverhandlungen<br />
veröffentlichen, um die Leserinnen und<br />
Leser über Vorfälle aufzuklären und<br />
gegebenenfalls auch abzuschrecken.<br />
REINER KRAMER wertete nachfolgende<br />
Urteile aus:<br />
Wenn eine Mannschaft auf der<br />
Reise zu einem Auswärtsspiel<br />
in einen Stau gerät und den<br />
Anstoß verpasst, sollte der Heimverein<br />
eigentlich so einsichtig sein und einer<br />
Neuansetzung zustimmen. So fair reagierte<br />
ein Verein aus der A-Junioren<br />
Niedersachsenliga allerdings nicht. Er<br />
wollte sich die drei Punkte vom grünen<br />
Tisch holen. Allerdings ohne Erfolg,<br />
denn das Verbandsportgericht (VSG)<br />
unter Vorsitz von Johannes Budde<br />
(Barßel) hielt die Neuansetzung der<br />
Partie wegen höherer Gewalt für<br />
korrekt. Dies in aller Kürze vorweg.<br />
Wenn für einen Fußballer die Erstausstellung<br />
eines Spielerpasses<br />
beantragt wird, erhält er von der<br />
<strong>NFV</strong>-Pass-Stelle die sofortige Freigabe. Dies<br />
gilt auch für ausländische Spieler. Der Verband<br />
verlässt sich dabei auf die Angaben des<br />
Vereins. Allerdings wird bei Ausländern im<br />
Heimatland nachgefragt, ob sie dort tatsächlich<br />
nicht registriert waren. Der ausländische<br />
Verband hat 30 Tage lang Zeit, zu antworten.<br />
Aber wann beginnt diese Frist?<br />
Im strittigen Fall kam es zu einem Missverständnis,<br />
was den Beginn der Frist betraf.<br />
Daher ist Vorsicht geboten. Der Spieler sollte<br />
erst eingesetzt werden, wenn alle Fragen geklärt<br />
sind.<br />
Eine kurze Rückblende: Der Verein stellte<br />
wenige Tage vor Ablauf der Wechselperiode<br />
II einen Antrag auf Erstausstellung für einen<br />
brasilianischen Spieler. Bis zur Anfrage<br />
beim DFB verstrichen einige Tage. Der Verein<br />
ging davon aus, dass die Frist mit dem Eingang<br />
des Antrags bei der <strong>NFV</strong>-Pass-Stelle beginnt.<br />
Aber die 30 Tage wurden erst von<br />
dem Tag an berechnet, an dem der DFB die<br />
September <strong>2010</strong><br />
Es galt in der Sportgerichtsverhandlung<br />
zu klären, wann sich ein Verein auf<br />
eine höhere Gewalt berufen kann? Der<br />
Gastverein hatte eine Fahrstrecke von<br />
etwa 280 Kilometer zurückzulegen. So<br />
startete die Mannschaft fünf Stunden vor<br />
dem geplanten Anpfiff zu ihrem Auswärtsspiel,<br />
kam aber trotzdem nicht<br />
rechtzeitig an, weil an diesem Samstag<br />
der Straßenverkehr in der Region Bremen/Delmenhorst/Oldenburg<br />
sowohl auf<br />
der A 28 als auch auf der A 1 teilweise<br />
zum Erliegen kam. Also höhere Gewalt.<br />
Dies sah der Heimverein nun ganz<br />
und gar nicht so. Nach seiner Ansicht<br />
hätte der Gast eine andere Fahrstrecke<br />
wählen müssen, um rechtzeitig zum<br />
Spielbeginn da zu sein. Die Staustrecke<br />
auf der A 28 sei seit längerem bekannt<br />
gewesen, so dass lange Verzögerungen<br />
vorher eingeplant werden müssten. Dazu<br />
heißt es unter anderem in der Spielordnung,<br />
§ 38: Die Mannschaft, die verspätet<br />
oder überhaupt nicht angetreten ist,<br />
steht für den Nachweis der Gründe in<br />
der Beweispflicht.<br />
Der Trainer des Gastvereins hatte die<br />
Heimmannschaft etwa 70 Minuten vor<br />
dem Anpfiff über das Feststecken im<br />
Stau informiert. Nach Rücksprache mit<br />
der Autobahnpolizei wurde deutlich, dass<br />
es wegen eines Unfalls mehr als ein<br />
„normaler Baustellenstau“ auf der A 28<br />
gewesen sei. Eine zeitweise Vollsperrung<br />
auf der A 1 tat ihr Übriges dazu.<br />
Vorsicht geboten!<br />
Unterschiedliche Bewertung über Beginn der 30-Tage-<br />
Frist bei einem Wechsel eines ausländischen Fußballers<br />
Anfrage beim brasilianischen Fußballverband<br />
einreichte.<br />
Dadurch kam es zu dem Missverständnis.<br />
Der Fußballer hatte zudem entgegen seiner<br />
Auskunft doch für einen Verein in Brasilien<br />
gespielt. Vor Beendigung der 30-Tage-<br />
Frist wurde er vom neuen deutschen Verein<br />
ein Mal eingesetzt. Dieses Spiel wurde mit<br />
2:1 gewonnen. Das Ver-<br />
bandssportgericht unter<br />
Vorsitz von Johannes<br />
Budde bestätigte den<br />
Verwaltungsentscheid<br />
des Bezirksausschusses<br />
Lüneburg, der das Spiel<br />
mit drei Punkten und<br />
5:0-Toren für den Gegner<br />
gewertet hatte, weil<br />
die Frist erst mit der Anfrage des DFB beim<br />
brasilianischen Fußballverband angelaufen<br />
sei – und nicht mit dem Eingang des Antrages<br />
in Barsinghausen.<br />
Dieser Ansicht schloss sich das Oberste<br />
Verbandsportgericht(OVG) unter Vorsitz von<br />
Heinz Meyer (Osterholz-Scharmbeck) aller-<br />
I nzwischen ist das FIFA-Reglement<br />
konkretisiert worden. Der <strong>NFV</strong> darf<br />
eine vorläufige Spielerlaubnis im Falle<br />
einer Erstausstellung erst dann erteilen,<br />
wenn die Antragsunterlagen<br />
durch den DFB geprüft sind!<br />
Aufgrund dieser Vorfälle stellte das<br />
VSG einen klaren Fall von höherer Gewalt<br />
fest. Eine Fahrtzeit von fünf Stunden<br />
für eine 280-Kilometer-Strecke einzuplanen,<br />
sei ausreichend. Daher habe der<br />
Spielleiter die ausgefallene Begegnung zu<br />
Recht neu angesetzt<br />
(Urteil VSG -Az: 8-20<strong>09</strong>/<strong>2010</strong>).<br />
Osnabrück ist<br />
Fußballhauptstadt<br />
Osnabrück ist die Fußballhauptstadt<br />
Deutschlands. Dort gibt es<br />
die meisten Fußballvereine pro Einwohner.<br />
Die Rangliste:<br />
Platzierung / Ort / Anzahl der Fußballvereine<br />
pro 10.000 Einwohner /<br />
Absolute Anzahl Fußballvereine<br />
1 Osnabrück 3,06 50<br />
2 Braunschweig 2,72 67<br />
3 Mainz 2,63 52<br />
Ludwigshafen (Rhein) 2,63 43<br />
5 Hamburg 2,50 443<br />
6 Herne 2,28 38<br />
7 Dortmund 2,14 125<br />
8 Erfurt 2,11 43<br />
9 Bochum 2,06 78<br />
10 Gelsenkirchen 1,87 49<br />
11 Augsburg 1,86 49<br />
dings nicht an. In der Berufungsverhandlung<br />
wurde das Urteil des VSG aufgehoben und<br />
das Spiel wie ausgetragen mit 2:1 gewertet.<br />
Die 30-Tage-Frist müsse ab Eingang des Antrags<br />
bei der <strong>NFV</strong>-Pass-Stelle beginnen.<br />
In der Begründung heißt es dazu unter<br />
anderem: „Wenn zu dieser Thematik mit<br />
Interpretationsvarianten eine klare und eindeutige<br />
Regelung zur Handhabung fehlt,<br />
kann dieses nicht zu Lasten des Spielers und<br />
des Vereins angerechnet werden.“ Das OVG<br />
sah wegen der unterschiedlichen Auffassungen<br />
einen Aufklärungsbedarf, der durch eine<br />
Änderung bzw. Ergänzung der entsprechenden<br />
Vorschriften der <strong>NFV</strong>-Spielordnung herbeizuführen<br />
sei, um den Vereinen und beteiligten<br />
Spielern eine<br />
sachdienliche Anwendungshilfe<br />
zu garantieren.<br />
Auch wenn – wie<br />
im geschilderten Fall –<br />
aufgrund der Recherchen<br />
die Beantragung<br />
einer Erstausstellung<br />
nicht korrekt war, hat<br />
das Oberste Verbandssportgericht die Spielerlaubnis<br />
ohne Einschränkung für rechtmäßig<br />
erklärt. Aus der FIFA-Regelung ist nach<br />
Ansicht des OVG abzuleiten, dass die genannte<br />
Frist ab Eintragseinang in Barsinghausen<br />
zu berechnen sei.<br />
(OVG-Az 3/<strong>09</strong> und VSG-Az 20-2008/20<strong>09</strong>)