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Die Wirtschaft Köln - Ausgabe 07 / 2020

Mehr Wissen, besser entscheiden, erfolgreich unternehmen: Die Wirtschaft Köln bietet Ihnen mit exklusiven Einblicken in Branchen, Märkte und Betriebe acht Mal jährlich einen spannenden Mix aus aktuellen Nachrichten der Kölner Wirtschaft, Unternehmensportraits und Interviews mit Entscheidern der Region.

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Macher & Märkte |<br />

gesamt gab es 62 Ratssitzungen in der vergangenen<br />

Wahlperiode.<br />

<strong>Die</strong> dunkelste Stunde<br />

Es muss schon viel passieren, damit die<br />

New York Times oder auch das Wall Street<br />

Journal Ereignisse aus Deutschland auf ihren<br />

Titelseiten platzieren. <strong>Köln</strong> hatte dies<br />

im Januar 2016 geschafft. <strong>Die</strong> Geschehnisse<br />

der Silvesternacht 2015 gingen um<br />

die Welt. Im Bereich des Hauptbahnhofs<br />

und rund den <strong>Köln</strong>er Dom kam es in dieser<br />

Nacht zu zahlreichen sexuellen Übergriffen<br />

auf Frauen. Etwa 1.200 Strafanzeigen<br />

gingen in den Tagen danach ein – die<br />

Hälfte davon betraf Sexualdelikte. <strong>Die</strong> Art<br />

und Weise der Aufklärung: verheerend.<br />

Nur 37 Verfahren konnten bis März 2019<br />

abgeschlossen werden. Zahlreiche Täter<br />

wurden nicht ermittelt. Ein im Anschluss<br />

entwickelter „Verhaltenskatalog“ für junge<br />

Frauen und Mädchen stieß auf massive<br />

Kritik, vor allem in sozialen Medien, und<br />

sorgte für Irritationen. <strong>Die</strong> Silvesternacht<br />

2015 in <strong>Köln</strong> stellte für die gesamte Flüchtlingspolitik<br />

in Deutschland und der EU eine<br />

Zäsur dar. <strong>Die</strong> Stadt brauchte lange, um<br />

sich von den widerwärtigen Geschehnissen<br />

dieser Nacht zu erholen.<br />

Stadt für <strong>Wirtschaft</strong><br />

besser aufgestellt<br />

<strong>Köln</strong>s <strong>Wirtschaft</strong>smotor läuft. Bis zu Beginn<br />

dieses Jahres stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten in<br />

der Domstadt während Rekers Amtszeit stetig<br />

an. Im Juni 2019 gab es den bisherigen<br />

Höchststand von über 580.000 Beschäftigten.<br />

Mit dem Lockdown wurde dem Arbeitsmarkt<br />

der Wind aus den Segeln genommen.<br />

Positiv in Rekers erster Amtszeit ist auch die<br />

Gründung der <strong>Wirtschaft</strong>sförderungs GmbH<br />

im vergangenen Jahr. Damit hat Reker eins<br />

ihrer zentralen Versprechen umgesetzt, damit<br />

der <strong>Wirtschaft</strong>sstandort <strong>Köln</strong> attraktiv<br />

bleibt. <strong>Die</strong> Steuersätze um Gewerbe- und<br />

Grundsteuer hat die Oberbürgermeisterin<br />

ebenfalls nicht angerührt und will es auch<br />

künftig nicht tun. Auf einem guten Weg war<br />

<strong>Köln</strong> in den vergangenen Jahren auch im<br />

Hinblick auf die Konsolidierung des städtischen<br />

Haushalts. Bis Corona kam, sah es so<br />

aus, als könnte die Stadt bereits 2022, ein<br />

Jahr früher als geplant, einen ausgeglichenen<br />

Haushalt vorstellen. <strong>Die</strong> Pandemie mit<br />

sinkenden Einnahmen aus Steuern wird<br />

den Plan hin zur schwarzen Null allerdings<br />

wohl aus dem Takt bringen. Anders als ihren<br />

Vorgängern ist es Reker aber gelungen,<br />

dass kommunale Haushalte für die zugehörigen<br />

Haushaltsjahre beschlossen werden<br />

konnten, bevor das entsprechende Jahr begonnen<br />

hatte.<br />

Viel Geld für den Schulbau<br />

Ein großes Anliegen von Henriette Reker<br />

während ihrer ersten Amtszeit war die systematische<br />

Sanierung von <strong>Köln</strong>s Schulen.<br />

Während ihrer ersten Amtszeit wurden die<br />

Haushaltsmittel für den Schulbau massiv<br />

erhöht. Im aktuellen Jahr sollen mehr als<br />

300 Millionen Euro in die Sanierung und<br />

den Neubau investiert werden. <strong>Die</strong> Schulstandorte<br />

sind zudem an schnelles Internet<br />

und Glasfaserleitungen angeschlossen. <strong>Die</strong><br />

aktuelle Bitkom-Smart-City-Studie <strong>2020</strong><br />

bescheinigt <strong>Köln</strong> die beste digitale Infrastruktur<br />

in Deutschland. Noch in diesem<br />

Jahr sollen die letzten 1.500 <strong>Köln</strong>er Haushalte,<br />

die noch nicht mit schnellem Internet<br />

surfen können, ans Highspeed-Netz<br />

angeschlossen werden.<br />

Verwaltung vergrößert<br />

und digitalisiert<br />

Schon lange vor der Corona-Pandemie hat<br />

<strong>Köln</strong> damit begonnen, die Stadtverwaltung<br />

serviceorientierter und leistungsfähiger zu<br />

machen. <strong>Die</strong> Bürger sollen mehr Behördengänge<br />

bequem von zu Hause aus erledigen<br />

können. Und tatsächlich können einige<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen längst ohne Behördengang<br />

in Anspruch genommen werden, beispielsweise<br />

wenn es um Anträge für Anwohnerparkausweise<br />

geht. Zudem wurde<br />

die Mitarbeiterzahl in der Stadtverwaltung<br />

in den vergangenen Jahren konstant gesteigert.<br />

Mittlerweile sind deutlich über<br />

20.000 Menschen für die Verwaltung der<br />

Domstadt tätig. Auch in den kommenden<br />

Jahren wird die Stadt viele neue Arbeitnehmer<br />

einstellen müssen. Etwa 4.800 Mitarbeiter<br />

wird die Stadt <strong>Köln</strong> altersbedingt in<br />

den nächsten zehn Jahren verlieren.<br />

<strong>Die</strong> Operette<br />

vom Opernbau<br />

Was in Berlin der Flughafen ist, ist in<br />

<strong>Köln</strong> das Opernhaus. Seit 2012 müssen<br />

die Künstler wegen der Sanierung des Riphahnbaus<br />

immer wieder auf andere Quartiere<br />

ausweichen. Auch unter Reker konnte<br />

das Prestigeprojekt bisher nicht fertiggestellt<br />

werden. Ob im dritten Quartal 2023<br />

wirklich die Schlüssel übergeben werden<br />

können, ist fraglich. Dann wären es anstelle<br />

der schon vor Rekers erster Amtszeit veranschlagten<br />

drei Jahren Bauzeit etwa zehn<br />

Jahre geworden. <strong>Die</strong> Kosten sind längst<br />

aus dem Ruder gelaufen. Es sind Unsummen,<br />

die bis hierher investiert wurden.<br />

Was einst 253 Millionen Euro kosten sollte,<br />

wird wohl mindestens 570 Millionen Euro<br />

kosten. Neben der Wiedereröffnung der<br />

<strong>Köln</strong>er Oper ist auch noch nicht klar, wann<br />

der 1. FC sein Trainingsgelände erweitern<br />

und modernisieren darf. Zwar gibt es seit<br />

Juni grünes Licht vom Stadtrat für die Pläne<br />

des Bundesligisten. Doch Widerstand<br />

kommt unter anderem von Bürgerinitiativen.<br />

Ob die Realisierung im Äußeren Grüngürtel<br />

wirklich klappen wird – ist noch<br />

nicht endgültig geklärt.<br />

Fazit – viel erreicht<br />

mit Luft nach oben<br />

<strong>Die</strong> ersten fünf Jahre von Henriette Reker<br />

als Bürgermeisterin waren vor allem in der<br />

Anfangszeit von zwei erschütternden Ereignissen<br />

geprägt: zunächst der Anschlag auf<br />

sie, dann die Silvesternacht 2015/2016, wo<br />

es im Anschluss Kritik an Rekers Umgang<br />

damit hagelte. Viele Wähler hätten sich zudem<br />

mehr Tempo beim Wohnungsbau gewünscht.<br />

Eine wirkliche Vision für ein Verkehrskonzept<br />

fehlt ebenfalls. Projekte wie<br />

die Verwaltungsreform oder die Fusion der<br />

Kliniken müssen in der zweiten Amtszeit<br />

finalisiert werden. Bei den Kommunalwahlen<br />

wurde Reker dafür von den Wählern<br />

teils abgestraft. <strong>Die</strong> Berichterstattung rund<br />

um ihren Umgang mit ihren Social Media<br />

Accounts im Vorfeld der Wahl half ebenfalls<br />

nicht beim Stimmenfang. <strong>Die</strong> Stadt und die<br />

Oberbürgermeisterin stehen nun vor großen<br />

Aufgaben. Keiner weiß, wie lange die<br />

Corona-Pandemie den Alltag der <strong>Köln</strong>er<br />

einschränken wird. Kommt möglicherweise<br />

sogar ein zweiter Lockdown? Besonders<br />

die überregional bekannte und geschätzte<br />

Kneipenszene in der Domstadt leidet massiv.<br />

Sterben bald die kultigen Veedelskneipen,<br />

wenn Insolvenzen nicht weiter hinausgezögert<br />

werden dürfen, Sperrstunden<br />

fortbestehen und Anfang des Jahres noch<br />

das Karnevalsgeschäft wegbricht? Können<br />

große Arbeitgeber am Standort <strong>Köln</strong> gehalten<br />

werden? Und wie kann die Domstadt<br />

noch attraktiver für die <strong>Wirtschaft</strong> werden?<br />

Auf diese und viele weitere Fragen wird es<br />

Antworten geben müssen in Henriette Rekers<br />

zweiter Amtsperiode. W<br />

Christian Esser<br />

www.diewirtschaft-koeln.de 7

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