Nr. <strong>13</strong>/2007 Buch VI – KONZETT <strong>ST</strong>/A/R 43 acher, Kunstverbreiter und Vernetzer eine sehr enge ist? Konzett: Ich sehe mich überhaupt nicht als Künstler. Es wäre eine Beleidigung für die Menschen, die da sitzen. Künstler kreiren etwas, was noch nicht existent ist. Ich glaube, dass ist ein ganz wesentlicher Punkt, was Kunst ausmacht und meine Sammlungstätigkeit bestimmt. Jeder Mensch hat eine andere Sicht, die mich interessiert. Mich interessiert kein Künstler, der alles in einen Topf wirft, einmal umrührt und das Ganze dann so zum Verspeisen herausgibt. Vor allem auf Messen spüre ich das oft. Deswegen bin ich sicher kein Künstler, ich kann nicht komplett etwas Neues bringen. Aber vielleicht habe ich die Gabe, zu erkennen was Qualität hat und neu ist. Gerngross: Jack Bauer was bist du von Beruf? Bauer: Künstler! Gerngross: Zenita du! Zenita: Das ist immer anders – ich sage immer was anderes. Manchmal sage ich auch nichts. Gerngross: Lukas du! Lukas: Kleingewerbetreibender! Gerngross: Konzett, kannst du uns vielleicht jetzt noch sagen, was ist jetzt das Ungemeine der Künstler? Konzett: Man kann eigentlich schwer über vier verschiedene Positionen sprechen, sondern man sollte auf die Vienna Fair oder zu mir in die Galerie kommen, sich über jeden einzelnen Künstler erkundigen und seine eigene Meinung bilden. Gerngross: Jack Bauer sag bitte noch 4 Sätze! Bauer: Der erste Satz wäre: „Das Wetter heute ist sehr schön”. Der zweite Satz ist: „Ich bin irrsinnig neugierig auf diese Kunstmesse, wo wir präsentiert werden”. Der dritte Satz wäre: „Ich möchte endlich einmal dieses Kunstmagazin von dir in die Hand bekommen.” Der vierte Satz wäre: „Gute Nacht!”. <strong>ST</strong>/A/R: Herr Polanszky, an welchen Werken Arbeiten Sie zur Zeit? Polanszky: Der soziale Aspekt von Kunst beschäftigt mich nicht sehr. Nicht, dass mich das überhaupt nicht trifft, nur ich beschäftige mich nicht in meiner Arbeit damit. Sondern meine Arbeit ist eher auf eine völlig individualistische Qualität ausgerichtet, einer anarchistischen, nahezu assoziativen Qualität und gegen viele Anpassungen gerichtet sein muss, da wir eine Art Arbeitshypothese entwickeln im Laufe der Zeit, die sich mit der Entwicklung überhaupt beschäftigt. Ich bin darauf gekommen, dass die Evolution – ein berühmtes Wort – die Kunst auch nicht ausspart. Meine These ist einfach, dass die Strategie der Evolution zum Teil Kunst ist, weil dort Informationen auf einer ganz anderen Ebene übertragen werden. Und diese Informationsübertragung, über das, was man Kunst jetzt nennen will, ist das, was mich sehr interessiert. Dadurch entwickle ich dauernd aus dem, was ich tue, immer etwas Neues. Das neue ist sozusagen der Aspekt, der Gewinnung von Informationsmaterial für mich, der mich weiter arbeiten lässt. Die Begriffe habe ich dem natürlich ein bisschen angepasst. Ich nenne z.B. diese Objekte, die Hr. Konzett hier stehen hat im allgemeinen Modelle für transaggregate Strukturen. Das klingt sehr hochgetrieben, ist aber etwas ganz was einfaches. Als Modelle bezeichne ich etwas, was für etwas steht. Es ist ein Vorentwurf, irgendwas, irgendwie – und vor allem nichts Bleibendes ist im Grunde – da bleibt alles modellhaft. Jedes Kunstwerk ist eine Art Erinnerung an einen Entwicklungsprozess, der bleibt. So gehe ich da gar nicht inhaltlich formal auf das ein. So gewinnt man dann auch die Formen natürlich die neuen, aus dem, das man aus alten irgendwelche erzeugt und so weiter. Und dadurch ist die Beschäftigung mit Information anderer Kunst sehr gefährlich, wie der Hr. Konzett schon angemerkt hat, weil man dann sehr viel Information anderer übernimmt. Aber unter dem Aspekt der eigenen Entwicklung, die ja überhaupt nicht da koordinieren muss usw. Also da spare ich mich komplett aus, das ist so meine Arbeitshypothese. Das heißt, Kunst als evolutive Strategie. Das beziehe ich nicht auf die Entwicklung unserer Individualität. Der interessante Aspekt ist, dass der Individualismus bei der Betrachtung völlig ausgespart wird – der wird vorausgesetzt. Aber der ist ja nicht Voraussetzung, der muss ja definiert werden. Und er definiert sich ja durch das Arbeiten daran. Und eine der besonderen Aussagen über das Individuelle ist eben eine abstrakte Darbietung, wie etwas herzustellen, was im Allgemeinen als Kunst bezeichnet wird. Das kann sehr variant sein, wie man sieht. Dazu muss ich noch sagen, wir sind keine Gruppe – wir sind eine Ansammlung von Leuten, die aus irgendeiner Art von Aspekten der Betrachtung von Hrn. Konzett ausgewählt wurden. Aber das ist auch variabel. <strong>ST</strong>/A/R: Aber ich finde, es passt sehr gut mit dem Sammlungsansatz von Philipp Konzett zusammen. Also, was so signifikant bei ihm ist, dass er sich nicht auf bestimmte Kulturkreise bezieht, sondern auf diese Container, wo Information gesammelt wird. Phillip Konzett, wie ist es zustande gekommen, dass du aus unterschiedlichen Kulturkreisen Kunst sammelst und daher auch diese Vorreiterrolle in Österreich einnimmst im Bezug auf die Ausstellung im MUMOK? Konzett: Das ist vielleicht etwas außergewöhnlich für österreichische Verhältnisse, aber es war international üblich, dass – wie zum Beispiel die deutschen Expressionisten im 20. Jh – Kunst aus unterschiedlichen Kulturkreisen nebeneinander aufgestellt wurde. Damit bin ich nicht der Erste, sondern das ist mein Zugang als Sammler. Im MUMOK musste ich natürlich die Stammeskunstobjekte zeigen, weil es für mich rein geschichtlich interessant ist. Man lebt ja schon als Kind von verschiedenen Geschichten z. B. aus Afrika, Märchen aus dem Orient; das Fremde war wichtig, weil als Kind entwickelt man – wen man Sammler ist – ein gewisses Interesse an der Welt. Die Welt unterscheidet sich ja durch die Kultur. Jedes Dorf hat eine andere Tracht, jeder Mensch schaut etwas anders aus, aber die innere Seele ist bei fast allen gleich. Das Ausdrücken der Sehnsüchte, der Liebe, ist ein menschlicher Trieb und das interessiert mich. In Borneo ist der Ritus – die Kopfjagd – eine lebensnotwendige Sache und das führt dann wieder zum Aktionismus. Beim Töten muss man Mut aufbringen, dass man irgendjemanden den Kopf abschlagen kann und den als Trophäe mit nach Hause bringt und sagt: „schaut’s ich habe es geschafft, ich habe ihm den Schädel abgehackt!” Es ist eine Überlebensstrategie, die bis ins 20 Jahrhundert reicht. Wenn man selber nicht töten kann, stirbt man. Wenn man sich anschaut, über welche Themen heute Krieg geführt wird, ist das eine moderne Form der Kopfjagd. Ich will darauf nicht politisch eingehen, aber künstlerisch ist es der Wiener Aktionismus, der mich dadurch sehr beschäftigt hat. Die Aktionisten mussten sich aus der Notwendigkeit des geistigen Überlebens in den 1960er Jahren ausdrücken. Sie wollten das vielleicht nicht in dieser Radikalität, aber sie mussten es, weil sie sonst ignoriert worden wären. Niemanden hat Kunst interessiert. Die Leute haben so weitergelebt wie vor dem Zweiten Weltkrieg, es musste ausgebrochen werden und klarerweise in Form einer Revolution. Der Mensch des 21. Jahrhunderts ist auch interessant, trotz der kulturellen Revolution 1968 gibt es rückläufige Meinungen, aber überbleiben tut ja immer nur der Fortschritt und nicht der Rücklauf. Wien um 1900 – allseits gelobt – wurde ja auch von ganz wenigen Menschen getragen, die anderen haben es nicht verstanden. Deswegen ist es wichtig, jungen Künstlern Möglichkeiten zur Präsentation zu bieten. Es freut mich daher sehr, dass es so viele verschiedene künstlerische Positionen gibt und zahlreiche Museen sowie Galerien, die ihren Beitrag dazu leisten. Da wird wirklich viel gemacht. Gerngross: Ich erinnere mich noch an ein letztes Gespräch, wo du einige wichtige Sätze über deine Beziehungen zu den Banken gesagt hast und vielleicht könnten wir jetzt das Thema Bank noch einmal bringen. Vielleicht fällt dir da noch etwas ein – ich erinnere mich nicht mehr genau, aber es war hoch spannend und du als Sammler wirst ja mit den Banken mehr zu tun haben als die Künstler. Vielleicht kannst du über deine Bankbeziehungen einen kurzen Satz sagen. Konzett: Das ist relativ schnell gesagt: ab und zu bekomme ich Anrufe, das mein Konto nicht gedeckt sei. Das Problem kennt jeder, aber das Bankenproblem ist wieder ein anderes. Als ich ab einem gewissen Zeitpunkt angefangen habe zu sammeln, haben Banken, Versicherungen, Institutionen sowie große Kunstsammler sehr modische Kunst gekauft. Ich habe mich hauptsächlich um das gekümmert, was ja selbst der österreichische Staat zu dem Zeitpunkt Mitte der 1980er Jahre und in den 1990er Jahren nicht gesammelt hat. Das war ihre eigene Kultur – das hat mich immer so schockiert. Da habe ich gesagt: „für was muss ich etwas sammeln, was die Banken sammeln? Ich sammle das, was keiner sammelt.” Heute muss man sehr viel Geld dafür zahlen – zum Beispiel musste das MUMOK die „Sammlung Friedrichshof” erwerben – 30 Jahre zu spät – und so ist das mit vielen anderen Dingen. Die Ludwig Stiftung kauft jetzt drei Skulpturen von Franz West um Euro 600.000,00, weil sie zu blöd waren, das vor 15 Jahren zu tun. So ist das halt immer in Österreich. Der Vergleich hat weniger mit den Banken als mit den Sammlungen der Banken zu tun, die eben wieder denselben Fehler begehen. Gerngross: Hr. Konzett hat um 14.00 Uhr einen Steuerberatertermin, aber wir können das Gespräch einfach fortführen. <strong>ST</strong>/A/R: Weil wir jetzt von Banken gesprochen haben – wie siehst du die Erste Bank Sammlung von der Entstehungsgeschichte her? Konzett: Ich tue mir da sehr schwer, weil ich die Entstehungsgeschichte nicht kenne. Ich habe mir die Ausstellung angeschaut und kenne den Katalog, natürlich ist eine gewisse Problematik dahinter – man hat sich ein Thema ausgesucht und das in relativ kurzer Zeit, mit guten und ganz tollen Künstlern – aber man spürt, dass halt von allen Künstlern ein paar Werke gekauft wurden. Man hat jetzt also eine Sammlung – aber meine Vorstellung von Sammlern beginnt mit dem ersten Katalog, mit dem ersten Plakat, mit der Entwicklung jedes einzelnen Künstlers und gerade die Banken sammeln Werke, die sie präsentieren können und auf das wertvollste – die Information – verzichten. Im Wiener Aktionismus hat es gar keine Werke gegeben, sondern nur die kleinen Katalögchen, das Le Mare von Günther Brus war die erste Publikation mit Texten von Prisnic und Nitsch, das Informationsmaterial zu jedem Künstler ist mir abgegangen. Die Ausstellung im MUMOK über den Wiener Aktionismus und Sprache hat genau auf das Rücksicht genommen. Das Dokumentationsmaterial, das der Künstler selbst gemacht hat, steht im Mittelpunkt und die Werke hängen als Beisatz daneben. Wichtig ist, nicht nur, große Werke anzukaufen, sondern das man die Sammlung mit Infomaterial verständlich macht. Gerngross: Du hast ja eine riesige Sammlung als Privatmann, die Bank hat eine Sammlung, die vielleicht weniger Wert hat, als deine. Die haben jetzt in den Osten erweitert und vielleicht Millionengewinne gemacht oder Milliardengewinne gemacht und der Prozentsatz, den sie für die Kunst aufwenden, ist ja nicht sehr groß. Siehst du da nicht ein Potential, dass gerade solche Leute wie du Banken in ganz anderer Weise unterstützen könnten, um hier, sagen wir wesentlich intensiver noch neue Künstler zu zeigen und vorzustellen: Konzett: Die Bedeutung einer Sammlung hat nichts mit dem Wert zu tun. Die Banken sammeln ja nur teure anerkannte Kunst. Ich habe Dinge erworben, die eigentlich nicht anerkannt, nicht modern und auch dementsprechend nicht so teuer waren. Man muss ja nur einmal diesen Zwang sehen, den man heute hat, auch in Österreich – es will der Herr Schröder unbedingt einen Gursky, der Her Köb hat Gurksy gekauft um Wahnsinnsgelder – und dieser Druck, der auf solchen Direktoren dann lastet, geht natürlich auf Kosten der jungen Kunst. Das ist ja vollkommen klar. Der Private – das ist, oft in allen Ländern so – konzentriert sich – wie ich – auf ein ganz kleines Feld. Meine Aufgabe ist es nicht, im Breiten zu sammeln. Ich hatte die Möglichkeit innerhalb von 20 Jahren eine Aktionismussammlung aufzubauen, die wirklich wesentlich ist, heute geht das nicht mehr, weil es zu wenig Material gibt – das nicht mehr verfügbar ist – weil sie international auf einmal enorm anerkannt sind und dadurch an Wert gewonnen haben. Jetzt ist aber nicht der finanzielle Wert wichtig, sondern der qualitative Wert der Sammlung. Banken wenden enorme Geldsummen auf. Die Deutsche Bank hat von allen Kunststars der Welt Riesenwerke gekauft, das ist natürlich nur ein Prozentsatz oder ein Promillesatz von dem, was sie verdienen. Heute ist sehr viel Kapital da und es wird mehr, aber es verbessert die Kunst nicht. Es geht nur um den Umgang mit dem Geld. Der Unterschied zur Ersten Bank ist die Sammlung der Generali Foundation – die haben sich sehr stark auf ein Gebiet konzentriert, das ist eine Sammlung, die auch für mich sehr interessante Aspekte aufweist, weil sie nicht nur Meisterwerke anschaffen und sich damit rühmen möchten, sondern es geht hier um Werkblöcke. Sie haben zum Beispiel einen der größten Werkblöcke mit Begleitmaterial von VALIE EXPORT gekauft – niemand hat mehr die Möglichkeit eine umfassende Ausstellung über ihr Werk ohne die Generali Sammlung zu machen. Man muss den Wert einer Sammlung von Geld her oder den Wert einer Sammlung vom Inhalt her unterscheiden. Gerngross: Es geht hier kunterbunt zu – mir fällt jetzt gerade der Name Franz Graf ein, weil er noch nicht erwähnt wurde und ich ihn als Künstler ziemlich schätze und weiß, dass die Zenita auch beim ihm jahrelang studiert hat und er für mich eine schon hervorragende Rolle als Lehrer eingenommen und ein freies Feld eröffnet in der Kunsterziehung hat und vielleicht kann uns die Zenita kurz etwas über diesen Werdegang oder ein paar Worte sagen, die wichtig waren für ihre Entwicklung. Zenita: Der Franz ist in erster Linie ein großartiger Künstler, ein Mystiker, ein Eremit, ein zurückgezogenes Wesen, der seine Zurückgezogenheit für ein paar Jahre aufgegeben hat, um sein Wissen und seine Kraft und sein Konvolut an Unaussprechlichem an seine Studenten weiter zu geben. Begonnen hat das Studium bei ihm so, dass er seinen Studenten erklärt hat, das es nichts zu erklären gibt und auch keine Vorgaben. Alle mussten ins kalte Wasser springen. Sein Argument war: „In eurem Leben wird euch niemand erklären, was ihr zutun habt, eure Werkzyklen müssen aus euch selbst entstehen.” Insofern war die Basis für dieses Studium, dass Nichts. Und aus diesem Nichts und dieser enormen Freiheit ist für einige dieser Klasse eine irrsinnige Kraft entstanden. Ich bin aber für ihn sehr froh, dass er sich jetzt wieder in sein Werk zurückgezogen hat, weil er die Intensität der Zurückgezogenheit für dieses braucht. Ich bin sehr glücklich, dass erlebt haben zu dürfen. Gerngross: Ich bin jetzt etwas gerührt, weil sie aus diesem Werdegang so erzählt hat, dass es
Städteplanung / Architektur / Religion Buch VI – KONZETT <strong>ST</strong>/A/R 45 CAIMANG ALIGATEUS KROKOZART ZENITA KOMAD ZENITA KOMAD ANTON HERZL „Ein Dandy ohne Intellekt ist nur ein Parvenu“ H. Lachmayer Foto: KISELEV 2006 Fotos: © Heiri Heifl inger; oben: © Tina Herzl ZENITA-CITY AT THE ART BRUSSELS REPRESENTED BY GALLERY KRINZINGER AND GALLERY SUZANNE TARASIEVE 20 - 23 April 2007 www.artbrussels.be ZENITA-CITY AT THE VIENNA FAIR REPRESENTED BY GALLERY SUZANNE TARASIEVE ,GALLERY KRINZINGER , GALLERY KONZETT AND REGINA GALLERY 26. bis 29. Apr 2007 http://antonherzl.at/forumOSEIMOS www.viennafair.at ZENITA-CITY SCHINDLER HOUSE Los Angeles, CA 90019 USA www.zenita-city.at