ST:A:R_13
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Nr. <strong>13</strong>/2007 Buch IV – Fleck<br />
<strong>ST</strong>/A/R 27<br />
da der dänische Pavillon, in dem<br />
Jason Rhoades – mit dem Dänen<br />
Peter Bonde – ausstellte. Da habe<br />
ich zu Hains gesagt, da gehen wir<br />
jetzt noch schnell durch, und als<br />
Hains rauskam, er war 75 Jahre<br />
alt damals, ist er total aufgeblüht<br />
durch die Arbeit von Jason Rhoades<br />
und hat gesagt: „Jetzt habe ich Lust,<br />
Kunst zu machen!“ Das kann ein<br />
Biennale-Pavillon leisten.<br />
Jetzt im letzten Sommer, das war<br />
so witzig, denn es durfte nichts<br />
bekannt werden. Ich hatte mit<br />
Herbert Brandl – wir hatten schon<br />
länger nicht so richtig Kontakt<br />
– einen Atelierbesuchstermin ausgemacht.<br />
Aber durfte nicht merken,<br />
worum es geht. Ich mir aktuelles<br />
Material über insgesamt etwa 15<br />
österreichische Künstlerinnen und<br />
Künstler besorgt, um mir einen<br />
Pavillon mit einer oder einem von<br />
ihnen – statt Brandl – zu überlegen,<br />
war aber immer wieder zur<br />
Idee „Brandl“ zurückgekehrt. Nun<br />
durfte er nicht merken, worum es<br />
ging, denn die Pressekonferenz<br />
war erst einen Monat nach meinem<br />
Atelierbesuch und es durfte<br />
nichts an die Öffentlichkeit dringen.<br />
Ich kann mich erinnern, wie<br />
wir draußen gesessen sind vor seinem<br />
Atelier, und da war der Rene<br />
Schweiger da und er hat auf einmal<br />
Herbert gefragt: „Was würdest Du<br />
denn am liebst machen jetzt?“, und<br />
Brandl hat gesagt: „Eine richtig<br />
große Ausstellung, aber das ist ja<br />
leider aktuell nicht in Sicht“, und<br />
ich durfte mir nichts anmerken<br />
lassen. Dann war die Wahl am 1.<br />
Oktober und die Pressekonferenz<br />
am 12.Oktober angesetzt, und ich<br />
konnte den Herbert erst am Tag vor<br />
der Pressekonferenz im Vertrauen<br />
fragen, ob er den Biennale-Pavillon<br />
machen wurde.<br />
Elisabeth Penker (E.P.): War es<br />
wirklich so, hat man es niemanden<br />
erzählen können?<br />
R.F.: Wir hatten im September<br />
2006 sogar unseren<br />
Betriebsausflug der Hamburger<br />
Deichtorhallen nach Wien, waren<br />
zwei Tage in der Stadt, alle unsere<br />
17 Mitarbeiter der Deichtorhallen<br />
wussten es, dass mir Staatssekretär<br />
Morak das Kommissariat des österreichischen<br />
Biennale-Pavillons<br />
vorgeschlagen hatte. Wir trafen<br />
auch viele Wiener Kollegen, und<br />
alle Mitarbeiter aus Hamburg<br />
hielten still, wir hatten alle darauf<br />
eingeschworen, unter keinen<br />
Umständen etwas zu sagen. Wir<br />
waren beim Heurigen mit Kollegen<br />
vom MUMOK, und keiner aus<br />
Hamburg hat ein Wort über die<br />
Biennale verloren.<br />
Am Tag vor der Pressekonferenz<br />
war ich schon in Wien, habe Brandl<br />
in der Früh angerufen: „ich komme<br />
morgen wie geplant zu Dir<br />
ins Atelier“ – der Termin war nur<br />
deshalb fixiert, damit Brandl sich<br />
nichts anderes vornimmt für den<br />
12. Oktober um 11 Uhr und an der<br />
Pressekonferenz teilnehmen kann,<br />
von der er noch gar nichts wusste.<br />
„Du, ich komme morgen mit<br />
jemanden (das war gelogen...) und<br />
ich möchte noch vorher etwas mit<br />
dir besprechen, können wir uns<br />
heute noch im Kaffeehaus treffen?“<br />
So haben wir uns einen Tag<br />
vor der Pressekonferenz getroffen<br />
und irgendetwas zu reden angefangen,<br />
ich war total aufgeregt und<br />
habe plötzlich zu Brandl gesagt:<br />
„Wir müssen etwas ganz anderes<br />
besprechen: willst die Biennale<br />
machen, den Pavillon?“. Er hat das<br />
im ersten Augenblick überhaupt<br />
nicht versanden. Es kam so aus<br />
heitern Himmel, dass er gesagt<br />
hat: „wenn Ihr Euch das überlegt...“<br />
Ich habe geantwortet: „Wir<br />
überlegen uns das nicht, morgen<br />
ist die Pressekonferenz um 11.00<br />
Uhr und da sollst Du schon dabei<br />
sein.“ So blieb alles dicht bis zur<br />
Pressekonferenz. Ich muss dazu<br />
sagen, dass Staatssekretär Morak<br />
mir in all dem freie Hand gelassen<br />
hatte und sich überhaupt extrem<br />
korrekt verhielt.<br />
E.P.: Weshalb genau hast Du Dich<br />
für Brandl entschieden?<br />
R.F.: Ich hatte im Jahr 2003<br />
zum ersten Mal mit einem<br />
Nationalpavillon an der Biennale<br />
von Venedig zu tun, und zwar für<br />
die Franzosen. In Frankreich gibt<br />
es ein Gremium, eine Kommission,<br />
da sind etwa 11 Leute drin und<br />
die wählen den Künstler oder<br />
die Künstlerin aus, der oder die<br />
sich dann einen Kurator sucht.<br />
Es ist also umgekehrt zum österreichischen<br />
Verfahren. Im Jahr<br />
2003 haben mich die französischen<br />
Verantwortlichen einfach<br />
so in die Kommission ernannt,<br />
Ich muss dazu sagen, dass Staatssekretär Morak mir in all<br />
dem freie Hand gelassen hatte und sich überhaupt extrem<br />
korrekt verhielt.<br />
und darauf hin musste ich zum<br />
ersten Mal überlegen, was für<br />
den Nationalpavillon Sinn macht.<br />
Weil das überlegt man sich ja<br />
nicht vorher, so abstrakt ohne<br />
Anlass. Ich habe damals Annette<br />
Messager in Paris zufällig auf der<br />
Straße getroffen und fand, dass<br />
sie, die schon 60 Jahre alt war, so<br />
gut drauf war, dass man meinte,<br />
sie sei eine junge Künstlerin. Ich<br />
habe ich dann gefragt ob ich sie<br />
zusammen mit Anri Sala für den<br />
Nationalpavillon vorschlagen könne,<br />
wie sie das finden würden, weil<br />
die beiden sich durchaus verstehen.<br />
Darauf hat sie geantwortet: „Bei<br />
so einer wichtigen Sache, wenn<br />
man jemanden vertraut, sollte man<br />
im ganz vertrauen.“ Das fand ich<br />
einen wahnsinnig guten Satz. Dann<br />
habe ich sie alleine vorschlagen.<br />
Ihre Nominierung haben wir in<br />
der Kommission dann nur knapp<br />
durchbekommen, zum Schluss gab<br />
es eine Stimme mehr für sie. Da<br />
musste ich heftig argumentieren,<br />
der andere Vorschlag betraf einen<br />
relativ jungen Künstler.<br />
Da hatte ich mir ein Argument<br />
zurechtgelegt, dass eigentlich, was<br />
bei einem Biennale-Pavillon in<br />
Venedig der Fall sein kann, wenn<br />
er funktioniert, ist, das es eine<br />
definitive Bestätigung des internationalen<br />
Niveaus für den Künstler<br />
ist. Die besten Nationalpavillons<br />
sind jeweils weniger ein Forum,<br />
wo man Künstler entdeckt, sondern<br />
wo jemand bestätigt wird.<br />
Als Hans Haacke 1993 den deutschen<br />
Pavillon bespielte, sagte<br />
man sich: „Das ist wirklich ein<br />
wichtiger Künstler.“ Gute Pavillons<br />
funktionieren in Venedig oft so.<br />
Die Deutschen haben das oft hervorragend<br />
verstanden, mit Beuys<br />
1976 etwa, viele wussten schon<br />
von Beuys, plötzlich war er ein<br />
zentraler Künstler. Polke hat 1988<br />
so funktioniert und z.B. 2001<br />
Gregor Schneider. Das war sozusagen<br />
mein Argument für den<br />
Vorschlag „Annette Messager“<br />
bei den Franzosen, und das war<br />
auch zentral für das Durchspielen<br />
dessen, ob das geht, ob das Sinn<br />
macht mit Herbert Brandl 2007 im<br />
österreichischen Pavillon. Ich habe<br />
relativ viele Leute vorher international<br />
gefragt, ohne zu sagen, worum<br />
es geht. Was Brandl, wer das ist,<br />
was er macht, dass weiß irgendwie<br />
fast jeder aufgrund der Präsenz bei<br />
den Kunstmessen und in wichtigen<br />
Malereiausstellungen. Ich habe<br />
oft gehört, dass Leute sagen: „Ja,<br />
Brandl beobachte ich schon lange,<br />
jetzt wird man sehen, welche<br />
Dimension dieses Werk definitiv<br />
hat“.<br />
H.G.: Hast Du auch überlegt, ande-<br />
Österrreichischer Pavillon | Eröffnung 8. Juni, 18 Uhr | Komissär: Robert Fleck | Büro: office@biennale07.at | Tel.: +43(1)407 14 78<br />
| 52. Int. Kunstausstellung – La Biennale di Venezia | 10. Juni–21.November | Eröffnungstage: 6.–9. Juni | www.bmukk.gv.at/kunst