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ST:A:R_13

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118 <strong>ST</strong>/A/R<br />

Buch XV - Forum Frohner Nr. <strong>13</strong>/2007<br />

Adolf Frohner im Interview mit<br />

Heidulf Gerngross und Lukas Goebl<br />

im Dezember 2006<br />

L.G.: Hast du noch ein Kammerl auf der Universität?<br />

A.F.: Nein, ich bin kein Künstler der auf Kammerl<br />

reflektiert, sondern wenn dann auf Hallen, so wie die<br />

Frohner Forum Halle.<br />

H.G.: Wie ist es zu der Halle in Krems gekommen?<br />

A.F.: Alle großen Sachen passieren nebenbei. Es gibt<br />

keine große ideologische Vorkämpferei, es ist auch<br />

nicht mein Wunsch gewesen, sondern es war eine<br />

Spontanreaktion nach einer Ausstellungseröffnung,<br />

die ich in Langenlois hatte und die vom Herrn<br />

Landeshauptmann Pröll eröffnet wurde, den ich<br />

vorher schon kannte und zu dem ich ein recht gutes<br />

Verhältnis habe.<br />

Wir sind nachher, wie soll es sonst sein, in<br />

Langenlois bei gutem Wein gesessen und haben<br />

getrunken und geredet und haben die Welt<br />

auseinander genommen und sie auf unsere Art<br />

wieder zusammengesetzt. Und dann habe ich gesagt:<br />

„Jetzt bringe ich etwas ins Spiel, was möglicherweise<br />

von Euch weggeschnitten wird, wie sieht es aus, in<br />

Weißenkirchen gibt es den Theissenhofnerhof, der<br />

ist sehr schön und steht ohnehin leer, könnten wir<br />

da nicht eine Art Frohner-Museum errichten. Pröll<br />

meinte: „Das würde ich dir nicht raten. Der Hof ist<br />

denkmalgeschützt und besteht aus lauter kleinen<br />

Kammerl. Ich kenne deine Bilder, das sind ja sehr<br />

große Bilder, die haben ein bestimmtes Pathos, und<br />

brauchen Platz.“ Es wurde nichts daraus. Er rief<br />

aber dann einen Landesbeamten an und beauftragte<br />

ihn, sich darum zu kümmern. „Macht mir einmal<br />

Vorschläge und redet mit dem Frohner, was man da<br />

machen kann.“<br />

Und das muss schön langsam, so wie durch den<br />

Melita Filter, getropft sein zu dem, was es jetzt<br />

geworden ist. Das ganze war also sehr undramatisch.<br />

Alle großen Sachen passieren<br />

nebenbei.<br />

Dann war es ein Antrag, das heißt ich muss noch<br />

sagen, dass das Landesmuseum in St. Pölten, von<br />

mir ungefähr hundert Arbeiten, sehr viel graphische,<br />

besitzt. Das klingt nach irrsinnig viel, aber sie haben<br />

den Zyklus „Metamorphosen“ gekauft, das sind 49<br />

Plakatübermalungen, sie haben den Adalbert Stifter-<br />

Zyklus gekauft, das sind zehn große Arbeiten auf<br />

Papier, damit ist man allein schon auf 60. Dann<br />

haben sie aber immer, der Dr. Rössl hat, als sie noch<br />

in der Herrngasse waren, immer Sachen von mir<br />

gekauft, nicht nur für das Museum, sondern auch<br />

privat und sein Vater auch. Es war also nicht nur<br />

Interesse an einem Landeskünstler, sondern auch an<br />

einem Künstler. Da ist mir auch viel lieber, als wenn<br />

er jetzt einen Auftrag erledigt und sagt: „Wir haben<br />

etwas gekauft“. Es ist eine sehr lange Freundschaft<br />

schon …<br />

H.G.: Ich kenne ihn auch. Ich habe auch etwas<br />

gemacht, es war in Krems eine große Ausstellung<br />

vor der Uni…<br />

A.F.: Und ich habe dann gesagt, ich bringe ihm,<br />

wenn es ein Museum wird – gegen den Namen habe<br />

ich mich immer gewehrt, denn ich finde … Sie tun<br />

jetzt telefonieren und ich hole mir einen Wein …<br />

H.G.: Okay, … Wie ist es dazu gekommen, dass<br />

der Auftrag zum Büro Göbl gekommen ist, um das<br />

Museum zu machen?<br />

A.F.: Das ist ziemlich einfach erklärbar. Architekt<br />

Fritz Göbl hat die Minoriten-Kirche zu einer<br />

Mehrzweck-Musik-Halle, dem Klangraum Krems<br />

umgebaut, und diese Halle, jetzt Halle Forum<br />

Frohner, die man mir angeboten hat, befindet sich<br />

in der Nähe der Minoriten-Kirche, genauer gesagt im<br />

Garten des ehemalingen Minoritenklosters.<br />

H.G.:War das ein Wettbewerb, den dein Vater<br />

(Architekt Fritz Göbl) gewonnen hat?<br />

Ich will das Tote nicht, sondern<br />

ich möchte ein Museum das<br />

lebendig ist. Ein Museum hat man<br />

früher bekommen wenn man<br />

tot war. Nun versuche ich das<br />

möglichst weit hinauszuschieben,<br />

das mit dem sterben und möchte<br />

solange ich lebe in diesem Forum<br />

agieren.<br />

L.G.: Vor drei Jahren hat mein Vater, damals war ich<br />

nicht dabei, da habe ich gerade auf der Angewandten<br />

herumgekasperlt, gemeinsam mit meinem Kollegen<br />

Alex Bolecek, der auch Co-Entwerfer des Frohner<br />

Forums ist den Wettbewerb zum Umbau der<br />

Minoritenkirche gewonnen.<br />

A.F.:Am Minoriten-Platz wird das Museum stehen.<br />

Wenn du willst kannst du das Bild haben.<br />

Das ist die Vorderfront, durch die man hineingeht.<br />

Ein Glasgang führt in die Räume, die auch dann<br />

zu mir gehören. Hier in diese Patios kann man<br />

Fontainen reintun...<br />

L.G.: Das Büro Göbl hat also den Wettbewerb<br />

zum Umbau der Kirche gewonnen. Es war zu<br />

diesem Zeitpunkt noch nicht so klar, was man<br />

mit dem Kloster macht. Dann war die Idee da,<br />

die Niederösterreichische Festival-Ges.m.b.H, ein<br />

Museum über die Handelsstadt Stein und eine Ernst<br />

Krenek Dokumentation im Kloster unterzubringen.<br />

Das ist passiert und irgendwann kam dann noch die<br />

Anfrage vom Dr. Rössl: „Habt ihr keinen Platz für<br />

den Frohner in dem ganzen Museumsverband?“.<br />

Im Teissenhofner Hof wäre dies ja nicht möglich<br />

gewesen, denn, wie du schon gesagt hast, in den<br />

alten kleinen Kammerln kommen diese großen<br />

Werke nicht zur Geltung. Dann haben wir das<br />

Ganze nochmals untersucht und im Klostergarten<br />

im Anschluss an das zentrale Foyer einen Platz<br />

gefunden. Der Neubau der Frohnerhalle sitzt nun<br />

axial auf den Minoritenplatz und fügt sich wunderbar<br />

in das alte Ensemble ein.<br />

H.G.: Wie wird dieses Museum aussehen? Wird das<br />

auch so eine Egoarchitektur?<br />

L.G.: Nein. An dieser Stelle, in diesem Kontext,<br />

geistig und historisch haben wir keinen Sinn in einer<br />

formalen Überformulierung gesehen. Das Kloster<br />

ist ein sehr puristisches, das haben ja die Minoriten<br />

erbaut, also ein Bettelorden. Alles ist sehr einfach, um<br />

nicht zu sagen primitiv dort. In diesem Sinne haben<br />

wir weiter gedacht und gebaut. Die Frohnerhalle ist<br />

eine Betonkiste, ein richtiger Bunker...<br />

Im Innenraum haben wir großen Wert darauf gelegt,<br />

dass die Materialen eine Nähe zu den Werken Adolf<br />

Frohners aufweisen. Ausserdem kommen eher<br />

primitive, im Museumsbau unorthodoxe Materialien<br />

zum Einsatz. Zum Beispiel ist die Decke aus<br />

Heraklithplatten, welche normalerweise im Tief- und<br />

Garagenbau eingesetzt werden und sich durch ihre<br />

formale Nähe zu den frühen Matzatzenbildern vom<br />

Frohner auszeichnen. Der Beton hat auch keine<br />

Sichtbetonqualität, der „schiache“ Beton passt einfach<br />

besser zum Adi...<br />

H.G.: Wann wird es fertig?<br />

L.G.: Für Ende September ist die Eröffnung des<br />

Frohner Forums geplant., die anderen Teile des<br />

gesamten Projekts werden dann später eröffnet.<br />

H.G.:Das ist schon 2007!<br />

A.F.: Ja, aber das muss sein! Ich fahre nachher weg,<br />

ich habe meinen Urlaub geplant.<br />

H.G.: Wohin?<br />

A.F.: Nach Sült.<br />

L.G.: Das kann an dieser Stelle festgehalten werden.<br />

Es wird fertig!<br />

H.G.: Wie ist die Auswahl der Bilder dort? Ist das<br />

eine Essel-Sache oder eine Art Landesmuseum?<br />

A.F.: Ich habe mich geweigert das Wort Museum<br />

zu verwenden. Museum ist ein Begriff der<br />

Spätbürgerlichkeit des 19. Jahrhunderts. Da hat<br />

man halt immer wieder was Schönes, was Statisches<br />

gesammelt und hat es in Räume gegeben und dann<br />

die Tür zugemacht. Man konnte es besichtigen und<br />

dann war es tot.<br />

Ich will das Tote nicht, sondern ich möchte ein<br />

Museum das lebendig ist. Ein Museum hat man<br />

früher bekommen wenn man tot war. Nun versuche<br />

ich das möglichst weit hinauszuschieben, das mit<br />

dem sterben und möchte solange ich lebe in diesem<br />

Forum agieren.<br />

Forum ist ein Platz, da kann man alles machen.<br />

Ich möchte z.B. die Erstausstellung soll sein, grob<br />

ausgedrückt, von jedem Dorf ein Hund, denn<br />

ungefähr so viele Sachen haben sie.Dann stellt man<br />

vor, die Phase des österreichischen Aktionismus, die<br />

Ablöse vom Aktionismus zur Prefiguration, dann zur<br />

extremen Figuration, zur extremen Kontaktaufnahme<br />

mit der Werbung und das Gegenideal von schönen<br />

Frauen zu machen. Wenn man früher einen<br />

Kühlschrank verkaufen wollte, musste eine nackte<br />

Frau darauf sitzen und ich habe gesagt, von meiner<br />

nackten Frau, die darauf sitzt, wird nie jemand<br />

einen Kühlschrank kaufen, also sozusagen das<br />

Gegenmodell des Ganzen, weil ich gemerkt habe, die<br />

Werbung richtet sich eigentlich nach der Brieftasche<br />

des Mannes und dann habe ich gesagt, jetzt mache<br />

ich das, wie ich eben das verstehe und das heißt, es<br />

ist Warenpornographie, was da vorgeht.<br />

Alle diese Phasen in meiner Kunst, wie die zu<br />

einer Art religiösen Mythologie kommen werden<br />

am Anfang vorgestellt. Und dann möchte ich<br />

etwa alle vier Monate das wieder verändern, z. B.<br />

die Nachfolgeausstellung, das habe ich bereits<br />

ausgemacht, wenn das im September anfängt,<br />

dann gehen wir vielleicht im Februar eine<br />

Frühjahrsausstellung an, die heißt Aktionismus und<br />

das Rundherum, informell der Expressionismus,<br />

das informellste das damals war, der in Österreich<br />

nur Kurzzeit war, eine reine Ausstellung über<br />

Aktionismus.<br />

Dann mache ich vielleicht etwas, ich habe selbst<br />

photographiert seit 50 Jahren, Hauswände. Auf den<br />

Hauswänden findest du alle Botschaften der Welt.<br />

Heute noch findest du am Stephansdom 05. Wer<br />

weiß, was 05 bedeutet, weißt es du?<br />

L.G.: Widerstand.<br />

A.F.: Ja, aber 0, das ist O, und 5 steht für E, also<br />

OE ist gleich Ö, also Österreich. Wenn sie den<br />

erschwischt hätten, der das hingeschrieben hat,

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