XtraBlatt Ausgabe 02-2020

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PRAXIS Züchtet neben Milchkühen auch Schweine: Landwirt Johannes Erchinger aus Logabirum in Ostfriesland. liche Technik, wie zum Beispiel Tränken, Wartehütten, eine Futterschleuder sowie ein Schweinetaxi, beschafft und die Weiden für die Schweinezucht vorbereitet werden. Im Dezember 1996 startete Johannes Erchinger dann mit 105 Zuchtsauen und vier Ebern. „Im ersten Jahr wurde nur Geld und sehr viel Arbeit investiert“, erklärt er rückblickend. Die Tiere kamen im Winter, die Sauen wurden im Frühjahr erstmals gedeckt. Die ersten Ferkel wurden dann 115 Tage später im Sommer geboren. Seitdem hat sich ein 3-Wochen-Rhythmus eingespielt. Jeweils 30 Sauen ferkeln alle drei Wochen. Nachdem die Ferkel von den Muttertieren getrennt wurden, kommen sie wieder zu den Ebern und der Zyklus beginnt erneut. Die rund 200 Sauen und ihr Nachwuchs fühlen sich offenkundig auf den ostfriesischen Weiden ausgesprochen wohl. Eine der Sauen in einem Abferkelgehege ohne Ferkel ist damit beschäftigt, auf der Weide Gras abzubeißen und in die Abferkelhütte zu bringen. Ein natürliches Verhalten von Schweinen. „Einige Stunden, bevor die Sauen ferkeln, beginnen sie ein Nest aus frischem Gras zu bauen“, erklärt der Landwirt. In einer benachbarten Hütte befinden sich einige erst wenige Stunden zuvor geborene Ferkel, die sich noch nicht aus der Hütte heraustrauen. Spätestens am nächsten Tag werden aber auch sie herauskommen und die Weide als Spielwiese für sich entdecken. Die Ferkel bleiben zunächst vier bis fünf Wochen bei der Mutter, anschließend noch bis zu sieben Wochen auf dem Erchinger- Hof, bevor es für weitere 16 Wochen zum Mäster geht. „Auch dort wird sehr auf eine tierwohlgerechte Haltung der Tiere geachtet“, so der Schweinezüchter. Insgesamt haben die Berkshire-Schweine sechs bis acht Wochen mehr Zeit als ihre Artgenossen aus herkömmlicher Haltung, bevor sie geschlachtet werden. AUSGEGLICHENE TIERE Auffällig bei den Schweinen ist nicht nur ihre Ausgeglichenheit, sondern auch die bei nahezu allen Tieren unversehrten Ringelschwänze. „Sie sind ein zentraler Gradmesser für die Haltung“, sagt Johannes Erchinger nicht ohne Stolz. In vielen herkömmlichen Betrieben werden sie häufig kupiert, damit sich die Tiere nicht gegenseitig in die Schwänze beißen, was teilweise erhebliche Konsequenzen für den Gesundheitszustand der Tiere hat. Gebissen wird oft aus Langeweile. „Wir legen sehr viel Wert darauf, dass die Tiere beschäftigt sind. Werden sie in der zweiten Phase der Aufzucht zu Gruppen zusammengelegt, gibt es täglich reichlich frisches Stroh. Darin können die Ferkel toben und auch ihre Beißreflexe ausleben, ohne ihre Artgenossen zu verletzen. AUSSERGEWÖHN- LICHE QUALITÄT Vermarktet wird das Fleisch der Tiere über die Handelskette „Handelshof“ unter dem Namen „Duke of Berkshire“. Der Name weist auf die Rasse der Eber hin. Das Berkshire-Schwein ist die älteste englische Edelschweinrasse. Die Qualität des Fleisches vom Berkshire-Schwein ist seit Jahrhunderten gefragt. „Grund dafür ist das – ähnlich wie bei den Kobe-Rindern – stark marmorierte Fleisch“, erläutert Johannes Erchinger. Das Erbgut der Berkshire-Eber ist so dominant, dass sich seine Eigenschaften mit Blick auf die Fleischqualität an die Ferkel weitervererben, obwohl die Sauen zur Rasse Deutsches Edelschwein gehören. Als Versuch werden auch einige Duroc-Sauen von Berkshire-Ebern belegt, um zu testen, ob die so entstehende Kreuzung noch besser als das ebenfalls für seine Fleischqualität bekannte Duroc-Schwein ist. Was genau macht die Fleischqualität eines Berkshire-Schweines aus? „Das intramuskuläre Fett“, erläutert Johannes Erchinger. Fett sei nicht nur der zentrale Geschmacksträger bei Fleisch, die Fetteinlagerungen im Muskelfleisch trügen auch zur festeren Konsistenz des Fleisches bei. Und das Fleisch der Berkshire-Schweine erhält deutlich mehr Zeit zum Wachsen, was sich nicht zuletzt in den guten Zubereitungseigenschaften widerspiegelt. „Das Fleisch von Berkshire-Schweinen schrumpft nicht in der Pfanne oder im Bräter“, so der Züchter. Die Berkshire-Eber setzt er erst seit einigen Jahren für die Zucht ein. 2015 trat die Handelshof-Kette an ihn heran, nachdem sie auf seine Freilandhaltung aufmerksam geworden war. Dort bot man dem Landwirt an, die komplette Nachzucht weiterzuvermarkten. Einziger Wunsch des Vermarkters war der Wechsel der Rasse bei den Ebern. Johannes Erchinger nahm das Angebot an. Allerdings gehen nicht alle Berkshire- Schweine an den Großabnehmer. Um einen Teil der Tiere auch regional zu vermarkten, verkauft der Landwirt etwa 2 % der Tiere an einen Schlachter aus dem benachbarten Weener. Auch dort erfreut sich das Fleisch der Grünlandschweine großer Beliebtheit. Bereut hat Johannes Erchinger seine Entscheidung, in die Weidehaltung von Schweinen einzusteigen, nie. Aus wirtschaftlicher Sicht sind sie ein verlässliches zweites Standbein geworden. Aber die Arbeit mit den Tieren macht dem ostfriesischen Landwirt auch sehr viel Freude. Das spürt man, wenn er mit dem Futtereimer bei seinen Schweinen im Grünland ist. « 22
1 1 Reichlich Platz für die Weideschweine: Aus der Vogelperspektive wird deutlich, wie viel Raum den Schweinen zur Verfügung steht. 2 Gern gesehener Besuch: Wenn Johannes Erchinger mit dem Futtereimer kommt, ist er sofort von seinen Schweinen umringt. 3 Grünlandbetrieb in Ostfriesland: Johannes Erchinger bewirtschaftet in der 5. Generation einen Milchviehbetrieb. 4 Aktive Geburtsvorbereitung: Die Weideschweine sammeln vor der Geburt der Ferkel Gras, aus dem ein Nest gebaut wird. 2 3 4 23
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