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SmartLiving - Stuttgarter Ausgabe 04/2020

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Immobilien<br />

smartLiving.<br />

ARCHITEKTUR. IMMOBILIEN. WOHNEN. LIFESTYLE.<br />

EIN WICHTIGER SCHRITT<br />

IN DIE RICHTIGE RICHTUNG<br />

VERSCHÄRFTE MIETPREISBREMSE SEIT APRIL <strong>2020</strong><br />

Der Bundesrat hat am 13.03.<strong>2020</strong><br />

durch einen entsprechenden Gesetzesbeschluss<br />

die bisher bestehende<br />

Mietpreisbremse verlängert und verschärft.<br />

Auch die Einführung der neuen<br />

Wohnungsgemeinnützigkeit war dringend<br />

erforderlich, um für kommunale<br />

und kirchliche Wohnungsunternehmen,<br />

Genossenschaften oder Stiftungen unternehmensbezogene<br />

Förderinstrumente<br />

zu entwickeln, um dauerhaft Anreize<br />

zum Erhalt preiswerter Wohnungsbestände<br />

mit unbefristeten Mietpreis- und<br />

Belegungsbindungen zu geben.<br />

WARUM WAR DIESE GESETZES-<br />

NOVELLE SO DRINGEND NOT-<br />

WENDIG?<br />

Man mag es kaum glauben, aber in Europa<br />

wohnen immer noch fast die Hälfte<br />

aller Deutschen zur Miete. Ein einsamer<br />

Spitzenwert. All diese Menschen leiden<br />

entsprechend unter dem extremen<br />

Mietanstieg in den vergangenen Jahren.<br />

Dies gilt vor allem in Ballungsräumen<br />

wie Stuttgart, Frankfurt am Main oder<br />

München. Legt man die durchschnittliche<br />

Neuvertragsmiete zu Grunde,<br />

dann liegt diese bei rund 17,50 Euro –<br />

wohlgemerkt: pro Quadratmeter! So<br />

erhöhten Vermieter ihre Kaltmieten in<br />

den letzten Jahren zwischen 20 und<br />

45 Prozent!<br />

Dies hat zur Folge, dass in vielen Großstädten<br />

die Angebote deutlich über der<br />

zulässigen Obergrenze liegen. Daher<br />

musste nicht nur die Mietpreisbremse,<br />

sondern auch die Modernisierungsumlage<br />

angepasst werden. Zudem muss<br />

zwischen Mietpreisbremse und Kappungsgrenze<br />

unterschieden werden. Die<br />

Mietpreisbremse deckelt lediglich die<br />

Preise bei einer Neuvermietung, die<br />

Kappungsgrenze hingegen gilt für alle<br />

bestehenden Mietverhältnisse.<br />

Letztere regelt, dass die Miete innerhalb<br />

von drei Jahren um höchstens 20 Prozent<br />

steigen darf. Gleichzeitig haben die<br />

Bundesländer die Möglichkeit, die Kappungsgrenze<br />

in Gebieten mit Wohnungsmangel<br />

für insgesamt fünf Jahre<br />

auf 15 Prozent zu senken. Gebiete mit<br />

angespannten Wohnungsmärkten liegen<br />

vor, wenn die ausreichende Versorgung<br />

der Bevölkerung mit Mietwohnungen<br />

in einer Gemeinde (oder auch<br />

nur einem Teil) zu angemessenen Bedingungen<br />

besonders gefährdet ist (§<br />

556 d BGB).<br />

WELCHE VOR- UND NACHTEILE<br />

ERÖFFNET DAS NEUE WOHN-<br />

GEMEINNÜTZIGKEITSGESETZ –<br />

KURZ NWOHNGG?<br />

Das neue Gesetz ermöglicht künftig<br />

Ländern, die Wohnungsmieten in Gebieten<br />

mit angespanntem Wohnungsmarkt<br />

auf maximal 10 Prozent über dem<br />

Vergleichsindex (gültig ab Vertragsabschluss)<br />

zu begrenzen. Die aktuellen<br />

Rechtsverordnungen haben eine Laufzeit<br />

von maximal fünf Jahren und werden<br />

spätestens Ende 2025 wieder außer<br />

Kraft gesetzt.<br />

Künftig haben Mieter das Recht, ihre zu<br />

viel gezahlte Miete bereits ab Beginn<br />

ihres Mietverhältnisses von ihrem Vermieter<br />

zurückzufordern. Bislang galt<br />

diese Rückforderung ab dem Moment<br />

der Rüge. Mieter können daher zu viel<br />

gezahlte Miete rückwirkend für die ersten<br />

zweieinhalb Jahre ihres Mietverhältnisses<br />

zurückfordern. Dieses erweiterte<br />

Mieter-Rückforderungsrecht gilt allerdings<br />

nur für diejenigen Mietverhältnisse,<br />

die nach April <strong>2020</strong> begründet wurden.<br />

Für alle zurückliegenden Mietverhältnisse<br />

erhalten Mieter ihr Geld erst<br />

dann erstattet, wenn sie die Zuvielzahlung<br />

bei ihrem Vermieter gerügt haben.<br />

Weitere Voraussetzung: ein Verstoß gegen<br />

die Mietpreisbremse muss innerhalb<br />

von 30 Monaten nach Beginn des<br />

Mietverhältnisses beim Vermieter gerügt<br />

werden. Wird dieser Zeitraum<br />

überschritten, haben Mieter nur noch<br />

einen Anspruch auf die unzulässig gezahlte<br />

Miete (die nach Zugang der Rüge<br />

fällig wurde).<br />

Liegt hingegen ein Vertragsabschluss<br />

seit dem 01.01.2019 vor, ist der Vermieter<br />

angehalten, auf welche Ausnahmen<br />

er sich berufen will. Bei neuen Mietverträgen<br />

gilt dies vor (!) Vertragsabschluss.<br />

Für den Fall, dass sich der Vermieter<br />

darauf beruft, dass bereits der Vormieter<br />

eine höhere Miete bezahlt hat, muss er<br />

diese Miethöhe angeben. Beruft sich<br />

der Vermieter auf eine vorangegangene<br />

Modernisierung, muss er gegenüber<br />

dem Neumieter angeben, was modernisiert<br />

wurde und zu welchem Zeitpunkt<br />

dies geschah.<br />

Wird dies unterlassen, haben Mieter das<br />

Recht auf „Auskunftsverlangen“ bzw.<br />

auf „Auskunftsklage“. Aber Achtung:<br />

diese Auskunft muss der Vermieter<br />

gegenüber dem Mieter nicht separat erteilen,<br />

er kann sie auch im Mietvertrag<br />

verstecken. Hat der Vermieter diese<br />

Auskunft nicht oder nur mündlich gegenüber<br />

dem Mieter erteilt, lässt sich die<br />

Mietforderung oberhalb der Grenze nur<br />

durchsetzen, wenn er diese Auskunft in<br />

schriftlicher Form nachholt.<br />

Hat der Vermieter gegenüber dem Mieter<br />

bereits zu Anfang keine Auskunft<br />

erteilt, muss er eine zusätzliche Wartefrist<br />

von zwei Jahren einhalten. Innerhalb<br />

dieser Zeit gilt die Miete gemäß<br />

Mietpreisbremse (also ortsübliche Miete<br />

plus 10 Prozent). Erst nach Ablauf<br />

dieser Zwei-Jahres-Frist wird dann die<br />

höhere Vertragsvereinbarung wirksam.<br />

Die ortsübliche Vergleichsmiete wird<br />

künftig nicht mehr anhand der letzten<br />

vier Jahre, sondern der letzten sechs<br />

Jahre (§ 558 Abs. 2 Satz 1 BGB) berechnet,<br />

was zu einer Eindämmung von<br />

Mietpreiserhöhungen führen soll. Mieter<br />

und Vermieter können diese Daten<br />

über die ortsübliche Vergleichsmiete<br />

beim Wohnungs- bzw. Sozialamt anfordern.<br />

Liegt kein Mietspiegel durch die<br />

Gemeinde vor, dann übernehmen Interessenvertreter<br />

von Mietern bzw. Vermietern<br />

diese Aufgabe.<br />

KEIN GESETZ OHNE<br />

ENTSPRECHENDE AUSNAHMEN<br />

Auch wenn das neue Gesetz verschärft<br />

wurde, gibt es immer noch zu viele Ausnahmen.<br />

Dies betrifft zum einen die Berufung<br />

des Vermieters auf eine höhere<br />

Vormiete, was dazu führt, dass das Gesetz<br />

wieder ausgehebelt werden kann.<br />

Das neue Gesetz sorgt auch nicht für<br />

eine ausreichende bußgeldbewehrte<br />

Mietpreisbremse noch beugt es einer<br />

wirksamen Begrenzung der Mieterhöhungsmöglichkeiten<br />

vor.<br />

Des Weiteren gilt die neue Mietpreisbremse<br />

nicht für die Erstvermietung<br />

von Neubauwohnungen sowie für die<br />

Erstvermietung nach einer umfassenden<br />

Modernisierung. Zudem kann der<br />

Vermieter – wie oben kurz angeführt –<br />

bei einer Wiedervermietung eine höhere<br />

Miete im Vertrag vereinbaren, wenn<br />

bereits der vorige Mieter eine höhere<br />

Miete gezahlt hat. Eine höhere Miete ist<br />

auch für den Fall zulässig, dass der Vermieter<br />

in den letzten drei Jahren vor der<br />

Wiedervermietung Modernisierungsmaßnahmen<br />

durchgeführt hat.<br />

Auch ob der Wohnungsmarkt als angespannt<br />

gilt, entscheiden letztendlich die<br />

einzelnen Bundesländer selbst. Und:<br />

Liegt die Miete bereits über der Preisdeckelung,<br />

kann sich der Vermieter auf<br />

den Bestandsschutz berufen mit der<br />

Möglichkeit, die bislang vereinbarte<br />

höhere Miete bei Neuvermietung<br />

weiterhin zu verlangen.<br />

Unzureichend sind ebenso die Begründungen<br />

vieler Vermieter, ob es sich lediglich<br />

um eine „Modernisierungsmaßnahme“<br />

oder um eine „umfassende Modernisierung“<br />

handelt. Denn eine umfassende<br />

Modernisierung liegt nur für<br />

den Fall vor, wenn die Kosten mindestens<br />

einem Drittel entsprechen, was ein<br />

Neubau gekostet hätte. Zudem muss die<br />

modernisierte Wohnung einer Neubauwohnung<br />

entsprechen.<br />

Andererseits dürfen auch nicht umfassende<br />

Modernisierungsmaßnahmen <br />

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Foto: Pixelio – r_by_rike/Montage smartLiving<br />

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