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PT-Magazin 1-2 2021

Offizielles Magazin der Oskar-Patzelt-Stiftung. Titelthema: Ermutigung.

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<strong>PT</strong>-MAGAZIN 1-2 <strong>2021</strong><br />

nicht bewusst, dass Führung ein Prinzip<br />

ist, dass auch in der Kunst zur Anwendung<br />

kommt. Denken Sie zum Beispiel an<br />

ein Orchester mit seinen vielen einzelnen<br />

Akteuren – und einem Dirigenten, der das<br />

alles zu einem großen Ganzen zusammenfügen<br />

muss. Eine Führungskraft, die<br />

einmal erlebt hat, wie ein Dirigent arbeitet,<br />

kann daraus ganz praktisch eigene<br />

Führungstechniken ableiten – wenn er<br />

oder sie ganz genau hinschaut.<br />

Was genau ist aus der Welt eines Dirigenten<br />

hin zu einer Führungskraft in der Wirtschaft<br />

übertragbar?<br />

Stephan Frucht: Zuhören. Eine ganz wichtige<br />

Kompetenz – die anscheinend nach<br />

wie vor viel zu wenig praktiziert wird. Der<br />

Dirigent muss dabei drei Ebenen beherrschen.<br />

Zum einen muss er hören, ob in der<br />

Musik etwas nicht stimmt. Das ist noch<br />

recht einfach – und lässt sich in der Wirtschaftswelt<br />

vielleicht mit einem Fehler<br />

gleichsetzen, der zutage tritt. Danach<br />

muss er hören, woher dieser Fehler vielleicht<br />

kommt. Und schließlich muss er<br />

herausfinden, warum es zu diesem Fehler<br />

kommt. Wer spielt zu langsam? Wer<br />

zu tief? Und die letztendliche Frage: Was<br />

führt dazu? Häufig resultiert das Problem<br />

in der Wirtschaft nämlich nicht aus<br />

einem singulären Unvermögen heraus,<br />

also aufgrund fehlender Fachkompetenz.<br />

Sondern es stimmt etwas nicht in der<br />

Team-Dynamik. Dann muss der Dirigent<br />

nicht nur Signale aufnehmen, sondern<br />

auch die richtigen senden.<br />

Ist der Dirigent also ein besserer<br />

Controller?<br />

Stephan Frucht: Nicht wirklich. Es geht ja<br />

in der Musik nicht allein um richtig oder<br />

falsch. Es geht darum, etwas Besonderes<br />

zu kreieren. Es reicht nicht, wenn am<br />

Ende alles technisch stimmt, dann ist es<br />

immer noch keine Musik. Die eigentliche<br />

Arbeit beginnt erst, wenn man über das<br />

Technische erhaben ist. Es macht dann<br />

genau den Unterschied, ob ein Dirigent<br />

oder Manager noch das Unbescheibbare<br />

aus dem Team rausholen kann oder nur<br />

Benchmarks erreicht. Das Besondere<br />

gelingt meist nur den Besten der Besten.<br />

Ebenso wie Steve Jobs mit dem iPhone<br />

nicht nur ein Telefon kreiert hat, so ist die<br />

7. Beethoven mit Carlos Kleiber nicht einfach<br />

nur eine Beethoven-Symphonie, sondern<br />

eine Offenbarung.<br />

Zurück zu dem Punkt der Erkenntnis eines<br />

Problems: ist es gefunden, ist es aber nicht<br />

unbedingt gelöst. Können auch hier Künstler<br />

Inspiration bieten?<br />

Stephan Frucht: Selbstverständlich – in<br />

ganz vielfältiger Weise. Aber lassen Sie<br />

uns noch einmal beim Dirigenten bleiben.<br />

Als Dirigent gebe ich heute immer wieder<br />

Workshops, in denen ich Führungskräften<br />

einen Einblick in die Dirigenten-<br />

Tätigkeit verschaffe. Dort behandeln wir<br />

auch genau Ihre Frage: Wie reagieren wir<br />

auf ein Problem, wenn wir es identifiziert<br />

haben? Prinzipiell gibt es mindestens drei<br />

verschiedene Führungsstile, mit denen<br />

man agieren kann. Vorgabe-orientiert: Sie<br />

geben eine Direktive vor, wie: „Spielen Sie<br />

schneller.“ Ziel-orientiert: Sie definieren<br />

ein Ziel, wie: „Es muss mehr nach Staccato<br />

klingen.“ Innovations-orientiert. Sie<br />

benennen das Problem und geben freie<br />

Hand zur Lösung. Spannend für den Dirigenten:<br />

Was auch immer er getan hat,<br />

er bekommt das Ergebnis gleich beim<br />

nächsten Spiel präsentiert. Dieser unmittelbare<br />

Durchgriff auf ein Ergebnis kann<br />

Unternehmer und Manager ganz schön<br />

schockieren. Denn in der komplexen<br />

Welt der Wirtschaft dauert es oft deutlich<br />

länger, bis eine Veränderung an der<br />

einen Stelle wiederum an der anderen<br />

ankommt. Wichtig ist die Erkenntnis: Es<br />

passiert etwas. Und es liegt an mir. Das<br />

bringt so Manchen zum Nachdenken.<br />

Diese unmittelbare Wirkung gibt es in<br />

der Wirtschaft deutlich seltener. Wessen<br />

bedarf es, um den richtigen Führungsstil<br />

auch ohne diese direkte Rückmeldung zu<br />

finden?<br />

Stephan Frucht: Den richtigen Führungsstil<br />

im Sinne einer universellen Regel<br />

gibt es nicht – auch das gilt wieder für ˘<br />

w w w . h e i m e r l - b a u . d e<br />

Ehrenplakette 2019

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